Jerusalem

Krawall an der Kotel

Tumultartige Szenen haben sich am frühen Freitagmorgen vor der Kotel in Jerusalem abgespielt. Tausende ultraorthodoxe Demonstranten wollten Frauen davon abhalten, Gebetsschal und andere religiöse Utensilien zu benutzen. Seit Jahren tobt ein Streit an der Westmauer, wer wie und wo beten darf.

Nach einem bahnbrechenden Gerichtsurteil vom 27. April dürfen Frauen an der Kotel in Tallit und Tefillin beten, ohne befürchten zu müssen, von der Polizei abgeführt zu werden. Das Urteil besagt, das Gebet der Frauen es verletze »keinen lokalen Brauch«.

Davon haben sie nun Gebrauch gemacht. Hunderte kamen zum höchsten Heiligtum des Judentums, um den Beginn des jüdischen Monats Siwan zu begehen. Doch offenbar hatten ultraorthodoxe Rabbiner ihre Anhänger zuvor aufgefordert, am Freitagmorgen nach Jerusalem zu pilgern, um die Frauen von ihrem Vorhaben abzubringen. Es waren Tausende vor allem jugendliche ultraorthodoxe Juden, die das versuchten.

Frauensektion Ohne Erfolg. Zwar flogen Steine, Wasserflaschen – und wilde Verwünschungen, doch die Polizei war an diesem Morgen da, um die Frauen bei ihrem egalitären Gottesdienst zu schützen statt zu verhaften. Sie bildeten einen menschlichen Schutzwall um die Beterinnen in der Frauensektion.

Einige Extremisten wurden festgenommen, weil sie »den Frieden störten«, indem sie Stühle und Ähnliches auf die Frauen werfen wollten. »Niemand wollte, dass es so weit kommt«, erklärte Kotel-Rabbiner Schmuel Rabinowitz nach den Krawallen. »Ich fordere alle auf, die Wand aus jeglichem Streit herauszuhalten.«

Polizeischutz Dabei war es gerade Rabinowitz gewesen, der es der Gruppe »Women of the Wall« jahrelang untersagt hatte, auf ihre Art zu beten. Nun fordert er Regierungschef Benjamin Netanjahu und Religionsminister Naftali Bennett auf, eine Lösung zu finden.

Nachdem die Frauen ihren Gottesdienst beendet hatten, mussten sie unter Polizeischutz zu den Bussen geleitet werden, die vor den Toren der Altstadt warteten. Immer wieder versuchten Fanatiker, die Barrikaden der Sicherheitsbehörden zu durchbrechen. Die Polizeibeamten wurden als »Nazis« beschimpft.

»Ich hoffe wirklich, dass im nächsten Monat eine neue Lösung gefunden wird«, so der Polizeichef der Stadt Jerusalem, Jossi Parienti, »denn es ist nicht schön, die Kotel so zu sehen. Es war wie ein Schlachtfeld«.

Lesen Sie dazu auch unser Interview mit Anat Hoffman:

www.juedische-allgemeine.de/israel/die-klagemauer-ist-fuer-alle-juden-da

Hintergrund

Das steckt hinter »Katargate«

Die Affäre um vermeintliche Zahlungen von Doha an Netanjahu-Berater und Medien-Leaks zieht immer weitere Bahnen

von Sabine Brandes  30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Afrika

Somalier protestieren gegen Israel

Sprechchöre, geschlossene Unis, kämpferische Reden: In Somalia entlädt sich Wut über Israels Anerkennung von Somaliland. Die Proteste ziehen sich quer durch die Gesellschaft.

 30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Jerusalem/Fremont

Benjamin Netanjahu spricht mit Elon Musk über KI-Zukunft Israels

Im Mittelpunkt stand die strategische Ausrichtung Israels im Bereich künstlicher Intelligenz. Netanjahu will das Land technologisch an die Weltspitze führen

 30.12.2025

Jerusalem

Mikwe aus der Zeit des Zweiten Tempels unter der Klagemauer entdeckt

Der Fund gilt als eindrucksvoller archäologischer Beleg für die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 nach Christus

 30.12.2025

Schicksalbericht

»Der Terrorist betete, dass mein Kind stirbt«

Der 36-jährige Elkana Bohbot spricht zum ersten Mal über seine persönlichen Erlebnisse als Hamas-Geisel in Gaza

von Sabine Brandes  30.12.2025

Medizin

Studie aus Tel Aviv: Hautkrebs setzt Immunsystem gezielt außer Gefecht

Weltweit sterben jährlich 57.000 Menschen an Melanomen. Die neuen Erkenntnisse aus Israel könnten Medizinern helfen, diese Krebsform zu bekämpfen

 30.12.2025

Jerusalem

Knesset beschließt Gesetz gegen Versorgung von UNRWA-Einrichtungen

Israel wirft der UN-Organisation eine Nähe zur Hamas vor. Jetzt werden ihr der Strom, das Wasser und die Datenverbindungen gekappt

 30.12.2025