Korruptionsvorwürfe

»Tägliche Einmischungen«

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu Foto: Flash 90

Die polizeilichen Ermittler haben zu Wochenbeginn vorgeschlagen, den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu in einem weiteren Fall anzuklagen. Es geht um Korruptionsvorwürfe im sogenannten Fall 4000. Ebenfalls sollen seine Ehefrau Sara sowie der Medienmogul Schaul Elovitch und dessen Frau Iris vor Gericht gestellt werden, so die Auffassung der Behörden.

Es ist damit der dritte Fall, in dem die Polizei die Empfehlung ausspricht, gegen den amtierenden Regierungschef wegen Bestechlichkeit und anderer Vergehen Anklage zu erheben. Im Fall 4000 habe Netanjahu als Kommunikationsminister, der er von 2014 bis 2017 war, in einem Interessenkonflikt politische Entscheidungen getroffen, die Elovitch bevorteilten.

BEWEISE Er habe sich zudem bestechen lassen. Die Ermittler hätten Beweise, dass »die Netanjahus sich unverhohlen in den Inhalt der Walla-Nachrichtenseite einmischten, zum Teil täglich, und Einfluss auf die Einstellungen von Redakteuren und anderen Angestellten nehmen wollten, indem sie ihre Verbindungen zu Schaul und Iris Elovitch nutzten«, schreibt die Polizei.

Elovitch ist Chef der größten Telekommunikationsfirma im Land, Bezeq, die verschiedene Medienseiten im Internet herausgibt. Die Elovitchs gaben durch ihre Anwälte bekannt, dass sie keiner Vergehen schuldig sind und meinen, die Polizei hätte diese jüngste Veröffentlichung durch »undichte Stellen lange geplant«.

Die Behörden indes bleiben standhaft und empfehlen, dass der Ministerpräsident wegen Bestechlichkeit, Verletzung des öffentlichen Vertrauens und Betrugs angeklagt wird. Sara Netanjahu werden in diesem Fall dieselben Vergehen vorgeworfen. Zudem soll sie die Justiz behindert haben. Die Untersuchung gegen den Sohn der beiden, Yair, ist eingestellt worden.

REAKTION Der Premier gab sich nach der Bekanntgabe zynisch: »Das ist ja ein schönes Chanukka-Geschenk der Polizei«, meinte er. Der Sonntag war der erste Abend des jüdischen Lichterfestes, an dem das erste Licht gezündet wird. Gleichzeitig war es der letzte Arbeitstag des Polizeichefs Roni Alscheich, der (einst von Netanjahu persönlich nominiert) nach drei Jahren Dienst zurücktritt. »Es wundert niemanden, dass dies die Empfehlungen der Polizei sind«, so Netanjahu weiter, »und auch nicht der durchschaubare Zeitpunkt«. Anschließend wiederholte er seine altbekannte Erklärung: »Es wird nichts herauskommen, weil es nichts gibt.« Die Netanjahus bezeichnen die Ermittlungen als »linke Medienkampagne gegen ihre Familie« und »Hexenjagd«.

Die Behörden hatten zuvor bereits vorgeschlagen, Benjamin Netanjahu in zwei anderen Fällen anzuklagen: Fall 1000, in dem er und seine Frau verdächtigt werden, regelmäßig luxuriöse Geschenke von Milliardärs-Freunden entgegengenommen zu haben, sowie Fall 2000, wo angenommen wird, dass er gemeinsam mit dem Herausgeber der Zeitung Yedioth Ahronoth, Arnon Mozes, eine für die Regierung vorteilhafte Berichterstattung plante.

Das letzte Wort in Sachen Anklage hat jetzt Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit. Der wird entscheiden, ob sich die Netanjahus tatsächlich vor Gericht verantworten müssen.

Washington D.C.

Trump will Netanjahu am Montag treffen

Der US-Präsident und der israelische Ministerpräsident wollen über den Gazastreifen und den Iran sprechen

 01.07.2025

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Krieg

»Unser Schmerz macht uns nicht blind für das Leid anderer«: Palästinenser in Gaza zeigen Fotos getöteter israelischer Kinder

Bei Mahnwachen im Gazastreifen fordern Palästinenser mit einer ungewöhnlichen Aktion Frieden für Nahost. Die Gaza-Anwohner fordern auch die Freilassung aller aus Israel entführten Geiseln

 30.06.2025

Nahost

Kreise: Syrien und Israel sprechen über »Sicherheitsvereinbarungen«

Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Kriegszustand. Die neue Führung in Damaskus zeigt sich offen, das zu ändern. Aus Kreisen in Syrien heißt es, es gebe direkte Gespräche

 30.06.2025

Westjordanland

Siedlergewalt gegen Soldaten eskaliert

Jüdische Extremisten greifen Armeebasis an und zünden millionenteure Sicherheitsanlage zur Terrorverhinderung an

von Sabine Brandes  30.06.2025

Meinung

»Ha’aretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Zunächst einmal müssen wir die Geiseln befreien«

Eine Äußerung des Premierministers deutet darauf hin, dass es eine Verschiebung der israelischen Prioritäten im Krieg gegen die Hamas gibt. Die Hintergründe

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

von Ulf Poschardt  29.06.2025

Inlandsgeheimdienst Schin Bet

Großes Hamas-Netzwerk in Hebron zerschlagen

Das Netzwerk der islamistischen Terrororganisation habe zeitnah Anschläge in Israel und dem Westjordanland geplant

 29.06.2025