Landwirtschaft

Sesam, öffne dich nicht!

Ein Räuber ist er nicht. Im Gegenteil: Professor Zvi Peleg von der Fakultät für Landwirtschaft, Lebensmittel und Umwelt der Hebräischen Universität in Jerusalem erweitert den Schatz. Dafür allerdings muss er sagen: »Sesam, öffne dich nicht!« Denn die Sesampflanze, an der der Forscher für Pflanzengenetik und -physiologie arbeitet, darf ihre Samenkapseln nicht von selbst öffnen, um maschinell geerntet zu werden. Damit, meint er, könne sie auch endlich wieder in Israel kommerziell angebaut werden.

Als Peleg zum ersten Mal die Sesamernte sah, konnte er kaum glauben, wie diese heute, im 21. Jahrhundert, vonstattengeht: »Alles läuft manuell ab. Die Kapseln werden von den Arbeitern gepflückt, bevor sie reif sind, damit die Samen nicht herausfallen, und dann in der Sonne getrocknet. Jeder einzelne Schritt ist Handarbeit.« Daher findet sämtlicher Anbau in Entwicklungsländern statt, hauptsächlich in Äthiopien, Sudan, China, Indien, Myanmar und Mexiko.

Bislang war bei der Ernte jeder einzelne Schritt immer Handarbeit.

Während dieser Forschungsreise im Jahr 2008, die zunächst gar nichts mit Sesam zu tun hatte, beschloss Peleg, sich mit der besonderen Buschpflanze zu beschäftigen. »Ich konnte nur schwer glauben, dass etwas, das wir praktisch täglich essen, auf diese antiquierte Weise behandelt wird. Es ist eine der wenigen Saaten, die heute noch so geerntet wird wie vor Tausenden von Jahren.«

Problem Und genau da liegt das Problem. Denn das umständliche, langwierige Verfahren macht die Ernte anfällig, etwa durch Kriege und extremes Wetter. In Indien wurde im vergangenen Jahr nahezu der gesamte Anbau durch Überschwemmungen vernichtet, in Äthiopien macht ein Bürgerkrieg Ernte und Lieferwege unsicher. 2021 stieg der Preis für Sesam um 30 Prozent.

Die Ölsaat wird heute hauptsächlich für drei Industrien benutzt: Öl, Süßwaren und als Speisezutat, beispielsweise für Gebäck, Sushi oder Müsli. Das Sesamöl wird vor allem in der asiatischen Küche verwendet. »Wir kennen es in kleinen Flaschen, mit starkem Geschmack und recht teuer«, so Peleg. »Dabei war es früher im Nahen Osten das Öl Nummer eins, das für alles verwendet wurde.« Angebaut wurde es in der Gegend bereits vor rund 4000 Jahren bis in die 60er-Jahre. Dann verschwand es aus Nahost. Der Grund: die umständliche und kostspielige Handarbeit.

Qualität Der Fachmann schwört auf die Qualitäten des Sesamöls: Es habe einen hohen Anteil an Antioxidantien und kann stärker erhitzt werden als andere Fette. Doch warum lieben Israelis und immer mehr Menschen weltweit Sesam am meisten? Tahina! Nicht nur, dass sie in Nahost fester Bestandteil des Speiseplans ist, die cremige Paste hat längst Einzug in die In-Lokale gefunden. Halwa ist die bekannte Süßware aus Sesam, und die duftende Schabbat-Challa wäre ohne die kleinen Kerne obendrauf kaum vorstellbar. Für all das, weiß Peleg, ist Sesam wie geschaffen, weil es ein mannigfaltiges Anbauprodukt mit Hunderten von Sorten ist.

Mehr als zehn Jahre schon arbeitet er mit seinem Team im Labor, dabei unter anderem Yaron Gadri, Naama Teboul, Idan Sabag und Shaked Pnini, probiert Kreuzung über Kreuzung aus, um das zu erreichen, was für eine maschinelle Ernte wichtig ist: »dass sich Sesam eben nicht öffnet«. Peleg hat es geschafft und damit den Weg geebnet, dass die Samen kommerziell in Israel angebaut und mit Maschinen abgeerntet werden können. »Es ist eine Revolution der Ernte.«

Die maschinelle Ernte komme einer Revolution gleich, sagt der Forscher.

Dabei habe er mit seiner Forschung »praktisch von null beginnen« müssen. Denn Sesam sei eine vernachlässigte Pflanze, für die es keinerlei wissenschaftliche Arbeiten oder Labore gegeben habe. »Normalerweise arbeiten wir daran, bestehende Dinge im Detail zu verbessern, hier aber mussten wir einen Anfang schaffen, von einem Protokoll zum Säen über die Bewässerung und Düngung bis zum Ernteprozess.«

Sein Konzept ging auf. Derzeit wird die angepasste israelische Sesampflanze semi-kommerziell getestet, also auf großen Feldern fast überall im Land, mit der Beteiligung von Landwirten. Für die heimische Agrikultur sei das eine bedeutende Bereicherung, »denn in den vergangenen Jahren sind viele Sorten von den Feldern fast oder ganz verschwunden, zum Beispiel Sonnenblumen und Baumwolle. Aber gerade die Vielfalt und Rotation auf den Feldern mit an die Region angepassten Pflanzen ist wichtig für den Boden, damit er fruchtbar bleibt«. Peleg weiß, dass sich die Anbauer über den Zugang freuen. »Es ist ein perfektes Sommergewächs.«

Ziele Doch der Professor hat höhere Ziele, als lediglich den Markt mit leckerer Tahina zu versorgen. »Sesam hat einen extrem hohen Gehalt an Kalzium und Eisen, den wir durch unsere Genforschung noch erhöht haben. Zwei Milliarden Menschen leiden unter Eisenmangel. Unsere Hoffnung ist es, dies mit dem Verzehr von natürlichen Speisen wie Sesam beheben zu können.«

Der israelische Sesam sei sehr ergiebig und von hoher Qualität, lobt der Professor die Zucht. Und noch mehr: Es werde daraus nicht nur »einfach Tahina hergestellt, sondern verschiedene Sorten davon«. Er erklärt es so: »Man kauft ja keine Flasche mit einem Aufkleber ›Rotwein‹. Es gibt Merlot, Pinot Noir, Shiraz und viele andere. Genauso müsste es bei Tahina sein«. Denn die verschiedenen Sesamsorten hätten nicht nur einen eigenen Geschmack, sondern unterschiedliche Charakteristika wie fester, heller, süßer, ölhaltiger und Ähnliches.

Das »Tahina-Tasting« führt der Forscher übrigens gemeinsam mit lokalen Chefköchen durch. Und wann wird die beliebte Paste zu kaufen sein? Peleg hofft, dass die Tahina schon in rund vier Jahren in den Regalen stehen wird – mit einem Sticker, auf dem steht: »ganz und gar gewachsen und gemacht in Israel«.

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