Forschung

Machen Kippen depressiv?

Zigaretten in einem Kiosk in Jerusalem mit Warnungen vor gesundheitlichen Folgen des Rauchens Foto: Flash 90

Die Gesetze werden immer strenger – und doch ist die Zahl der Raucher in Israel höher als im weltweiten Durchschnitt. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) rauchten im Jahr 2018 mehr als ein Viertel oder genau 25,4 Prozent aller Israelis über 15 Jahre, während es weltweit 21,9 Prozent waren. Und das gibt Anlass zur Besorgnis, denn eine aktuelle Studie der Hebräischen Universität in Jerusalem (HU) sieht einen Zusammenhang zwischen Rauchen und Depressionen.

Bereits seit Jahrzehnten warnen Mediziner vor den Gesundheitsrisiken, die durch das Rauchen entstehen. Dabei geht es generell um die physische Gefährdung, zum Beispiel durch Lungenkrebs, Herzkrankheiten, hohen Blutdruck oder für das ungeborene Leben bei Schwangeren.

STUDIE Jetzt veröffentlichte Professor Hagai Levine von der medizinischen Fakultät der HU Forschungsergebnisse zu Risiken für die mentale Gesundheit, die durch Rauchen entstehen können. Die Studie wurde gemeinsam mit Levines Kolleginnen, Tatjana Gazibara von der Universität in Belgrad und der Doktorandin Marija Milic, an der Universität von Priština durchgeführt.

Mehr als 2000 Studenten an serbischen Hochschulen, die aus verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Gruppen stammen, wurden dafür untersucht. Die Zahlen zeigten, dass Studenten, die rauchen, zwei- bis dreimal so oft unter klinischen Depressionen leiden wie ihre nicht-rauchenden Kommilitonen, so die Universität.

Vor allem in Priština war der Unterschied deutlich: Dort berichteten 14 Prozent der Raucher von Depressionen, während es bei Nicht-Rauchern lediglich vier Prozent waren. In Belgrad lagen die Zahlen bei 19 Prozent im Vergleich zu elf Prozent.

VITALITÄT Egal, zu welcher sozialen Gruppe die Untersuchten gehören: Die Raucher unter ihnen zeigten höhere Raten an depressiven Symptomen und erreichten eine niedrigere Punktzahl bei mentaler Gesundheit, unter anderem bei Vitalität und sozialen Fähigkeiten. »Unsere Studie fügt sich in das wachsende Bild von Beweisen, dass Rauchen und Depression eng zusammenhängen«, ist Levine sicher. »Während es vielleicht noch zu früh ist, um zu sagen, dass Rauchen Depressionen verursacht, so scheint es doch, dass Tabak einen gegensätzlichen Effekt auf unsere mentale Gesundheit hat.«

Die Veröffentlichung der Studie fällt in Israel mit einer Gesetzesanpassung für die Tabakkontrolle zusammen, die in vier Stufen durchgesetzt wird. Vor einigen Tagen wurde die dritte Stufe implementiert. Die besagt, dass die Größe der Warntexte auf Zigaretten- und E-Zigaretten- sowie Tabak- und Zubehörpackungen von 30 Prozent der Packung auf 65 Prozent erhöht werden muss.

Außerdem dürfen alle Verpackungen nur noch einheitlich sein und keinerlei spezielle Farbe oder Firmenlogo aufweisen. Darüber hinaus ist es ab sofort untersagt, Rauchwaren in Schaufenstern zu präsentieren.

Rauchende Studenten leiden öfter unter Depressionen als nicht-rauchende Kommilitonen.

Obwohl Israel 2003 das Rahmenwerk der WHO zur Tabakkontrolle (FCTC) unterzeichnete und zwei Jahre später ratifizierte, dauerte es lange, bis alle nötigen Schritte umgesetzt waren. Vor allem die Preisunterschiede zwischen Zigaretten und losem Tabak wurden damals kritisiert.

Für Letzteren waren die Steuern wesentlich geringer und daher nicht ausreichend, damit Konsumenten wegen des hohen Preises Abstand vom Kauf nahmen. Erst nach dem Einschreiten des Obersten Gerichtshofes im Februar 2019 wurde die Besteuerung angepasst, und die Preise für losen Tabak wurden drastisch erhöht.

ARMEE Ein außerordentlicher Faktor für das Rauchen scheint in Israel die Armee zu sein. Eine Studie von 2017 zeigte Besorgniserregendes: Während 36,5 Prozent aller jungen Leute, die ihre Zeit bei der Armee beendeten, rauchten, hatten lediglich 26,2 Prozent ihren Militärdienst als Raucher begonnen.

Auch Ophir Rose fing an, als er in einer Kampfeinheit diente. »Die Zeit bei der Wache ging einfach nicht rum, ich bin manchmal fast verrückt geworden. Dann bot mir ein Kamerad eine Zigarette an, und tatsächlich war es damit irgendwie einfacher. Natürlich ist das nur eine Illusion, aber man hangelt sich von Kippe zu Kippe. Ich bin mir sicher, dass der Druck und die Langeweile in der Armee Faktoren sind, die viele in die Abhängigkeit von Zigaretten bringen. Bei mir war es definitiv so.«

Ende 2017 startete die Aktion »Gesundes, rauchfreies Israel«, bei der beispielsweise Kommandierende nicht mehr vor ihren Untergebenen rauchen dürfen.

Jetzt ist der 24-Jährige Student und raucht noch immer. »Ich würde so gern davon loskommen. Aber ich schaffe es leider nicht.« Mittlerweile arbeiten die Israel Defense Forces (IDF) daran, das Rauchen in ihren Reihen stark einzuschränken. Ende 2017 startete die Aktion »Gesundes, rauchfreies Israel«, bei der beispielsweise Kommandierende nicht mehr vor ihren Untergebenen rauchen dürfen.

verkauf Schrittweise soll auch der Verkauf von Tabakprodukten in Armeebasen verboten und die Anlagen zu durchweg rauchfreien Zonen erklärt werden. Zudem gibt es verschiedene Programme, die Soldaten helfen sollen, mit dem Rauchen aufzuhören.

Levine findet, dass dies ein wichtiger Schritt ist, der jedoch nicht weit genug gehe. »Ich dränge Universitäten, die Gesundheit ihrer Studenten zum obersten Gebot zu machen, indem sie rauchfreie Hochschulen schaffen. Dabei muss nicht nur das Rauchen auf dem Campus verboten werden, sondern zudem jegliche Werbung für Zigaretten.«

Zusammen mit Maßnahmen, die gegen psychische Erkrankungen vorbeugen und diese behandeln – und dazu gehört auch die Sucht – könnte das Regelwerk eine Menge bewirken, meint der Wissenschaftler: »Damit die schädlichen Auswirkungen, die das Rauchen auf unseren körperlichen und mentalen Zustand hat, weiter bekämpft werden.«

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