Politik

Und wieder Deri

Unter Verdacht: Schas-Vorsitzender Arie Deri Foto: Flash 90

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Und wieder Deri

Gegen den Schas-Vorsitzenden werden erneut Korruptionsvorwürfe erhoben

von Sabine Brandes  04.04.2016 17:20 Uhr

Jetzt, hoffen seine Rivalen, ist es endgültig aus. Doch die Unterstützer von Arie Deri lächeln nur milde. Sie glauben nicht an den Fall ihres Vorbildes und Anführers. Schließlich ist der ein echter Aufsteher. Der Chef der religiösen Partei Schas sieht sich zum zweiten Mal Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. 2000 war er Innenminister von Israel und heute ist er Innenminister von Israel.

Für jene, die bei seiner Wiederernennung in das Amt im Januar aus vollem Halse unkten: »einmal korrupt – immer korrupt« sind die Vorwürfe Bestätigung. Einer der lautesten Kritiker ist der Chef der Zentrumspartei Jesch Atid, Yair Lapid: »Jemand, der ein Verbrechen begangen hat, das als moralische Verwerflichkeit gilt, kann kein Minister, Knessetmitglied oder Bürgermeister sein. Ich habe genau dies als Gesetzesvorschlag eingebracht. Das geht nicht gegen Deri, sondern gegen die Korruption in Israel«.

Verdacht Doch noch packt Deri seine Sachen nicht ein. Obwohl er am Donnerstag die Botschaft von Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit erhielt, dass die vorläufige Untersuchung in eine vollständige Ermittlung der Kriminalpolizei umgewandelt wird. Worum es bei dem Verdacht genau geht, unterliegt noch einer Nachrichtensperre. Es war Deri selbst, der Hinweise gab, als er vor laufenden Kameras in Tiberias erklärte, die Deri-Familie liebe Galiläa. »Wir mögen es nicht im Ausland, wir bevorzugen Israel. Ja, wir haben ein Haus in Safsufa, das wir alle zusammen gebaut haben. Meine Mutter, mein Bruder, und es gehört auch meinen Kindern.«

Sätze, die vielen seiner Anhänger sicher gut gefallen: bodenständig und familienbewusst. Das Ministerium erklärte derweil, dass Deri seine Unschuld beteuere und vollständig mit den Ermittlungsbehörden kooperieren wolle.

Der Mann mit den stets perfekt sitzenden Anzügen wurde 1959 in eine wohlhabende, nicht religiöse Familie in Marokko geboren. Als er neun Jahre alt war, machten seine Eltern Alija. Damit er dem engen Neueinwanderer-Heim in Bat Jam entkommen konnte, schickten sie ihn auf eine Jerusalemer Jeschiwa. Dort traf der junge Deri das damalige sefardische Oberhaupt Rabbi Ovadia Josef. Es sollte eine schicksalhafte Begegnung werden. Seit Deris Ernennung zum jüngsten Minister aller Zeiten im Jahr 1988 – Deri war gerade einmal 29 Jahre alt, als er Chef des Innenressorts wurde – ging seine Karriere kometenhaft nach oben.

Charmant Sätze, die vielen seiner Anhänger sicher gut gefallen: bodenständig und familienbewusst. Das Ministerium erklärte derweil, dass Deri seine Unschuld beteuere und vollständig mit den Ermittlungsbehörden kooperieren wolle.

Der Mann mit den stets gut sitzenden Anzügen ist 1959 in eine wohlhabende, nicht religiöse Familie in Marokko geboren worden. Mit neun Jahren machte er mit seinen Eltern Alija. Damit er dem engen Neueinwanderer-Heim in Bat Jam entkommen konnte, schickten sie ihn auf eine Jerusalemer Jeschiwa. Hier traf er das sefardische Oberhaupt Rabbi Ovadia Josef. Eine schicksalhafte Begegnung.

