Außenminister Johann Wadephul ist zu Beginn seines Antrittsbesuches in Israel mit Angehörigen israelischer Geiseln zusammengekommen, die von der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen festgehalten werden. In der Küstenmetropole Tel Aviv war im Anschluss ein Abendessen des CDU-Politikers mit seinem israelischen Amtskollegen Gideon Saar geplant.
Nach Angaben des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sind im Gazastreifen 21 Geiseln sicher noch am Leben. Bei drei weiteren Verschleppten habe Israel keine Gewissheit, sagte er kürzlich. Laut israelischen Angaben werden im Gazastreifen außerdem noch die Leichen von 35 Entführten festgehalten, deren Tod offiziell bestätigt wurde. Unter den verbliebenen Geiseln soll noch eine hohe einstellige Zahl sein, die auch eine deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Es ist dem Vernehmen nach aber unklar, ob sie noch am Leben sind oder nicht.
Wadephul am Sonntag in Yad Vashem
Am Sonntag will Wadephul unter anderem die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem besuchen. Zum Gedenken an die von Nazi-Deutschland ermordeten sechs Millionen Jüdinnen und Juden wird der Minister dort einen Kranz niederlegen. Anschließend sind Gespräche mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Außenminister Gideon Saar vorgesehen. Im Zentrum dürften die Lage im Gazastreifen und die Bemühungen um eine Friedensregelung mit den Palästinensern stehen.
Wadephul reist vor dem Hintergrund der Feiern zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor 60 Jahren nach Israel. Am Sonntag wird der israelische Präsident Isaac Herzog zu einem offiziellen Besuch in Berlin erwartet. Gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will er am 13. Mai nach Israel zurückreisen.
80 Jahre nach dem Holocaust erneuere die Bundesregierung das Bekenntnis, dass die Existenz und Sicherheit Israels Teil der deutschen Staatsräson seien, erklärte Wadephul vor der Abreise nach Israel. Dieses Bekenntnis müsse aber auch heute neu interpretiert werden, »immer im Lichte unserer Geschichte und der internationalen Rechtsordnung, der wir besonders verpflichtet sind«, fügte er hinzu.
Offensichtlich vor dem Hintergrund der Kritik an der Politik Netanjahus ergänzte Wadephul: »In unseren beiden Demokratien gehören kritische Diskussionen über die Politik der eigenen Regierung und befreundeter Nationen dazu.« Dies dürfe aber nie für Antisemitismus missbraucht werden. Raum für sachliche Kritik sei ein unverzichtbares Merkmal freiheitlicher Gesellschaften. »Um diese Balance und Differenzierung müssen wir immer wieder neu ringen.« dpa/ja