Er war ein Tausendsassa. Und einer, der sich nicht festlegen ließ. Yehonatan Geffen, Autor, Lyriker, Liedermacher, Sänger, Komiker, Dramatiker und Journalist der ersten Generation, die im jüdischen Staat aufwuchs, ist tot. Er starb am 19. April im Alter von 76 Jahren. Am vergangenen Freitag wurde er auf dem Friedhof von Nahalal im Norden des Landes beerdigt.
Vielleicht kennen nicht alle Israelis sein Gesicht, vielleicht nicht einmal seinen Namen. Aber sie alle kennen seine Kindergedichte und Lieder. Denn jeder, der einen israelischen Kindergarten besucht hat, selbst Kinder oder Enkel hat, kann sie auswendig: »Jalda hachi jafa bagan« (Das hübscheste Mädchen im Kindergarten) oder »Gan sagur« (Der Kindergarten ist zu). Die Israelis sind mit Geffens Klassikern aufgewachsen, und noch heute trällern Mädchen und Jungen im ganzen Land sie rauf und runter.
Tausende kamen am Freitag nach Nahalal, um sich zu verabschieden. Geffens Familie und Freunde, darunter viele Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben Israels, der ehemalige Präsident Reuven Rivlin, Oppositionsführer Yair Lapid, die Sänger David Broza, Dafna Armoni, Riki Gal und andere. Lapid beschrieb den verstorbenen Künstler als einen Mann voller Liebe: »Einmal schrieb Yehonatan: ›Wenn die Liebe ein Land wäre, wäre ich Außenminister.‹ Er irrte sich. Die Liebe hat ein Land, und er war ihr Prinz.«
geleit Außerdem gaben ihm viele, die ihn aufgrund seiner Werke kannten und liebten, das letzte Geleit. Geffen wurde 1947 im Moschaw Nahalal im Yisrael-Tal als ältester Sohn geboren und gehörte zur berühmten Dayan-Familie um Armeegeneral Moshe Dayan, dem Bruder seiner Mutter. Er entstammte derselben Generation wie der Schriftsteller Meir Shalev, ebenfalls aus Nahalal, der eine Woche zuvor gestorben war und ebenfalls hier beerdigt ist.
Jeder, der einen israelischen Kindergarten besucht hat, kann seine Lieder auswendig.
Im Laufe seines Lebens veröffentlichte Geffen neben seinen Liedern viele Bücher, schrieb zahllose Gedichte und mehrere Theaterstücke. Er inszenierte auch Unterhaltungs- und Satireshows und wirkte anfangs bei der Gruppe »Lul« (Hühnerstall) mit Uri Zohar, Arik Einstein und Shalom Hanoch als Comedian mit.
Ernstere Worte fand er für seine Kolumne, die er mehr als vier Jahrzehnte lang in der israelischen Tageszeitung »Ma’ariv« veröffentlichte. Er gehörte zu einer Gruppe von Journalisten, die 1973 das Buch The Failure über den Jom-Kippur-Krieg veröffentlichten. Er war zudem scharfer Kritiker der israelischen Rechten und der Präsenz im palästinensischen Westjordanland. Wegen seiner linken Überzeugung, mit der er auch provozierte, wurde er oft angegriffen, erhielt sogar Morddrohungen. Doch er dachte gar nicht daran, ein Blatt vor den Mund zu nehmen, und tat seine Meinung bis zu seinem Tode kund.
Kolumne In seiner letzten Kolumne im März wandte er sich an Lapid als Oppositionsführer. Obwohl die beiden eine Vereinbarung getroffen hätten, öffentlich keine politischen Diskussionen zu führen, müsse er Lapid nun auffordern, »verdammt hart zu kämpfen, um die Bemühungen zu stoppen, die israelische Demokratie tödlich zu verletzen«.
Im Laufe seines Lebens veröffentlichte Geffen neben seinen Liedern viele Bücher, schrieb zahllose Gedichte und mehrere Theaterstücke
Geffen, selbst Kulturikone, hatte auch berühmte Kinder: Sein Sohn Aviv Geffen ist Rocksänger und Shira Geffen eine Schriftstellerin, die mit dem Autor Etgar Keret verheiratet ist. Aus seiner zweiten Ehe hat er eine Tochter, Natascha Geffen. Aviv Geffen rezitierte das jüdische Trauergebet Kaddisch und nannte seinen Vater »meinen Helden«.
Alle drei Geschwister sangen gemeinsam das Lied »Das 16. Lamm« aus dem Jahr 1978. Shira Geffen beschrieb den letzten Monat mit ihrem Vater: »Dir war schon die Geduld ausgegangen. Du hast mich gebeten, dass wir die Arbeit abschließen und die Korrekturen machen. Aber ich habe mit dir gestritten und sagte, es gebe noch Arbeit. Denn ich wollte weiter mit dir auf deiner Veranda neben den Katzen sitzen, Likör und Limonade trinken und die Lieder korrigieren.«
songs Weiter erzählte seine Tochter: »Du sagtest, du seist müde. Und dass die Songs deiner Erfahrung nach zerstört werden, wenn wir zu hart an ihnen arbeiten. Aber ich habe dich nicht gelassen. Vielleicht weil ich das Gefühl hatte, dass du gehen würdest, wenn die Arbeit abgeschlossen ist.«
Auch Geffens Wegbegleiter und Freunde verabschiedeten sich mit emotionalen Reden und Liedern. Broza, einer der berühmtesten Sänger des Landes, sang »If Death Shall Come«, das Geffen für ihn geschrieben hatte. Es sei das einzige Lied, das sich sein Freund für seine Beerdigung gewünscht hatte.
»Ich habe keine Worte. Wir waren zu viert, zwei sind nun übrig«, sagte seine jüngere Schwester Zohar Betser unter Tränen. »Yehonatan war immer der älteste Sohn, der alles konnte. Der Erste, der den Raum verließ, der Erste, der nach Tel Aviv ging, der Erste, der ein Buch veröffentlichte. Noch vor zwei Wochen feierten wir Pessach, verabredeten uns für ein baldiges Wiedersehen. Wir waren zu viert, zwei sind nun übrig. Es ist so schrecklich, wie es sich anhört.«