Die Feuer in Israel brennen weiter lichterloh. Am Mittwoch brach in den Wäldern zwischen Eschtaol und Latrun westlich von Jerusalem ein massiver Waldbrand aus. Er machte Evakuierungen und Straßensperrungen erforderlich, während sich Tausende im gesamten jüdischen Staat zu den Gedenkfeiern zum Jom Hasikaron versammelten.
Angefacht durch extrem hohe Temperaturen, niedrige Luftfeuchtigkeit und starken Wind breiteten sich die vermutlich vorsätzlich gelegten Feuer extrem schnell aus. Die Polizei evakuierte sechs Gemeinden im Umkreis von 30 Kilometern um Jerusalem, mit rund 7000 Bewohnern, während die Feuerwehr gegen die starken Flammen am Boden und aus der Luft kämpft. Allerdings mussten die Löschflugzeuge größtenteils aufgrund des starken Windes und des Dunstes am Boden bleiben.
Die Behörden sperrten wichtige Verkehrsadern, darunter die Autobahn 1, die Hauptstraße zwischen Tel Aviv und Jerusalem, und die Autobahn 3. Autofahrer verließen ihre Pkw und flüchteten zu Fuß, um sich in Sicherheit zu bringen, als Rauch die Straßen einhüllte.
Viele Menschen gerieten in unmittelbare Gefahr, als sich die Flammen ihren Fahrzeugen näherten. Mehrere Personen mussten mit Rauchvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Temperaturen lagen bei 36 bis 38 Grad
Der israelische Wetterdienst hatte aufgrund des heißen und trockenen Wetters bereits am Morgen eine hohe Brandgefahr gemeldet, vor allem in Zentralisrael. Die Durchschnittstemperaturen betrugen dort zwischen 36 und 38 Grad Celsius.
»Es ist ein Terroranschlag auf Israel«, sagte Eli Beer, der Präsident der Notfallorganisation United Hatzalah, in einem Interview. Er betonte, dass an 20 verschiedenen Orten Brände gelegt sein wurden. Angeblich seien mehrere Personen festgenommen worden. Der israelische Geheimdienst Shin Bet ist an den Ermittlungen zur Ursache der Waldbrände beteiligt.
Insgesamt sind 111 Feuerwehrmannschaften, zehn Löschflugzeuge, zwei Hubschrauber und Spezialfahrzeuge im Einsatz. Zur Koordinierung der Einsätze wurde in Latrun ein zentraler Kommandoposten eingerichtet. Laut Beer helfen derzeit rund 400 Freiwillige der United Hatzalah, zusätzlich zu den 7600 Freiwilligen, die für andere Notfälle auf Abruf bereitstehen.
Der Koordinator für Katastrophenschutz beim Rettungsdienst Magen David Adom, Haim Rafalowski, bezeichnete die Lage als »sehr ernst«. Man hoffe, dass die Feuerwehr die Lage unter Kontrolle bekommt, »damit es nicht zu einer Katastrophe kommt«.
»Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich fette Rauchschwaden. Alles ist grau.«
Während sich das Hauptfeuer von Jerusalem in Richtung Zentralisrael ausbreitet, brachen an verschiedenen Orten in Israel weitere Brände aus. Von den Außenbezirken der Küstenstadt Ashdod bis hin zu Wäldern und Hainen weiter südlich in Richtung der Negev-Wüste wurden Gemeinden in ganz Israel evakuiert.
Durch die Feuer und das extreme Wetter wurden sämtliche Feiern zum 77. Unabhängigkeitstag Israels abgesagt. In Jerusalem, Tel Aviv und anderen Orten waren öffentliche Konzerte und Partys geplant gewesen.
Italien und Kroatien haben mittlerweile drei Flugzeuge zur Unterstützung der Löscharbeiten entsandt, wie das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu bestätigte. Laut dem Außenministerium werde Rumänien ein Löschflugzeug sowie ein Flugzeug zur logistischen Unterstützung entsenden, während auch andere Länder, darunter Frankreich, die Ukraine und Ecuador, Hilfe nach Israel schicken.
Währenddessen laufen am Flughafen Ben Gurion Vorbereitungen für den Empfang des sogenannten »Supertankers«, das größte Löschflugzeug, das aus Griechenland ankommen wird. Auch die Palästinensische Autonomiebehörde bot an, Feuerwehren nach Israel zu senden, wie sie es bereits bei vergangenen Bränden getan hatte.
Es wird erwartet, dass die Brände noch einen Tag lodern
Viele Menschen steckten noch am Abend in Büros fest, obwohl der Arbeitstag am Mittag wegen des Erew Yom Haatzmaut geendet hatte. Wie Dan Paz, der in einem Startup in Modi’in arbeitet und vorhatte, am Nachmittag in seinen Wohnort Hod Hascharon zurückzufahren.
Doch am Abend war der Ingenieur noch immer im Büro. »Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich fette Rauchschwaden. Die Autobahn Nummer 1, die ich sonst immer nehme, ist gesperrt und die Ausweichstraßen sind auch nicht sicher. Wer weiß, wie lange ich hier noch sitze … Ich fahre aber erst los, wenn es keine unmittelbare Gefahr mehr gibt.«
Laut Israels Feuerwehrchef Eyal Caspi wird erwartet, dass die Waldbrände noch einen Tag lodern werden. »Darauf müssen wir uns vorbereiten. Die gefährlichste Straße im Moment ist die Route 1«. Es ist die Hauptverbindungsachse zwischen Tel Aviv und Jerusalem.
»Die Bedingungen verschlechtern sich, und wir hoffen, dass es endlich Mitternacht ist, wenn die Winde abschwächen sollen«, so Caspi. »Alle hoffen, dass die Feuer bis dahin nicht auf eine der Städte übergreifen - und wir sie endlich unter Kontrolle bringen.«