Zwei Mütter warten darauf, dass sie endlich ihre »Geschenke« zurückbekommen. Einav Zangauker und Anat Angrest haben ihre Söhne »Matan« genannt, das hebräische Wort für Geschenk. Beide jungen Männer sind seit zwei Jahren Geiseln der Hamas in Gaza. »Sie kommen zurück, unsere Gaben kommen nach Hause«, ruft Anat Angrest und lacht, während ihr Tränen über die Wangen strömen. Neben ihr strahlt die andere Mutter und fällt ihr in die Arme.
Es ist die Nacht vom Mittwoch auf den Donnerstag. Als die Nachricht die Runde macht, dass Israel und die Terrororganisation Hamas auf Druck von US-Präsident Donald Trump eine Vereinbarung getroffen hätten, kommen immer mehr Familien und ehemalige Entführte auf den Platz der Geiseln in Tel Aviv. Sie lachen, klatschen in die Hände und schicken Luftküsse in Richtung der Leinwand, auf der die Rede von Trump in Dauerschleife übertragen wird.
Nur Trump habe die nötige Macht, meinen Angehörige
Denn er ist es, sind die Angehörigen überzeugt, der als einziger die Macht hat, ihrem Leid ein Ende zu setzen. Dem Leiden, ihre Liebsten seit zwei vollen Jahren in den Händen einer Terrororganisation zu wissen. Nur eine Autostunde von diesem Platz entfernt – und doch wie in einer völlig anderen Welt. In den Tunneln von Gaza.
Es ist der Moment, auf den viele Israelis seit mehr als zwei Jahren hingefiebert haben: die Ankündigung, dass die Geiseln zurückkommen und der Krieg gegen die Hamas in Gaza endet. In der ersten Phase des Deals sollen alle noch lebenden Verschleppten, nach Angaben der israelischen Sicherheitskräfte sind es noch 20 junge Männer, freigelassen werden. Insgesamt befinden sich noch 48 Geiseln in der Palästinenserenklave, 28 von ihnen seien tot.
Ob es bei der Übergabe – die nach Einschätzung von Experten im Weißen Haus am Montag stattfinden soll – wirklich alle auf einmal sein werden, ist unklar. Ebenso unklar ist, ob dabei auch die sterblichen Überreste der toten Geiseln an Israel übergeben werden. Auch steht noch nicht fest, welche palästinensischen Häftlinge Israel im Gegenzug freilässt. Doch die große Erleichterung ist bereits in dieser Nacht zu spüren.
Einav Zangauker: »Gibt es ein Handbuch, wie man sein Kind nach zwei Jahren Gefangenschaft willkommen heißt?«
»Gibt es ein Handbuch, wie man sein Kind nach zwei Jahren Gefangenschaft willkommen heißt? Was macht man überhaupt?«, fragt Einav Zangauker die Unterstützer, die sie an diesem Abend begleiten. Dann erzählt sie, dass sie ihrem Sohn schon seinen Lieblingssaft gekauft hat und ihm sein Leibgericht kochen will, Eintopf mit Fleisch.
»Unsere Familie wird endlich vollständig sein. Ich glaube, Matan weiß, dass seine Mutter und Schwester ihn von ganzem Herzen lieben. Er hat sicher gehört, dass das gesamte israelische Volk weiß, wer er ist. Er und die anderen haben die Herzen aller Israelis erobert. Aber ich habe noch eine Mission. Ich muss gemeinsam mit allen Familien dafür sorgen, dass alle 48 nach Hause kommen. Erst wenn alle zurückkehren, der Krieg vorbei ist und die Soldaten Gaza verlassen, werde ich anfangen, die letzten zwei Jahre zu verarbeiten und endlich wieder Matans Mutter sein.«
Auch das Forum für die Familien von Geiseln begrüßte die Ankündigung von Präsident Trump. »Dies ist ein wichtiger und bedeutender Schritt, um alle nach Hause zu bringen.« Doch der Kampf wird nicht enden, bis die letzte Geisel zurückkehrt.« Das Forum forderte die Regierung in Jerusalem auf, unverzüglich zusammenkommen und das Abkommen zu genehmigen.
Freigelasse Geiseln Emily Damari und Omer Shem Tov sind auch da
Die freigelassenen Geiseln Emily Damari und Omer Shem Tov sind in der Nacht ebenfalls auf den Platz gekommen. »Es wird erst zu Ende sein, wenn sie alle hier ankommen«, betont Damari.
Der 24-jährige Shem Tov war im Februar nach 505 Tagen in der Gewalt der Hamas, die meiste Zeit völlig allein in einem Tunnel, durch einen Deal freigekommen. Er erklärt, dass es für die gekidnappten Männer jetzt schon »emotional, stressig und alles zu viel« sei, um es zu begreifen. Und fügt dann hinzu – weil er es am eigenen Leib erlebt hat: »Nach so langer Zeit in Gefangenschaft fühlt sich alles erst dann real an, wenn man die Soldaten trifft, mit ihnen feiert und dann seine Mutter umarmt.«