Waffenruhe

Trump warnt Hamas: »Ich beobachte das sehr genau«

Mahnender Zeigefinger: Wie lange währt Trumps Geduld mit der Hamas? Foto: copyright (c) Flash90 2025

Im Bemühen um die Aufrechterhaltung der fragilen Waffenruhe im Gazastreifen fordern die USA von der islamistischen Hamas mit Nachdruck die Herausgabe der verbleibenden 13 toten Geiseln. »Die Hamas wird damit beginnen müssen, die Leichen der gestorbenen Geiseln, darunter zwei Amerikaner, schnell zurückzugeben«, schrieb US-Präsident Donald Trump auf der Plattform Truth Social. Andernfalls würden die anderen am Friedensprozess beteiligten Länder Maßnahmen ergreifen.

Derweil gingen Zehntausende Menschen in mehreren Städten Israels auf die Straßen, um die Herausgabe der Leichen zu fordern. 

Ägyptisches Team hilft bei der Bergung

Die Hamas hatte im Rahmen des Waffenruhe-Abkommens zugesagt, die sterblichen Überreste von insgesamt 28 Geiseln zu übergeben. Bislang hat sie jedoch erst 15 ausgehändigt. Ein ägyptisches Team fuhr unterdessen nach Informationen der »Times of Israel« mit persönlicher Genehmigung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in den Gazastreifen, um bei der Suche nach den restlichen toten Geiseln zu helfen.

Einige der Leichen seien schwer zu erreichen, andere könnte die Hamas jedoch jetzt zurückgeben, schrieb Trump. Aus irgendeinem Grund mache die Terrororganisation das nicht.

Trump warnt: »Mal sehen, was sie in den nächsten 48 Stunden tun werden.«

»Vielleicht hat das mit ihrer Entwaffnung zu tun«, schrieb der US-Präsident auf Truth Social weiter. Die zweite Phase von Trumps Friedensplan sieht unter anderem die Entwaffnung der Hamas vor, die die Islamisten aber ablehnen. Seine Zusage, dass beide Seiten fair behandelt würden, gelte nur, wenn sie ihren Verpflichtungen nachkämen, mahnte Trump. »Mal sehen, was sie in den nächsten 48 Stunden tun werden. Ich beobachte das sehr genau«, schrieb er.

Zwei weitere Leichen sollen heute übergeben werden

Israelische Medien zitierten ungenannte Quellen, wonach die Hamas heute zwei weitere Leichen übergeben dürfte. Vermittler hätten der Terrororganisation deutlich gemacht, dass Trump kurz davor stehe, die Hamas für ein Scheitern der Waffenruhe verantwortlich zu machen. »Es ist wichtig, insbesondere in den nächsten Wochen, dass wir die Waffenruhe aufrechterhalten«, hatte US-Außenminister Marco Rubio auf seiner jüngsten Reise in die Region erklärt. 

Zum Abschluss seiner Gespräche in Israel hätten er und Israels Regierungschef Netanjahu betont, die gemeinsamen Interessen der USA und Israels voranzubringen, »allen voran die Rückkehr der verbleibenden getöteten Geiseln und die Entwaffnung der Hamas sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens«, heißt es in einer Mitteilung des Büros von Netanjahu. 

Bericht: Hamas will nach Krieg in Gaza mitregieren

Trumps Friedensplan sieht neben der Entwaffnung der Hamas auch deren Ausschluss von einer politischen Teilhabe im Gazastreifen vor. Darauf wollen sich die Islamisten dem »Wall Street Journal« zufolge jedoch nicht einlassen. Führende Hamas-Vertreter hätten in den vergangenen Tagen den arabischen Vermittlern in Kairo mitgeteilt, dass ihre Organisation nicht ausgelöscht werden könne und dass sie erwarte, im Gazastreifen auch künftig eine Rolle in einer Nachkriegsregierung zu spielen, hieß es unter Berufung auf die Vermittler.

Seit dem Inkrafttreten der Waffenruhe am 10. Oktober war es immer wieder zu einzelnen Zwischenfällen gekommen. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden dabei bislang mehr als 90 Palästinenser getötet. »Die Hamas will zeigen, dass niemand sie zerschlagen kann und dass sie der stärkste Akteur im Gazastreifen ist«, zitierte das »Wall Street Journal« einen ehemaligen israelischen Sicherheitsbeamten. Hasan Abu Hanieh, Experte für islamistische Gruppen mit Sitz in Amman, sagte der Zeitung: »Für die Hamas ist die Waffenruhe ein Abkommen, keine Kapitulation.«Schätzungen: Hamas hat noch etliche Tausend Kämpfer

Die islamistische Terrororganisation verfügt nach Einschätzungen israelischer Experten noch über 10.000 bis 25.000 Kämpfer. »Die Hamas hat mit Blick auf ihre militärischen Fähigkeiten sehr schweren Schaden genommen. Aber ich denke, man kann mit Fug und Recht sagen, dass sie nicht vernichtet wurde«, sagte Shalom Ben Hanan von der auf Terrorismusforschung spezialisierten Denkfabrik ICT an der Reichman-Universität in Tel Aviv kürzlich dem US-Sender NBC News. »Vielleicht geht nicht gleich in den nächsten Tagen oder in naher Zukunft Gefahr von ihr aus. Aber ihr Potenzial ist nach wie vor da«, sagte er.

Um die Einhaltung der Waffenruhe zu überwachen, setzt das US-Militär der »New York Times« zufolge seit Kurzem eigene Drohnen über dem Gazastreifen ein. Mit Einverständnis der Israelis würden Luftaufnahmen von Aktivitäten am Boden gemacht, hieß es unter Berufung auf israelische und amerikanische Militärquellen. Der Einsatz unterstützt demnach das mit Zivilisten und Militärvertretern besetzte Koordinationszentrum im Süden Israels, das seit vergangener Woche die Einhaltung der Waffenruhe kontrollieren und sich mit humanitärer und logistischer Hilfe für die Menschen im Gazastreifen befassen soll.

Trump: Bald Einsatz von internationaler Friedenstruppe

Trump stellte derweil vor Journalisten an Bord seiner Regierungsmaschine Air Force One auf dem Weg nach Malaysia einen baldigen Einsatz der geplanten internationalen Friedenstruppe (ISF) für den Gazastreifen in Aussicht. Genauere Zeitangaben machte er nicht. Kurz zuvor hatte Trump bei einem Tankstopp in Katar Emir Tamim bin Hamad Al Thani und den Ministerpräsidenten des Golfemirats, Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, an Bord der Air Force One empfangen. Danach soll Trump laut der »Times of Israel« gesagt haben, dass Katar bereit sei, bei Bedarf Friedenstruppen für den Gazastreifen zu entsenden.

Die US-Regierung räumt Israel nach Angaben von Rubio Mitspracherecht bei der Zusammensetzung der internationalen Friedenstruppe ein. Viele Länder bekundeten derzeit Interesse. Berichten zufolge will Israel nicht, dass die Türkei Truppen schickt. Die ISF werde ein internationales Mandat, etwa durch die UN oder ein internationales Abkommen, benötigen, sagte Rubio bei seinem Besuch in Israel. Derzeit werde daran gearbeitet, die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Friedenstruppe »so schnell wie möglich« in Gaza eintreffen könne. dpa

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