Seit seiner Ernennung zum jüngsten Minister aller Zeiten 1988, Deri war gerade einmal 29 Jahre alt, als er Chef des Innenressorts wurde, gestaltete sich seine Karriere kometenhaft. In den 90er-Jahren gehörte er zu den Machern in Jerusalem und den einflussreichsten Männern im ganzen Land. Er passte prima auf das politische Parkett. Immer charmant und elegant, zuvorkommend, mit Witz und einer Überdosis Charisma ausgestattet, zog er längst nicht nur die traditionellen Wähler seiner Partei, sefardische Religiöse, in seinen Bann. Politiker aus anderen Lagern, Säkulare, Rechte und Linke, kamen nicht umhin, Deri ihre Anerkennung auszusprechen.

Westbank Und obwohl er Anführer einer ultraorthodoxen Partei war (und noch ist), die traditionell rechtsgerichtet wählt, zeigte sich Deri oft diplomatisch und moderat. Er gehörte der Koalition von Schimon Peres und Yitzhak Rabin an, als die für die Oslo-Abkommen stimmte. Auch machte Deri klar, dass er für die Ausweisung von Juden aus Westbank-Siedlungen ist, die nicht zu den großen Blöcken gehören und eine Zweistaatenlösung mit den Palästinensern unterstützen würde, solle die Regierung sie wollen. Von der Siedlerbewegung wurde er dafür als »Linker« und »Gefahr für Israel« beschimpft.

Doch seine steile Politkarriere wurde Ende der 90er-Jahre von Korruptionsvorwürfe überschattet, die seinen Thron zum Wanken und ihn schließlich zu Fall brachten. Im Jahr 2000 sahen es die Gerichte als erwiesen an, dass Deri als Innenminister 155.000 Dollar Bestechungsgelder annahm. Er wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Tausende von Anhängern standen bei seinem Gang ins Gefängnis vor den Toren, beweinten die Verurteilung und beteuerten seine Unschuld. Doch sie mussten nicht allzu lange warten. Nach nur 22 Monaten öffnete sich die Tür wieder, und Deri trat ins Licht. Es wunderte niemanden, dass auf den Enlassungspapieren »wegen guter Führung« stand.

Das Gesetz gegen die »moralische Verwerflichkeit« hielt ihn weitere sieben Jahre davon ab, in die Tempel der Macht zurückzukehren. Aber 2011 war er plötzlich wieder da. Und alles sah nach einer wahren Erlösungsgeschichte aus. Er schien bescheidener und maßvoller als zuvor. Der Bart war länger, die Anzüge weniger teuer geworden. Auch änderte er seinen Namen. Zwischen dem Vor- und Nachnamen prangte nun »Malouf«, damit niemand mehr seine Herkunft anzweifeln konnte. Er war Sefarde durch und durch. Und er hatte eine Mission: Die sefardischen Relgiösen bei den Wahlen auf sich zu vereinen.

Coup Dafür musste er allerdings zunächst seinen Widersacher Eli Jischai loswerden, der ihm nicht nur auf den Posten im Innenministerium, sondern auch auf den Chefsessel seiner Partei gefolgt war. Der Coup gelang.

Die Parlamentswahlen kamen im Januar 2013 und brachten sieben Mandate. Alt-Neu-Premier Benjamin Netanjahu brauchte Schas dringend, um die hauchdünne Mehrheit zu sichern und versprach dem starken Mann der Partei Gutes. Während er zunächst die Portfolios Wirtschaft und Entwicklung Galiläa und Negew erhielt, kam im Januar die neue Chance.

Nach Silvan Schaloms Rücktritt wegen Vorwürfen sexueller Belästigung war der Job vakant. Zwar waren Organisationen gegen Korruption außer sich, titelten Zeitungen, dass ein »Verurteilter Dieb in dasselbe Amt zurückkehrt«, doch viele klopften Deri auf die Schulter und waren froh, ihn statt dem blassen und ultrarechten Jischai zu sehen.

Es schien, als schließe sich der Kreis für Arie Deri. Zwar war er mittlerweile ergraut, aber er saß wieder auf dem Sessel, denn er Jahre zuvor so unrühmlich hatte räumen müssen. Wirklich gemütlich machen allerdings konnte er es sich nicht. Nur wenige Wochen nach seiner Ernennung lief die Meldung der neuerlichen Korruptionsvorwürfe über die Nachrichtenticker des Landes. Und damit – meinen seine Kritiker – läuft es für Deri ganz und gar nicht mehr geschmiert.

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