Jerusalem

Prozess gegen Israels Premier beginnt heute

Unterstützung für den angeklagten Premier: Israelis demonstrieren in Jerusalem Foto: Flash90

Um 15 Uhr (israelische Zeit) werden die Türen des kargen Gerichtssaales geöffnet, und damit wird zum ersten Mal in der Geschichte des Landes einem amtierenden Ministerpräsidenten wegen des Vorwurfs krimineller Vergehen der Prozess gemacht. Für Regierungschef Benjamin Netanjahu wird dann Tag eins auf der Anklagebank im Gebäude des Jerusalemer Bezirksgerichtes an der Salah-al-Din-Straße beginnen. Ihm wird Korruption in drei Fällen vorgeworfen.

In allen drei Fällen ist er wegen Veruntreuung und Betrug angeklagt, in einem Fall zudem wegen des schwerer wiegenden Verdachts der Bestechlichkeit. Netanjahu streitet alle Vorwürfe ab. Die Richterin Rivka Friedman-Feldman wird dem Gericht vorsitzen. Sie brachte bereits den ehemaligen Premier Ehud Olmert hinter Gitter.

VERBÜNDETE Mehrere enge Verbündete aus Netanjahus Partei, dem Likud, kündigten am Morgen des Prozessbeginns an, dass sie den Regierungschef auf dem Weg ins Gericht begleiten wollen. Darunter seine Vertrauten, Transportministerin Miri Regev und ihr Kollege im Sicherheitsressort, Amir Ohana. Auch Tzachi Hanegbi sagte sein Kommen zu.  

Besonders die angekündigte Teilnahme von Ohana, der als neu eingesetzter Sicherheitsminister die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden überwacht, wurde von vielen kritisiert. Oppositionsführer Yair Lapid (Jesch Atid) nannte das Vorhaben eine »nationale Schande« und betonte die Funktion von Ohanas Amt. »Dies ist ein echter Coup-Versuch«, schrieb er auf Twitter.

»Netanjahu führt uns noch in einen Bürgerkrieg, um von dem Prozess verschont zu werden«, sagte Oppositionsführer Yair Lapid.

»Netanjahus Aufwiegelungen und die seiner Leute gegen das Justizsystem sind falsch, gefährlich, gewalttätig und überschreiten jegliche Grenze«, führte Lapid aus. »Netanjahu führt uns noch in einen Bürgerkrieg, um von dem Prozess verschont zu werden.«

JUSTIZSYSTEM Andere Netanjahu-Unterstützer kritisierten lautstark das Gericht und das juristische Procedere. Der neue Knessetsprecher Yariv Levin vom Likud nannte den Prozessbeginn gegen Netanjahu »einen neuen Tiefpunkt im israelischen Justizsystem«.

Levin argumentiert, dass nicht nur der Premier persönlich vor Gericht steht, sondern es ein Prozess für die Demokratie und die Zukunft der Strafverfolgung sei. »Ich, wie Millionen von Israelis auch, stehe heute an der Seite des Ministerpräsidenten«, machte er klar.

Sein Parteikollege Miki Zohar unterstellte den Ermittlern der Polizei sogar, die Vorwürfe konstruiert zu haben. Viel Kritik richtete sich gegen Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit, den Netanjahu einst persönlich eingesetzt hatte.

Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit und seine Familie erhalten seit geraumer Zeit Morddrohungen.

Der Likud-Minister für Cyber und digitale Angelegenheiten, David Amsalem, bezeichnete Mandelblit in der vergangenen Woche als »vermeintlichen Kriminellen«. Amsalem bezieht sich auf einen abgeschlossenen Fall, die sogenannte »Harpaz-Affäre«, in die Mandelblit und der damalige IDF-Chef, Gabi Ashkenazi, verwickelt waren. Die Details des Falls unterliegen einer Nachrichtensperre.  

MORDDROHUNGEN Mandelblit erhält seit geraumer Zeit Morddrohungen gegen sich selbst und seine Familie. Ihm wurde unter anderem eine Fotomontage geschickt, die ihn in Nazi-Uniform zeigt. Der Generalstaatsanwalt erstattete Anzeige bei der Polizei.

Viele Netanjahu-Anhänger machen den Anwalt für den Prozess gegen den Regierungschef verantwortlich, denn er war es, der im November 2919 verkündete, dass der Premier in drei Fällen angeklagt wird. Der jetzige Justizminister Avi Nissenkorn (Blau-Weiß) rügte Amsalem scharf und erklärte, er habe vollstes Vertrauen in Mandelblit.

Der bekannte Strafverteidiger Avigdor Feldman gab sich im Armeeradio geschockt: »Ich hätte niemals geglaubt, dass ein Minister so etwas über einen Generalstaatsanwalt sagen würde. Alle Grenzen wurden überschritten. Hier geht es um mehr als einen langfristigen Schaden«, sagte Feldman.

Verhandlungen

Trump: Israel stimmt Waffenruhe im Gazastreifen zu

Der US-Präsident forderte die Terroristen der Hamas auf, dem Vorschlag ebenfalls zuzustimmen, denn so Trump: »Es wird nicht besser werden - es wird nur schlimmer werden«

 02.07.2025

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025

Meinung

Kontrollverlust im Westjordanland

Immer wieder ziehen radikale Siedler marodierend durch palästinensische Ortschaften. Nun machen sie nicht einmal mehr vor Soldaten der eigenen Armee Halt

von Ralf Balke  01.07.2025

Washington D.C.

Trump will Netanjahu am Montag treffen

Der US-Präsident und der israelische Ministerpräsident wollen über den Gazastreifen und den Iran sprechen

 01.07.2025

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Krieg

»Unser Schmerz macht uns nicht blind für das Leid anderer«: Palästinenser in Gaza zeigen Fotos getöteter israelischer Kinder

Bei Mahnwachen im Gazastreifen fordern Palästinenser mit einer ungewöhnlichen Aktion Frieden für Nahost. Die Gaza-Anwohner fordern auch die Freilassung aller aus Israel entführten Geiseln

 30.06.2025

Nahost

Kreise: Syrien und Israel sprechen über »Sicherheitsvereinbarungen«

Offiziell befinden sich Israel und Syrien im Kriegszustand. Die neue Führung in Damaskus zeigt sich offen, das zu ändern. Aus Kreisen in Syrien heißt es, es gebe direkte Gespräche

 30.06.2025

Westjordanland

Siedlergewalt gegen Soldaten eskaliert

Jüdische Extremisten greifen Armeebasis an und zünden millionenteure Sicherheitsanlage zur Terrorverhinderung an

von Sabine Brandes  30.06.2025

Meinung

»Ha’aretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025