Bis zuletzt hatten Ayelet und Kobi Samerano inständig gehofft, dass ein Wunder geschieht. »Wir haben nie eine offizielle Bestätigung bekommen, dass unser Jonathan tot ist«, sagte Ayelet, Mutter der Geisel Jonathan Samerano, noch vor wenigen Wochen. Am Sonntag aber wurde es traurige Gewissheit: Der junge Israeli ist tot. Ermordet von Terroristen der Hamas. Einen Tag zuvor hatte die israelische Armee seine Leiche und die der Verschleppten Ofra Keidar und Shay Levinson in Gaza geborgen.
Jonathan war 21 Jahre alt, als er mit zwei Freunden am 6. Oktober zum Nova-Musikfestival in der Nähe des Kibbuz‹ Re’im ging. Er war DJ und liebte die Musik. »Und er war immer der Mittelpunkt jeder Party«, so seine Mutter, »ein fröhlicher, lebenslustiger junger Mann, der niemandem etwas zuleide tat«.
Seine Freunde und er schafften es noch, vor den mörderischen Horden in den Kibbuz Be’eri zu fliehen, als die Hamas die Party stürmte und die jungen Menschen abschlachtete. Doch auch der Kibbuz war alles andere als ein sicherer Ort. Die drei Israelis wurden von Terroristen erschossen, Jonathan entführt. Es ist nicht klar, ob er zu dem Zeitpunkt bereits tot war.
UNRWA entführte den jungen Israeli Jonathan Samerano
Aufnahmen von Sicherheitskameras in Be’eri zeigen, wie zwei Terroristen Jonathan in ein Auto zerren. Einer der beiden, stellte sich später heraus, war ein Lehrer bei der UNRWA. Immer wieder hatten seine Eltern an die Vereinten Nationen appelliert: »UNRWA hat unseren Sohn entführt. Wo ist er?«
Die israelischen Streitkräfte und der israelische Geheimdienst Shin Bet erklärten in einer gemeinsamen Erklärung, sie hätten am Samstag die Leichen dreier israelischer Geiseln, die am 7. Oktober 2023 getötet worden waren, aus dem Gazastreifen geborgen. Bei ermordeten Israelis handelt es sich zudem um Ofra Keidar und Shay Levinson.
Ofra Keidar wurde aus dem Kibbuz Be’eri entführt. Ihr Ehemann Schmuel Keidar wurde ebenfalls am 7. Oktober bei dem Massaker der Hamas in südlichen Gemeinden ermordet. Sie war Mutter von drei erwachsenen Kindern. Man geht davon aus, dass sie das erste Mitglied des Kibbuz war, das getötet wurde, als die Hamas die Gemeinde überrannte.
Botschafter Steffen Seibert: »Shay Levinson, ein Deutsch-Israeli, war 19, als ihn die Hamas am 7. Oktober ermordete.«
Die Israelin war auf ihrem Morgenspaziergang und telefonierte währenddessen mit ihrem Sohn Elad und ihrer Schwiegertochter Inbar, als die ersten bewaffneten Terroristen auf Motorräder heranrasten und sie erschossen, berichtete ihr Sohn im öffentlich-rechtlichen Sender Kan. Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie 71 Jahre alt.
Auch die Leiche von Stabsfeldwebel Shay Levinson wurde am Samstag zurück nach Hause gebracht. Er war Panzerkommandant, wurde von Hamas-Terroristen bei Kämpfen getötet und anschließend nach Gaza verschleppt.
Der 19-jährige Levinson lebte in der Gemeinde Givat Avni im Norden Israels. Sein Bruder Ben beschreibt ihn als freundlich und voller Humor. »Er war der Klebstoff, der den Freundeskreis zusammenhielt.« In der siebten Klasse seien Shay und sein Bruder Mitglied einer Volleyballmannschaft in der benachbarten christlichen Stadt Ilabun geworden. Shay lernte extra Arabisch, um besser mit seinen Mitspielern sprechen zu können. »Er glaubte an die Koexistenz und liebte seine Teammitglieder«, so sein Bruder. »Und sie liebten ihn auch.«
Shay war deutsch-israelischer Doppelstaatsbürger. »Er war 19, als die Hamas ihn am 7. Oktober ermordete«, schrieb der deutsche Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert auf X. »Ich habe gerade mit seinem Vater gesprochen. Unsere Herzen sind mit seiner Familie und allen anderen, die auf die Rückkehr ihrer Liebsten warten.« Es müsse einen Deal geben, so Seibert weiter, »um die Geiseln herauszuholen und diesen Krieg zu beenden.
Noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas
Derzeit befinden sich noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen. 20 von ihnen sollen noch am Leben sein, alles jüngere Männer.
Der Vater von Jonathan, Kobi Samrano, schrieb am Sonntagmorgen in einem Beitrag in den sozialen Netzwerken, dass sein Sohn am Abend zuvor bei einer Operation der israelischen Armee und des Shin Bet geborgen worden sei. »Gestern war das hebräische Datum von Jonatis 23. Geburtstags«, postete er. Und vom ersten Moment an habe er fest daran geglaubt, dass »unsere Armee ihn zurückbringen wird«.
»Wir hatten das Privileg, 21,5 Jahre lang an deiner Seite zu leben, und heute erstrahlst du in einem neuen Licht«, schrieb sein Vater weiter. »Du bist zu uns zurückgekehrt, geliebter Sohn, eingehüllt in das Licht des Mutes und des Glaubens einer ganzen Nation.«