Jom Jeruschalajim

»Offen für alle Bewohner«

Herr Ben-Sasson, Jerusalem feiert 50 Jahre Vereinigung. Es ist kein Geheimnis, dass in Israels Hauptstadt Juden und Araber inzwischen eher getrennt leben. Ist es auf Ihrem Campus anders?
Meiner Meinung nach sollte ein Campus Modell für eine multikulturelle Zivilgesellschaft sein. Es ist die erste Möglichkeit im Leben junger Israelis, Leute zu treffen, die eine andere Herkunft haben. Wir ermutigen Integration in jeder möglichen Weise: durch gemeinsame Projekte, soziale Aktivitäten, in außerschulischen Diskussionen und Klassenräumen.

Wie funktioniert die Koexistenz?
Mein einfachstes Beispiel ist, dass die Studenten denselben Unterricht besuchen, in denselben Lokalen essen, zusammen lernen und ihr Studium abschließen – und ja, auch Freundschaften entwickeln. Wir gestalten Projekte, um die Kluft zwischen den Bevölkerungsgruppen zu verringern. Etwa Tage der Offenen Tür auf Arabisch, um Fragen potenzieller arabischer Studenten zu beantworten. Gleichsam kommen an unsere Hochschule Frauen aus dem angrenzenden arabischen Dorf, um Hebräisch zu lernen.

Ihre Universität hat als erste im Land die Abiturprüfungen der Palästinensischen Autonomiebehörde akzeptiert. Welche Botschaft senden Sie damit?
Wir haben ein Pilotprogramm gestartet, um herausragende Studenten für die Geistes- und Sozialwissenschaften direkt anzunehmen. Es soll die Botschaft senden, dass wir als Hochschule für alle Bewohner der Stadt offen stehen. Außerdem wird es die klügsten Köpfe der israelischen Gesellschaft aus unterschiedlichen Sektoren anlocken.

Trotz Ihrer Bemühungen gibt es Aufrufe zum Boykott auch gegen Ihre Universität in der ganzen Welt. Was sagen Sie den Befürwortern dieses Boykotts?
Es gibt keine größere Ironie als die, Zentren der Akademien zu attackieren, wo freie Meinungsäußerung gefördert und Regierungspolitik debattiert wird. Traurigerweise basieren viele Vorwürfe gegen die israelischen Hochschulen auf Falschdarstellungen und Halbwahrheiten. Vor einigen Jahren wollte ein ausländischer Journalist die Vorwürfe der BDS-
Bewegung recherchieren. Nach zwei Tagen auf dem Campus schrieb er seinen Artikel, in dem er die Hebräische Universität »Jerusalems Campus der Freiheit« nannte.

Welches sind die Herausforderungen der nächsten 50 Jahre in Jerusalem?
Jerusalem wurde vor fünf Jahrzehnten physisch zusammengefügt, doch das menschliche Gewebe ist noch getrennt. Wir, die hier leben, sind Partner in dem Vorhaben, eine gemeinsame Zukunft zu gestalten. Um die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Hürden zu meistern, müssen wir miteinander arbeiten. Wir alle können pluralistische Werte und gegenseitigen Respekt fördern. Ich bin überzeugt, dass Wissenschaft, Kunst und Bildung die Pfade sind, um die Gräben zwischen unseren verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu überbrücken.

Mit dem Präsidenten der Hebräischen Universität Jerusalem sprach Sabine Brandes.

Israelische Soldaten sollen über den Winter auf dem Berg Hermon bleiben

 13.12.2024

Israel

Paraguay eröffnet Botschaft in Jerusalem erneut

Präsident Santiago Peña: »Es werden viele Reden geschwungen. Für uns sind Taten wichtig.«

von Imanuel Marcus  13.12.2024

Nahost

US-Gesandter Sullivan: Netanjahu bereit für Geiseldeal und Waffenruhe

Ein Berater des US-Präsidenten kündigt an, es könne schon bald soweit sein

 13.12.2024

Nahost

Warum Israel Syriens Militär fast vollständig zerstört hat

In den vergangenen Tagen hat die israelische Armee nach eigenen Angaben 80 Prozent der syrischen Militärkapazitäten zerstört

von Sara Lemel und Johannes Sadek  12.12.2024

Nahost

Netanjahu trifft US-Gesandten, Gespräch zur Lage in Syrien

Die überraschende Machtübernahme durch Rebellen sendet Schockwellen durch die ganze Region

 12.12.2024

Nach Eklat

Vatikan entfernt Jesus-Kind mit Keffiyeh

Nach tagelanger Kritik hat die katholische Kirche nun reagiert, auch wenn sie sich öffentlich nicht äußert

von Nils Kottmann  12.12.2024

Westjordanland

Kind stirbt nach Terrorangriff

Der Junge war Passagier in einem Bus. Drei weitere Personen sind verletzt

 12.12.2024 Aktualisiert

Nahost

Nach Umsturz in Syrien: Hoffnung auf Gaza-Deal

Die Hamas hat den Kernforderungen Israels in zwei Kernpunkten nachgegeben

von Lars Nicolaysen  12.12.2024

Leitartikel

Islamisten als Befreier?

Nach dem Sturz der blutigen Assad-Diktatur atmet die Welt auf. Was die Umwälzungen für den Nahen Osten bedeuten – und für Israels Sicherheit

von Peter R. Neumann  12.12.2024