Jerusalem

Koalition in der Krise

In der Koalition brodelt es. Der Stein des Anstoßes liegt in den illegalen jüdischen Siedlungen auf palästinensischem Gebiet. Vor allem aber geht es um Amona in der Nähe von Ramallah. Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem hatte vor gut zwei Jahren geurteilt, dass die Häusergruppe bis zum 25. Dezember abgerissen werden muss.

Der Koalitionspartner Jüdisches Haus (Israel Beiteinu) um Bildungsminister Naftali Bennett aber will das partout nicht akzeptieren. Zu Wochenbeginn brachte er einen Gesetzesentwurf ein, der die illegalen Siedlungen im Westjordanland rückwirkend legalisieren soll – gegen den ausdrücklichen Willen von Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Die der Siedlerbewegung nahestehende Partei Jüdisches Haus will die Änderung, die den Namen »Regulations- oder Normalisierungsgesetz« trägt, jedoch um jeden Preis durchdrücken. Dafür gehen Bennett und seine Kollegin, die Justizministerin Ayelet Shaked, auf totalen Konfrontationskurs mit dem Regierungschef. Benjamin Netanjahu und Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit sind allerdings strikt gegen das Papier. Der Ministerpräsident bezeichnete die Einbringung der Vorlage sogar als »unverantwortlich«. Die Parteien stehen sich stur gegenüber. Wie es aussieht, wird keiner von seiner Position abweichen.

Container Aktuell geht es um die illegale Ansiedlung Amona im palästinensischen Westjordanland. Der Oberste Gerichtshof hatte entschieden, dass die Dutzend Containerhäuser, die im Osten von Ramallah auf privatem palästinensischen Land aufgestellt sind, demoliert werden müssen.

Bislang lebten rund 40 Familien auf dem 1995 ohne Genehmigung gegründeten und größten aller illegalen Outposts. Eine teilweise Evakuierung vor zehn Jahren führte zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen den Bewohnern und Sicherheitskräften. Seitdem hatte ein eine Dekade andauerndes Gezerre vor Gericht eine weitere Räumung verhindert. 2008 zog eine Gruppe Palästinenser vor den Gerichtshof und forderte, die Siedlung abzureißen, weil sie sich auf ihrem privaten Land befinde. Sie bekam Recht, das Abrissdatum und eine Entschädigungssumme in Höhe von rund 75.000 Dollar wurden festgesetzt. Der 25. Dezember galt als Tag X.

Selbst wenn das neue Gesetz eine Mehrheit in der Knesset erhalten sollte – Amona kann es nicht mehr retten. Am Dienstag entschied der Oberste Gerichtshof gegen eine Petition zur Verschiebung des Abrisstermins, die von der Regierung eingebracht wurde. In wenigen Wochen werden die Bagger anrücken, und die Politiker zittern schon jetzt vor der Gewalt, die ausbrechen könnte.

Legalisierung
Andere Outposts aber könnten durch das Gesetz legalisiert werden. Doch auch das will Netanjahu nicht. Er bezeichnete Bennett als »kindisch und verantwortungslos«. Tatsache jedoch ist, dass der Ministerpräsident den Vorschlag nicht blockiert hat – wozu er durchaus die Macht hätte. Zu stark ist mittlerweile die Siedlerbewegung für das Funktionieren seiner Koalition geworden.

Stattdessen versuchte Netanjahu, andere Kabinettsminister zu motivieren, sich dagegen zu entscheiden. Doch trotz der beschwörenden Worte stimmten verschiedene Likud-Minister für den kontroversen Vorschlag. Dieser muss zwar noch die Knesset durchlaufen, doch ist der Weg durch die Unterstützung der Koalitionsminister geebnet. Einer, der sich vehement dagegen ausgesprochen hatte, ist Generalstaatsanwalt Mandelblit. Er sagte im Armeeradio Galei Zahal: »Diese Gesetzgebung verstößt gegen internationales Recht und wäre vor dem Obersten Gerichtshof in keiner Weise zu verteidigen.«

Auch Verteidigungsminister Avigdor Lieberman machte klar, dass er nichts von der Initiative hält: »Jeder, der sich um die Zukunft der Siedlungen sorgt, versteht, dass es im Moment das Wichtigste ist, unsere Positionen mit der neuen amerikanischen Regierung abzustimmen. Es ist das erste Mal, dass eine rechte Regierung in Israel mit einem republikanischen Präsidenten zusammenarbeitet und auch die Mehrheiten in Senat und Kongress republikanisch sind. Wir dürfen daher keine Fakten schaffen und die ankommende Verwaltung beschämen. Alles muss vereinbart und abgestimmt sein.«

USA Die Noch-Regierung in Washington äußerte sich zum Gesetzesvorschlag und bezeichnete ihn als »zutiefst besorgniserregend«. Bennett jedoch gab sich am Ende des Tages triumphierend und beschwor den »historischen Prozess, die Siedlungen in Judäa und Samaria zu legalisieren«. Judäa und Samaria, die Bezeichnung aus der Tora für das Westjordanland, werden benutzt, um den biblischen Anspruch auf das Gebiet deutlich zu machen. Bildungsminister Bennett dankte Netanjahu und den Likud-Kollegen sogar dafür, »dass sie die Verantwortung übernommen haben, um für den nationalen Traum zu stimmen«.

Die linksliberale Tageszeitung Haaretz schrieb in einem beißenden Kommentar über den Regierungschef: »Seine vierte Amtsperiode ist damit vorbei. Er kann sich freiwillig entscheiden, weiterzumachen und als Leiter von Bennetts Regierung fungieren.« Für Netanjahu könnte sich Amona vom »nationalen Traum« in einen wahren Albtraum verwandeln.

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