Der US-Sondergesandte Steve Witkoff hat bei einer Reise in den Gazastreifen ein Verteilzentrum der umstrittenen israelisch-amerikanischen Stiftung GHF (Gaza Humanitarian Foundation) besucht. Das bestätigte der amerikanische Botschafter in Israel, Mike Huckabee, der Witkoff begleitete, auf X. Der Besuch habe dazu gedient, die »Wahrheit« über die Hilfsbemühungen der GHF herauszufinden.
»Wir wurden von den israelischen Streitkräften gebrieft und sprachen mit den Leuten vor Ort«, schrieb Huckabee weiter. »Die GHF verteilt mehr als eine Million Mahlzeiten am Tag, was für eine unglaubliche Leistung!«
Tatsächlich verteilt die GHF an ihren vier Verteilstellen Berichten zufolge keine Mahlzeiten, sondern nur Zutaten wie Nudeln, Reis oder Speiseöl. Viele Familien, die vom Krieg mehrfach vertrieben worden sind, tun sich schwer, daraus etwas zuzubereiten, weil es wegen der israelischen Blockade an Propangas zum Kochen fehlt.
Israel hatte seit März nur noch vereinzelt Hilfslieferungen zugelassen. In der Folge spitzte sich die humanitäre Situation dramatisch zu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor einer tödlichen Hungerkrise. Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen werfen Israel vor, die Bevölkerung gezielt auszuhungern – und werten dies als Kriegsverbrechen. Die israelische Regierung weist die Vorwürfe zurück. Es gebe genug Hilfsgüter. Das Problem sei die schleppende Verteilung an den Grenzübergängen durch die UN. Seit Kriegsbeginn wurden der Militärbehörde Cogat zufolge 1,9 Millionen Tonnen Hilfsgüter in den Gazastreifen gelassen.
Seit vergangenem Sonntag wirft Israel in Kooperation mit Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) auch Hilfsgüter aus der Luft ab. Deutschland beteiligt sich an der Aktion mit zwei Flugzeugen, die auf einer Militärbasis in Jordanien beladen werden und dringend benötigte Nahrungsmittel und Ausrüstung über dem Gazastreifen abwerfen. Im Juli gelangten rund 71 Lastwagen pro Tag nach Gaza, von denen etwa die Hälfte die GHF ansteuerte, und die andere Hälfte zu Lagerhäusern der UN und anderer Hilfsorganisationen fuhr. Jeder Lastwagen bringt laut einer COGAT-Studie einen durchschnittlichen Kaloriengehalt von 56,9 Millionen Kalorien in die Enklave. Die resultierende Versorgung, die im Juli eintraf, belief sich demzufolge auf 1.923 Kalorien pro Person und Tag.
Zum Vergleich: Ein erwachsener Mann braucht je nach Alter zwischen 2.000 und 2.500 Kalorien pro Tag, eine Frau zwischen 1.600 und 1.900 Kalorien.
Laut einer Sprecherin des Weißen Hauses dient Witkoffs Mission in den Gazastreifen dazu, um Pläne für eine massive Ausweitung der humanitären Hilfe für die Palästinenser auszuarbeiten. Internationale Organisationen sehen aber die GHF nicht dazu geeignet, die Lage der Notleidenden zu verbessern. Dies könne nur über die eingespielten Mechanismen der UN und anderer Organisationen mit entsprechender Erfahrung bewerkstelligt werden, meinen sie. dpa/ja