Kinneret

Mehr Meerwasser

Alles schaut auf den Wasserstand des Kinneret: Aktuell liegt der bei rund 210 Metern. Foto: Flash 90

Der Februar hatte noch einmal die Wende gebracht – zumindest vorläufig. Denn nach einem überdurchschnittlich trockenen Winter sorgten in der fünften und sechsten Kalenderwoche starke Regenfälle dafür, dass es mit dem Wasserpegel des Kinneret wieder nach oben ging. So stieg nach Angaben der zuständigen Behörde der Wasserpegel innerhalb weniger Tage um 18,5 Zentimeter.

Der Wasserstand ist aktuell immer noch bei rund 210 Metern, zwei Meter von der roten Linie entfernt. Es hätte in den vergangenen Monaten noch kräftig regnen müssen, um den Höchststand zu erreichen. In einem solchen Fall wäre die israelische Wasserbehörde dazu gezwungen, den Degania-Damm am südlichen Ende des Kinneret zu öffnen, um Überschwemmungen zu verhindern und Wasser den Jordan hinunter zum Toten Meer fließen zu lassen. Trotz der heftigen Regenfälle war das nicht nötig – ohnehin geschah das zum letzten Mal Anfang der 90er-Jahre.

Dürreperioden Seit Jahrzehnten bereits hat das Auf und Ab des Pegels des Kinneret deshalb Nachrichtenwert in Israel – schließlich hängt ein großer Teil des Landes quasi am Tropf des Süßwasserreservoirs im Norden. Und weil es immer wieder zu Dürreperioden kommt, kann dieser bedrohlich sinken, was dann bei den Verantwortlichen die Alarmglocken schrillen lässt. Besonders akut war die Situation im Jahr 2001, als der See einen historischen Tiefstand von 214,87 Meter unter dem Meeresspiegel erreichte. Auch in den Trockenjahren zwischen 2013 bis 2018 schien die Wasserversorgung zeitweise bedroht.

Seit Jahrzehnten bereits hat das Auf und Ab des Pegels des Kinneret Nachrichtenwert in Israel.

Genau diese Erfahrungen brachte die Experten von Israels Trinkwasserversorgungsgesellschaft Mekorot auf eine Idee, und zwar Wasser von der Küste den Galil bergauf und dann wieder abwärts zu schicken. »Umgekehrter Wassertransport« nennt sich dieses gigantische Infrastrukturprojekt. »Denn das gesamte nicht benötigte Wasser, das unsere Meereswasserentsalzungsanlagen produzieren, können wir mit dem nationalen Versorgungssystem in den Norden und in den Kinneret-See leiten«, skizziert Yoav Barkay Arbel das Ganze.

»Wegen des Klimawandels weiß man ohnehin nicht, was im nächsten und übernächsten Jahr genau zu erwarten ist«, so der Mekorot-Ingenieur.
Dafür wurden weitere Pumpstationen gebaut sowie etwa 30 Kilometer neue Rohre zwischen der nordöstlich von Bethlehem gelegenen Wasseraufbereitungsanlage Eshkol, die wiederum mit den Meeresentsalzungsanlagen entlang der Küste verbunden ist, und dem Flussbett des Bachs Zalmon, der unweit des Kibbuz Ginnossar in den Kinneret fließt, verlegt, ein Großteil davon unterirdisch – Kosten bis dato insgesamt knapp 290 Millionen Euro.

Zum Jahreswechsel wurde das System in Betrieb genommen. »Das ist ein historischer Moment, der in die Annalen der israelischen Wasserwirtschaft eingehen wird«, freute sich Mekorot-Direktor Yitzhak Aharonovich anlässlich der Einweihung.

Stolz Grund zum Stolz darf er haben. Denn Israel ist damit das erste Land auf der Welt, das entsalztes Meerwasser in einen Süßwassersee pumpt. Uri Schorr, ein Sprecher von Mekorot, erklärte, dass die zu transportierende Menge von zwei Faktoren abhängt, und zwar einerseits vom Pegel des Kinneret sowie andererseits dem nicht unmittelbar benötigten Produktionsvolumen der Entsalzungsanlagen, von denen es derzeit fünf gibt. Deshalb würde man in den ersten Jahren nur einige Millionen Kubikmeter in den See leiten.

Wenn die zwei weiteren Entsalzungsanlagen, die derzeit in Planung sind, in Betrieb genommen sein werden, plant Mekorot, satte 100 bis 120 Millionen Kubikmeter kostbares Nass aus den Anlagen entlang der Küste direkt in den Kinneret zu befördern. »Ein Zentimeter des Wasserspiegels des Sees entspricht 1,5 Millionen Kubikmetern, sodass der Pegel um ungefähr einen halben Meter erhöht werden könnte«, weiß Arbel zu berichten.

In den heißen Sommermonaten verdunstet der Kinneret um etwa einen Zentimeter pro Tag, ergänzt Mekorot-Sprecher Schorr. Das Projekt wird das Binnengewässer also nicht in dem Maße auffüllen können, um den Höchststand zu erreichen, aber immerhin verhindern, dass eine problematische Grenze unterschritten wird. Von einem konstanten Level von 211 Metern unter dem Meeresspiegel ist die Rede.

aquifer Es gibt einen weiteren Aspekt, warum sich der Aufwand lohnt. Denn die starken Schwankungen der vergangenen Jahre haben den sogenannten Aquifer, den unterirdischen Grundwasserträgersystemen im Umland des Kinneret, ziemlichen Schaden zugeführt. Während der Dürreperioden kam aus dem See zu wenig frischer Nachschub, was sich negativ auf den Nährstoffkreislauf, also die Algen- und Bakterienbestände, und damit die Stabilität des gesamten Ökosystems auswirken sollte.

»Umgekehrter Wassertransport« nennt sich dieses gigantische Infrastrukturprojekt.

»Stellen Sie sich vor, man lässt Wasser ein Jahr lang in einem Becken stehen«, umreißt Gideon Gal die Problematik. »Sie würden es garantiert nicht trinken wollen«, so der Leiter des Kinneret Limnological Laboratory, das sich mit den biologisch-ökologischen Strukturen von Binnengewässern beschäftigt. »Die Beibehaltung des gleichen Pegels mit Schwankungen von etwa 1,5 Metern im Laufe des Jahres ist daher sehr wichtig für ein stabiles Ökosystem, was sich letztendlich auch auf die Wasserqualität auswirkt.«

Last but not least gilt es, eine Herausforderung geopolitischer Natur zu meistern Denn Israel hat sich im Friedensvertrag mit Jordanien dazu verpflichtet, selbst in Dürrejahren Wasser aus dem Kinneret an das Nachbarland zu liefern. 2021 erst verdoppelte man das darin fixierte Volumen auf 100 Millionen Kubikmeter pro Jahr, was noch einmal demonstriert, wie wichtig der Wasserstand des Kinneret auch im außenpolitischen Kontext ist.

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