Diplomatie in der Ukraine-Krise

Von Jerusalem über Moskau nach Berlin und zurück

Israels Regierungschef Naftali Bennett Foto: Flash 90

Nach einem Besuch in Moskau hat sich Israels Ministerpräsident Naftali Bennett am Samstagabend in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über den Ukraine-Konflikt beraten.

»Im Mittelpunkt des 90-minütigen Gesprächs standen die Ergebnisse der Unterredung, die der Ministerpräsident am Samstag mit dem russischen Präsidenten (Wladimir) Putin in Moskau gehabt hatte«, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in der Nacht zum Sonntag mit. Man wolle in der Sache weiter in engem Kontakt bleiben. Das gemeinsame Ziel bleibe es, den Krieg in der Ukraine »so schnell wie irgend möglich« zu beenden, hieß es in der Mitteilung weiter. »Daran werde man mit aller Kraft arbeiten.«

Scholz hatte erst vor drei Tagen Jerusalem besucht. Bennett hatte sich zuvor am Samstag in Moskau mit Kremlchef Putin getroffen, um über den Ukraine-Krieg zu sprechen.

KABINETTSSITZUNG Der israelische Regierungschef will seine Bemühungen um einen Dialog im Ukraine-Konflikt fortsetzen. »Wir werden weiter helfen, solange wir darum gebeten werden«, sagte Bennett am Sonntag während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem. »Auch wenn die Chancen nicht groß sind, wenn es auch nur eine kleine Öffnung gibt, und wir Zugang zu allen Seiten und die Fähigkeiten haben, sehe ich es als unsere moralische Verpflichtung an, jeden Versuch zu unternehmen.«

Zu konkreten Inhalten seiner Vermittlungsbesuche in Moskau und Berlin könne er sich nicht äußern, erklärte Bennett. Sein Büro teilte unterdessen am Sonntag mit, der Regierungschef habe zum dritten Mal binnen 24 Stunden mit Selenskyj telefoniert. Details gab es nicht. Bennett sagte, er habe die Reisen mit Einwilligung aller Beteiligten unternommen.

Israels Premier ist der erste westliche Spitzenpolitiker, der Putin seit Kriegsbeginn in Moskau besucht hat. Als Vermittler bietet sich auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan an, der am Sonntag mit Putin telefonierte. Bundeskanzler Scholz wollte sich am Sonntag mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen beraten.

TELEFONATE Aus Regierungskreisen in Jerusalem hieß es, das Gespräch zwischen Putin und Bennett in der russischen Hauptstadt habe drei Stunden gedauert. Bennett habe sich mit den USA, Deutschland und Frankreich abgestimmt und sei »in ständiger Kommunikation mit der Ukraine«. Nach Angaben aus Jerusalem telefonierte Bennett nach dem Treffen mit Putin mit Wolodymyr Selenskyj. Der ukrainische Präsident telefonierte unterdessen in der Nacht zum Sonntag auch mit US-Präsident Joe Biden.

Im Ukraine-Krieg ist Israel als Vermittler im Gespräch. Medienberichten zufolge soll Selenskyj Bennett vor einigen Tagen gebeten haben, in Israel Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine auszurichten. Israel hat gute Beziehungen zu beiden Ländern, befindet sich daher aber auch in einem Zwiespalt. Es will seinen wichtigsten Bündnispartner, die USA, nicht verärgern, ist aber gleichzeitig aus strategischen Gründen vom Wohlwollen Moskaus abhängig, unter anderem in den Konflikten mit Syrien und dem Iran.

Aus Regierungskreisen in Jerusalem hieß es, Bennett habe mit Putin auch über die Lage der Israelis und der jüdischen Gemeinden angesichts des Konflikts gesprochen.

Nach Angaben von Bennetts Büro war bei dem Treffen mit Putin auch der israelische Wohnungsbauminister Seew Elkin zugegen, der bei der Übersetzung helfe. Elkin stammt aus der ukrainischen Stadt Charkiw und gilt als Putin-Kenner. Er hatte auch stets bei den Treffen von Bennetts Amtsvorgänger Benjamin Netanjahu mit Putin teilgenommen.

SCHABBAT Bennett sei am Samstag in den frühen Morgenstunden nach Moskau geflogen, im Anschluss an ein Gespräch mit Putin am Mittwoch, teilte sein Büro ferner mit. Als religiöser Jude darf Bennett am Schabbat nur dann reisen, wenn es um die Rettung von Menschenleben geht.

Bennett hatte am Mittwoch auch mit Selenskyj telefoniert. Selenskyj, selbst jüdischer Herkunft, hatte sich zuletzt enttäuscht über seiner Ansicht nach mangelnde Unterstützung von Seiten Israels geäußert. Nach Medienberichten hatte Bennett Bitten Selenskyjs um Waffenlieferungen abgelehnt.

Israel hat gute Beziehungen zu beiden Ländern, befindet sich daher aber auch in einem Zwiespalt. Es will seinen wichtigsten Bündnispartner, die USA, nicht verärgern, ist aber gleichzeitig aus strategischen Gründen vom Wohlwollen Moskaus abhängig, unter anderem in den Konflikten mit Syrien und dem Iran. dpa

Israel

Herzog erinnert an »Sieg über das dunkelste Böse«

Israels Präsident würdigt zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs den Einsatz der Alliierten und warnt vor dem Schweigen angesichts von Hass

 08.05.2025

USA

Trump angeblich von Netanjahu enttäuscht

Die regierungsnahe Tageszeitung »Israel Hayom« schreibt, der US-Präsident wolle seine Nahostpolitik ohne Israel vorantreiben

von Sabine Brandes  08.05.2025

Libanon

Israel greift Hisbollah-Stützpunkt an

Dieser habe zur Steuerung von Hisbollah-Waffensystemen im Bereich des Angriffs und der Verteidigung gedient, so die israelische Armee

 08.05.2025

Schweiz

Israel warnt vor Reisen zum ESC

Den Eurovision Song Contests in Basel als Jude oder Israeli zu besuchen, könnte gefährlich werden: Das befürchtet Israels Sicherheitsrat und empfiehlt Bürgern Zurückhaltung und Wachsamkeit

 08.05.2025

Israel

Huthi reklamieren Drohnenangriffe für sich

Die Huthi im Jemen greifen Israel weiter an. In einer Erklärung stellen sie klar: Auch israelische Schiffe im Roten Meer würden weiter Ziel ihrer Angriffe werden

 08.05.2025

Hamas-Terror

Netanjahu: 21 Geiseln noch am Leben - Status von dreien unklar

Präsident Trump hat mit Äußerungen, dass drei weitere im Gazastreifen festgehaltene Menschen gestorben seien, für Entsetzen in Israel gesorgt. Nun äußert sich Israels Ministerpräsident Netanjahu

 07.05.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  07.05.2025

Nahost

Syrien angeblich offen für Friedensgespräche mit Israel

Dafür müsse aber erst ein palästinensischer Staat gegründet werden und Israel seit 1967 eroberte Gebiete abtreten, so die islamistischen Machthaber

 07.05.2025

Interview

»Wir brauchen einen Papst, der politisch trittsicher ist«

Nikodemus Schnabel über den interreligiösen Dialog und einen Favoriten des Papst-Konklaves, den er selbst gut kennt

von Michael Thaidigsmann  07.05.2025