Justiz

Netanjahu verteidigt sich im Zeugenstand gegen Korruptionsvorwürfe

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Gerichtssaal in Tel Aviv Foto: copyright (c) Flash90 2024

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist in seinem Korruptionsprozess am Dienstag erstmals in den Zeugenstand getreten und hat die gegen ihn gerichteten Vorwürfe zurückgewiesen. Die Anschuldigungen seien ohnehin ein »Tropfen im Meer« im Vergleich zu den Herausforderungen, mit denen er als Ministerpräsident konfrontiert sei, sagte Netanjahu im vollen Gerichtssaal in Tel Aviv.

Es ist das erste Mal, dass ein amtierender Regierungschef Israels als Angeklagter in einem Strafprozess den Zeugenstand betritt. Netanjahu werden Betrug, Untreue und Bestechlichkeit zur Last gelegt. Er bestreitet ein Fehlverhalten. Die Vorwürfe gegen ihn bezeichnet er als Teil einer Hexenjagd, die von feindlichen Medien und einem voreingenommenen Justizsystem vorangetrieben werde.

Lesen Sie auch

Während seiner Aussage wirkte Netanjahu gelassen. »Hallo«, begrüßte er die Richter. Einer von ihnen eröffnete ihm, er habe dieselben Rechte wie andere Zeugen und dürfe nach eigenem Belieben stehen oder sitzen.

Netanjahu sagte, er sei dazu im Stande, seine Anwesenheit vor Gericht mit seinen Amtspflichten unter einen Hut zu bringen. »Ich habe acht Jahre lang auf diesen Moment gewartet, um die Wahrheit zu sagen.« Mit seiner Aussage werde er »die absurden Vorwürfe« entkräften, gab sich Netanjahu sicher. Er stand an einem Stehpult, im Gerichtssaal saßen unter anderem sein Sohn Avner sowie mehrere Mitglieder seiner Likud-Partei.

Netanjahu verwies in seiner Aussage auf sein Arbeitspensum. Er arbeite täglich zwischen 17 und 18 Stunden und sei in Meetings eingespannt, insbesondere nach dem 7. Oktober 2023.

In dem Prozess geht es um Korruptionsvorwürfe in drei verschiedenen Fällen. Dem 75-jährigen Netanjahu wird unter anderem vorgeworfen, er habe Zigarren und Champagner im Wert von Zehntausenden Dollar von einem Milliardär aus Hollywood angenommen.

Im Gegenzug soll Netanjahu dem Produzenten seine Hilfe bei persönlichen und geschäftlichen Belangen angeboten haben. Zudem wird Netanjahu beschuldigt, sich für Medienunternehmer eingesetzt zu haben, damit deren Medien im Gegenzug positiv über ihn und seine Familie berichteten.

Netanjahu sagte, er habe wegen seines Arbeitspensums kaum Zeit, Zigarren zu Ende zu rauchen. Darüber hinaus hasse er Champagner. Im Vorfeld seiner Aussage hatte sein Anwalt der israelischen Justiz vorgeworfen, die Vorwürfe erfunden zu haben, um Netanjahu in Bedrängnis zu bringen.

Für die Medien seines Landes schien Netanjahu wenig übrig zu haben: »Es hat noch nie so voreingenommene Medien in irgendeiner Demokratie gegeben wie sie es in Israel gibt.«

Die Aussage von Netanjahu sollte sich über mehrere Wochen erstrecken und an drei Tagen in der Woche jeweils sechs Stunden dauern. Damit werden die Gerichtstermine viel Zeit von Netanjahus Arbeitswoche in Anspruch nehmen. Kritiker bezweifelten, dass er gleichzeitig Israel regieren könne.

Der Prozess gegen Netanjahu fand aus Sicherheitsgründen in einem unterirdischen Gerichtssaal statt. Vor dem Gerichtsgebäude protestierten Dutzende Demonstranten, sowohl Unterstützer als auch Gegner Netanjahus. Auf einem Banner war »Verbrechensminister« zu reden. Auch einige Familien von Geiseln der Hamas waren gekommen.

Die Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu sind in Israel zutiefst umstritten. Demonstranten haben seinen Rücktritt gefordert, was er ablehnt. Ein Urteil in dem Prozess wird frühestens 2026 erwartet. ap

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seinem Israel-Besuch die enge Partnerschaft - und hofft auf konkrete Fortschritte bei Trumps Gaza-Plan

von Sara Lemel  06.12.2025

Diplomatie

»Dem Terror der Hamas endgültig die Grundlage entziehen«

Es ist eine seiner bisher wichtigsten Auslandsreisen, aber auch eine der schwierigsten. Kanzler Merz ist für zwei Tage im Nahen Osten unterwegs

 06.12.2025

Jerusalem

Merz trifft Netanjahu und besucht Holocaust-Gedenkstätte

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche von Kanzler Merz - aber auch einer der schwierigsten. In den Beziehungen zu Israel gab es in den letzten Monaten einige Turbulenzen

von Michael Fischer  06.12.2025

Akaba/Jerusalem

Merz zu Nahost-Reise aufgebrochen: Antrittsbesuch in Israel 

Das Renten-Drama ist überstanden, jetzt geht es für den Kanzler erstmal ins Ausland. Heute und morgen steht ein besonderer Antrittsbesuch auf seinem Programm

 06.12.2025

Israel

Drei Brüder werden an einem Tag Väter - von vier Kindern

Zwillinge inklusive: Drei Brüder und ihre Partnerinnen schenken den Großeltern an einem Tag vier Enkel. Wie es zu diesem seltenen Familienglück kam

von Sara Lemel  05.12.2025

Barcelona

Guinness World Records blockiert Bewerbungen aus Israel

Die israelische NGO Matnat Chaim will im kommenden Monat 2000 Nierenspender zusammenbringen. Dieser Rekord wird nicht registriert, da er im jüdischen Staat umgesetzt werden soll

 05.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  05.12.2025

Jerusalem

Netanjahu bezeichnet Korruptionsprozess als »politisch«

»Sie sind nicht an Gerechtigkeit interessiert, sie sind daran interessiert, mich aus dem Amt zu drängen«, so der Ministerpräsident

 05.12.2025

Luftfahrt

EasyJet plant Rückkehr nach Israel

Im Frühling geht es mit zunächst drei Verbindungen zwischen europäischen Städten und dem Ben-Gurion-Flughafen los

 05.12.2025