Isaac Herzog

»So sieht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus«

Israels Präsident Isaac Herzog Foto: copyright (c) Flash90 2024

Das abgemagerte und blasse Aussehen der drei freigelassenen Geiseln sorgt in Israel für große Entsetzen. Aufnahmen von der Übergabe der drei Männer an Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) zeigten, wie die drei schwach wirkenden Israelis zunächst von vermummten und bewaffneten Mitgliedern der Terrororganisation auf eine Bühne in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens geführt wurden.

Israelischen Medien zufolge mussten sich Eli Sharabi, Ohad ben Ami und Or Levy, bei dem von der Hamas choreografierten Propaganda-Auftritt bei ihren Geiselnehmern bedanken. 

Auf der Bühne war auch eine Faust mit einer palästinensischen Flagge zu sehen. Die Terrororganisation nutzte die Freilassungen der israelischen Frauen und Männer in den vergangenen Wochen stets als Machtdemonstration. Hunderte Schaulustige verfolgten das Prozedere vor Ort, wie in Live-Übertragungen zu sehen war.

Bestürzung in Israel nach Anblick der Geiseln

Israels Staatspräsident Isaac Herzog sprach von einem »zynischen und grausamen Spektakel«. Angehörige und Politiker in Israel reagierten angesichts des schlechten Zustands der freigelassenen Männer bestürzt. Die Tochter von Ohad Ben Ami (56), sagte israelischen Medien zufolge, sie habe ihren Vater kaum wiedererkannt. Sie wolle ihn einfach nur umarmen, sagte Ella Ben Ami.

Der Bruder von Or Levy sagte israelischen Medien zufolge, es sei schwer, ihn so zu sehen, nach allem, was er durchgemacht habe. Dessen dreijähriger Sohn sei aufgeregt und könne es kaum erwarten, seinen Vater wiederzusehen, sagte Tal Levy demnach. Die Mutter des Kindes war bei dem Hamas-Massaker im Süden Israels am 7. Oktober 2023 auf dem Nova-Musikfestival ermordet worden. 

Die Angehörigen von Eli Sharabi, dessen Frau zusammen mit den beiden gemeinsamen Töchtern am 7. Oktober 2023 von Hamas-Terroristen ermordet wurde, zeigten sich erleichtert über dessen Freilassung. Gleichzeitig seien sie »betrübt, aber nicht überrascht« über den schlechten körperlichen Zustand der freigelassenen Männer, hieß es. 

Israels Präsident: Geiseln »ausgehungert« und »abgemagert«

»So sieht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus«, erklärte der israelische Staatspräsident Isaac Herzog angesichts des Zustands der Geiseln. »Die ganze Welt muss auf Ohad, Or und Eli blicken, die nach 491 Tagen Hölle, ausgehungert, abgemagert und leidend, zurückkehren.« 

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, die »schockierenden Bilder« würden nicht unbeantwortet bleiben. Er kündigte Maßnahmen an - ohne Details zu nennen. Regierungsangaben zufolge beschwerte sich Israel bei den zwischen dem Land und der Hamas vermittelnden Staaten Katar, Ägypten und den USA.

Unter Familien der Geiseln, die erst in einer zweiten Phase des Deals freikommen sollen, verschärften die Bilder der Männer die Angst um den Zustand ihrer Angehörigen in der Gewalt der Islamisten.

Von der Regierung veröffentlichte Aufnahmen zeigten, wie die Männer von der Armee empfangen wurden. Dem freigelassenen, hageren Or Levy scheint das Laufen schwer zu fallen. Er wurde in eine Klinik im Zentrum des Landes gebracht. Auch die beiden anderen Männer sollten in Kliniken geflogen werden.

Baerbock: Geisel-Freilassung Grund zur Hoffnung

Außenministerin Annalena Baerbock begrüßte die Freilassung der Geiseln. »Das ist ein Grund zur Freude und gibt Hoffnung«, teilte die Grünen-Politikerin auf der Plattform Bluesky mit. «Es ist gleichzeitig unerträglich, dass die Hamas die drei Männer auch im letzten Moment noch einmal öffentlich vorführt und zu ›Interviews‹ zwingt.»

Lesen Sie auch

Sie sei in Gedanken besonders bei der Deutsch-Israelin Raz Ben Ami, der Ehefrau des freigelassenen Ohad Ben Ami – diese war selbst in den Gazastreifen verschleppt worden und im November 2023 freigekommen. »14 Monate nach ihrer eigenen Freilassung kann sie ihren Mann Ohad endlich wieder in die Arme schließen«, schrieb Baerbock. dpa

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Krieg

»Unser Schmerz macht uns nicht blind für das Leid anderer«: Palästinenser in Gaza zeigen Fotos getöteter israelischer Kinder

Bei Mahnwachen im Gazastreifen fordern Palästinenser mit einer ungewöhnlichen Aktion Frieden für Nahost. Die Gaza-Anwohner fordern auch die Freilassung aller aus Israel entführten Geiseln

 30.06.2025

Nahost

Kreise: Syrien und Israel sprechen über »Sicherheitsvereinbarungen«

Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Kriegszustand. Die neue Führung in Damaskus zeigt sich offen, das zu ändern. Aus Kreisen in Syrien heißt es, es gebe direkte Gespräche

 30.06.2025

Westjordanland

Siedlergewalt gegen Soldaten eskaliert

Jüdische Extremisten greifen Armeebasis an und zünden millionenteure Sicherheitsanlage zur Terrorverhinderung an

von Sabine Brandes  30.06.2025

Meinung

»Ha’aretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Zunächst einmal müssen wir die Geiseln befreien«

Eine Äußerung des Premierministers deutet darauf hin, dass es eine Verschiebung der israelischen Prioritäten im Krieg gegen die Hamas gibt. Die Hintergründe

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

 29.06.2025

Inlandsgeheimdienst Schin Bet

Großes Hamas-Netzwerk in Hebron zerschlagen

Das Netzwerk der islamistischen Terrororganisation habe zeitnah Anschläge in Israel und dem Westjordanland geplant

 29.06.2025

Kommentar

Gelöscht!

»Freunde Israels« wie »Die Zeit« haben die deutsche Vergangenheit nicht bewältigt, sondern überwältigt. Wie auch den Autor Maxim Biller. Indem sie ihn depublizieren

von Samuel Schirmbeck  30.06.2025 Aktualisiert