Eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Astronomen der Universität Tel Aviv (TAU) hat etwas im Weltall gesichtet, das sie kaum glauben konnte: »Dies ist der erste bestätigte Fall eines Sterns, der die Begegnung mit einem Schwarzen Loch überlebte und erneut aufflammte«, beschreiben die Wissenschaftler ihre Entdeckung. Die Ergebnisse wurden in der Juli-Ausgabe der »Astrophysical Journal Letters« veröffentlicht.
Das Team hatte einen sogenannten »Flare« beobachtet – eine Leuchterscheinung am Himmel, die entsteht, wenn ein Stern auf ein Schwarzes Loch trifft und dabei zerstört wird. Überraschenderweise ereignete sich dieser etwa zwei Jahre nach einem nahezu identischen Flare namens AT2022dbl, der genau am selben Ort auftrat.
Was konnte das bedeuten? Im Zentrum jeder großen Galaxie befindet sich ein Schwarzes Loch, das millionen- bis milliardenfach so viel Masse wie die Sonne besitzt. Ein solches »supermassereiches Schwarzes Loch« existiert auch in unserer Milchstraße. Seine Entdeckung wurde 2020 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. »Doch abgesehen von ihrer Existenz ist noch nicht gut verstanden, wie solche Monster entstehen und auf welche Weise sie ihre Wirtsgalaxien beeinflussen«, erklärt Professor Iair Arcavi, unter dessen Leitung die Studie von Lydia Makrygianni durchgeführt wurde.
Schwerkraft ist so stark, dass nicht einmal Licht entweichen kann
Eine der größten Herausforderungen beim Verständnis dieser Schwarzen Löcher sei ihre »Schwärze«: Ein Schwarzes Loch ist ein Bereich im Weltraum, in dem die Schwerkraft so stark ist, dass nicht einmal Licht entweichen kann. Das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße wurde durch die Bewegung von Sternen in seiner Umgebung entdeckt. In anderen, weiter entfernten Galaxien sind solche Bewegungen jedoch nicht erkennbar.
»Glücklicherweise – oder unglücklicherweise, je nach Sichtweise – kommt etwa alle 10.000 bis 100.000 Jahre ein Stern dem supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum seiner Galaxie zu nahe und wird dabei in Stücke gerissen«, erläutert Arcavi. Die Hälfte des Sterns werde vom Schwarzen Loch »verschluckt«, die andere Hälfte ins All geschleudert.
Fällt Materie auf ein Schwarzes Loch, bewegt sie sich spiralförmig, ähnlich wie Wasser im Abfluss einer Badewanne. In der Nähe des Schwarzen Lochs nähert sich die Geschwindigkeit der rotierenden Materie jedoch der Lichtgeschwindigkeit. Dabei erhitzt sich das Material und strahlt hell. »Ein solcher unglücklicher Stern beleuchtet das Schwarze Loch daher für einige Wochen bis Monate und bietet Astronomen eine kurze Gelegenheit, seine Eigenschaften zu untersuchen.«
Seltsamerweise jedoch verhielten sich die Flares, welche die TAU-Forscher beobachteten, nicht wie erwartet. »Ihre Helligkeit und Temperatur waren deutlich niedriger als vorhergesagt.« Nach etwa einem Jahrzehnt der Suche nach einer Erklärung könnte AT2022dbl nun die Antwort liefern und die gängige Meinung über die zerstörerische Kraft Schwarzer Löcher auf den Kopf stellen.
»Die Wiederholung des ersten Flares in nahezu identischer Weise zwei Jahre später deutet darauf hin, dass zumindest der erste Flare das Ergebnis einer teilweisen Zerstörung des Sterns war – wobei ein Großteil überlebte und für einen (nahezu identischen) weiteren Durchgang zurückkehrte. Diese Flares sind somit eher ein Snack des supermassereichen Schwarzen Lochs als eine volle Mahlzeit.«
Sollten die Forscher bis Anfang 2026 einen dritten Flare sehen, würde dies bedeuten, dass auch der zweite Flare nur eine teilweise Zerstörung des Sterns war. »Vielleicht sind also all diese Flares, die wir seit einem Jahrzehnt als vollständige Sternzerstörungen interpretieren, nicht das, was wir dachten.« Doch egal, ob dies geschehe, schließt Arcavi, »müssen wir unsere Interpretation der Flares – und was sie uns über die Schwarzen Löcher im Zentrum von Galaxien verraten – grundsätzlich überdenken.«