Während die Streitkräfte Israels (IDF) im Gazastreifen weiter in heftige Kämpfe mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas verwickelt ist, muss die Armee im Norden erneuten Beschuss des Hamas-Verbündeten Hisbollah aus dem Libanon abwehren.
Es seien rund 20 Geschosse aus dem Nachbarland Richtung Israel abgefeuert worden, teilte die Armee am späten Abend mit. Israels Raketenabwehrsystem habe die meisten abgefangen. Verletzte gebe es nicht. Zuvor hatten die IDF als Reaktion auf konstante Attacken der Terroristen eines ihrer Waffenlager im Süden des Libanon angegriffen.
Israelischen Medienberichten zufolge landeten einige Raketen in einer wegen des Konflikts evakuierten Stadt im Norden Israels. Eine sei in einem Einkaufszentrum eingeschlagen, berichteten die »Times of Israel«. Die mit dem Iran verbündete Hisbollah habe die Verantwortung für den Abschuss von »Dutzenden« Raketen übernommen.
Tägliche Angriffe
US-Außenminister Antony Blinken rief zu einer diplomatischen Lösung des sich zuletzt verschärften Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah auf. Bei einem Treffen mit Israels nationalem Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi und dem israelischen Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, habe Blinken über die Wichtigkeit gesprochen, »eine weitere Eskalation entlang der israelisch-libanesischen Grenze zu vermeiden«, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in Washington.
Die Hisbollah greift Israel seit Beginn des Krieges in Gaza täglich an, während die IDF entsprechend reagieren. In Orten beiderseits der Grenze haben rund 150.000 Menschen die Kampfzone verlassen. Es besteht die Sorge vor der Ausweitung zu einem regionalen Konflikt.
Israel will, dass sich die Hisbollah hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht - so wie es eine UN-Resolution vorsieht. Die vom Iran unterstützte Terrororganisation will mit dem Beschuss aber erst aufhören, wenn es einen Waffenstillstand im Gazastreifen gibt.
»Praktische Lösungen«
Blinken habe mit seinen israelischen Gesprächspartnern erörtert, wie wichtig es sei, »eine diplomatische Lösung zu finden, die es sowohl israelischen als auch libanesischen Familien ermöglicht, in ihre Häuser zurückzukehren«, sagte Miller.
Zugleich habe Blinken das unbedingte Engagement der Vereinigten Staaten für die Sicherheit Israels unterstrichen. Zudem sei es um »praktische Lösungen« für noch offene Fragen in den laufenden indirekten Verhandlungen über eine Waffenruhe und Geiselfreilassung im Gaza-Krieg gegangen.
Die libanesische Hisbollah handelt nach eigenen Aussagen aus Solidarität mit der Hamas. Die »Libanon-Front« sei eine »Unterstützungsfront«, wie Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah immer wieder betonte. Sie sei Teil des Kampfes, der über das Schicksal Palästina, des Libanon und der Region entscheide. Die Kooperation der beiden vom Regime in Teheran finanzierten Terrorgruppen stellt eine Bedrohung für die gesamte Region dar.
Kurze Kriege
Die israelische Zeitung »Haaretz« hatte kürzlich berichtet, die USA hätten Israel gewarnt, dass auch ein begrenztes Bodenmanöver im Süden Libanons, um die Hisbollah von der Grenze zurückzudrängen, einen großflächigen Krieg auslösen könne.
Die Hisbollah gilt als deutlich schlagkräftiger als die Hamas im Gazastreifen. Sie verfügt über ein Arsenal von rund 150.000 Raketen. Im Falle eines Krieges könnte sie täglich Tausende davon auf Israel abfeuern. Ein Raketenhagel könnte Israels Raketenabwehr überfordern.
»Israel ist es gewohnt, kurze Kriege zu führen«, zitierte die »Washington Post« jetzt einen Experten am israelischen Institut für nationale Sicherheitsstudien. Aber nach mehr als neun Monaten seien Israels Truppen erschöpft, die militärische Ausrüstung müsse gewartet werden, die Munition sei verbraucht.
Verhandlungen in Doha
Jede Familie in Israel sei vom Krieg betroffen. Auch im wirtschaftlich schwer angeschlagenen Libanon haben viele Menschen das Gefühl, nicht noch eine Krise ertragen zu können. Eine voll handlungsfähige Regierung gibt es dort derzeit nicht.
Ohne einen formellen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas gilt es jedoch als unwahrscheinlich, dass die Hisbollah aufgibt. Die indirekten Verhandlungen, bei denen die USA, Ägypten und Katar vermitteln, sollen in dieser Woche in Doha weitergehen.
Dabei geht es um den Austausch der verbliebenen Geiseln in der Gewalt der Hamas gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen und um eine Waffenruhe. Die Hamas-Terroristen wollen eine dauerhafte Waffenruhe und damit ein Ende des Krieges, den sie selbst begannen. Israel lehnt dies ab und strebt eine Zerschlagung der Hamas an.
Es geht um die Sicherheit der israelischen Bevölkerung und die Verhinderung weiterer Massaker, die die Hamas bereits angekündigt hat. Auch sollen die mehr als 100 Geiseln befreit werden, die die Hamas weiterhin in ihrer Gewalt hat. dpa/ja