Im Ringen um eine vorübergehende Waffenruhe im Gaza-Krieg wollen die Vermittlerstaaten kurz vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan mit aller Macht doch noch eine Einigung zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas erzielen.
Die USA brachten im Weltsicherheitsrat einen veränderten Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einer »sofortigen Waffenruhe« ein. In der Beschlussvorlage für das mächtigste UN-Gremium heißt es, es brauche »zügig und dringend eine Vereinbarung über einen sofortigen Waffenstillstand von etwa sechs Wochen in Gaza und die Freilassung aller Geiseln«.
Der Text lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Am selben Tag wurde ein Lastwagenkonvoi mit Lebensmitteln für die Menschen im Norden des Küstenstreifens nach Angaben des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen von israelischen Soldaten abgewiesen und anschließend von einer verzweifelten Menschenmenge geplündert.
Von Feuerpause zu Waffenruhe
Israel sagt hingegen, es gebe keine Beschränkungen in Hinblick auf humanitäre Hilfslieferungen. Verzögerungen bei den Lieferungen würden durch andere Probleme verursacht. Hinzu kommt: Abgewiesene Lastwagenkonvois - sollte es sie geben - können in Gaza nicht geplündert werden, da sie das Gebiet nicht erreichen.
Jordanien, die USA und weitere Nationen sorgen derweil für zusätzliche Hilfslieferungen aus der Luft. So soll die schwierige Situation, in die die Bewohner Gazas von ihrer Führung, der Terrororganisation Hamas, hineingebracht wurden, zumindest ein Stück weit gelindert werden.
US-Präsident Joe Biden betonte am Dienstag, eine vorübergehende Waffenruhe vor dem in wenigen Tagen beginnenden Ramadan sei dringend nötig. Um Zeit für Gespräche über eine längere Waffenruhe zu gewinnen, schlugen die Unterhändler der USA, Katars und Ägyptens laut der US-Zeitung »Wall Street Journal« in Kairo eine erst mal kurze Feuerpause vor.
»Geisel-Deal in den Händen der Hamas«
Die Gespräche in Ägyptens Hauptstadt sollen am Mittwoch weitergehen. »Wenn wir in Umstände geraten, unter denen das bis Ramadan weitergeht, dann könnte es sehr, sehr gefährlich werden«, sagte Biden im US-Bundesstaat Maryland. Der Ramadan beginnt um den 10. März. »Der Geisel-Deal ist im Moment in den Händen der Hamas«, ergänzte Biden.
Israel und einige Unterhändler glaubten, dass die Hamas die Kämpfe eskalieren lassen wolle, um die Spannungen in der ganzen Region während des für Muslime heiligen Fastenmonats anzuheizen, schrieb das »Wall Street Journal«.
Die Hamas, deren offiziell erklärtes Ziel es ist, Israel zu vernichten, verweise ihrerseits auf die Drohung desselben Staates, die geplante Bodenoffensive in Rafah an der Südgrenze Gazas zu starten, falls bis zum Ramadan keine Einigung zustande kommt. Israel will in Rafah die letzten verbliebenen Bataillone der Hamas zerschlagen und die über 100 verbleibenden Geiseln befreien.
Beten auf dem Tempelberg
Um eine Eskalation der Spannungen zwischen Israelis und überwiegend muslimischen Palästinensern zu verhindern, will Israels Regierung Muslimen im Ramadan das Beten auf dem Jerusalemer Tempelberg vorerst ermöglichen. Während des Ramadan werde ihnen der Zugang zu den Heiligtümern ähnlich wie in den vergangenen Jahren gewährt, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstagabend mit.
Allerdings werde die Sicherheitslage wöchentlich neu bewertet. Rechtsextreme Koalitionspartner von Netanjahu hatten verlangt, den Zugang der Muslime zum Tempelberg im Ramadan massiv einzuschränken. Die Armee und Geheimdienste rieten hingegen davon ab. Derartige Einschränkungen könnten eine explosive Situation heraufbeschwören, argumentierten sie. Der Tempelberg, auch Haram al-Scharif genannt, ist sowohl Juden als auch Muslimen heilig.
Während des Ramadan sollen nach libanesischen Angaben auch indirekte Gespräche im Konflikt zwischen Israel und der mit der Hamas verbündeten Terrororganisation Hisbollah im Süden Libanons beginnen. Das kündigte der geschäftsführende libanesische Regierungschef Libanons Najib Mikati nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur NNA am Dienstag an.
Diplomatische Lösung im Norden?
Libanesische Beamte prüften einen Vorschlag des US-Gesandten Amos Hochstein, eines Beraters von US-Präsident Joe Biden, der am Tag zuvor zu Gesprächen in der libanesischen Hauptstadt Beirut gewesen war. Es gehe um eine diplomatische Lösung zwischen der Hisbollah und Israel, hieß es.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs hatte die Hisbollah Israel immer wieder mit Raketen angegriffen. Die Streitkräfte (IDF) reagieren regelmäßig auf diese Attacken. dpa/ja