Das israelische Parlament in Jerusalem stimmt am Mittwoch über einen Vorstoß der Opposition zu seiner Auflösung ab. Es ist die erste von insgesamt vier Lesungen. Die strengreligiösen Koalitionspartner des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu könnten dabei mit der Opposition stimmen. Hintergrund ist ein Streit um den Entwurf eines Gesetzes, das dafür sorgen soll, dass mehr streng religiöse Männer den Wehrdienst ableisten.
Das Parlament würde sich aber nur dann auflösen, wenn der Vorstoß insgesamt vier Lesungen passiert - eine vorläufige Abstimmung am Mittwoch und drei weitere Lesungen bis zur endgültigen Billigung. Dafür ist in letzter Lesung eine Mehrheit von mindestens 61 der 120 Abgeordneten notwendig. In dem Fall der Billigung müsste eine Neuwahl frühestens 90 Tage und spätestens fünf Monate danach stattfinden.
Es gilt allerdings als möglich, dass die ultraorthodoxen Parteien zunächst mit der Opposition stimmen, um den Druck auf Netanjahu zu erhöhen, dann aber bei Konzessionen zu einem späteren Zeitpunkt wieder einlenken. Netanjahu und seine Vertrauten bemühten sich zuletzt in Vermittlungsgesprächen intensiv um eine Lösung der Krise in den Beziehungen zu den strengreligiösen Parteien.
Gespaltene Koalition
Die Regierung verfügt gegenwärtig über eine Mehrheit von 68 von 120 Sitzen im Parlament. Die ultraorthodoxe Schas-Partei hat elf Sitze, das Vereinigte Tora-Judentum sieben. Netanjahus Regierung würde die Mehrheit im Parlament verlieren, sollten sie aus der Koalition austreten.
Laut Meinungsumfragen könnten im Fall einer Neuwahl Netanjahus politische Gegner die Mehrheit gewinnen. Regulär soll die nächste Wahl erst im Oktober kommenden Jahres stattfinden.
Streng religiöse Männer waren in Israel jahrzehntelang von der Wehrpflicht befreit. Diese Ausnahmeregelung lief jedoch im vergangenen Jahr aus. Der israelischen Regierung gelang es nicht, ein neues Gesetz zu verabschieden, um diesen Sonderstatus für die Ultraorthodoxen zu zementieren. Der Oberste Gerichtshof erließ schließlich im Sommer 2024 ein Urteil, wonach ultraorthodoxe Männer zum Wehrdienst einzuziehen sind.
Frauen und Männer
Viele ultraorthodoxe Juden empfinden den Militärdienst als Bedrohung ihres frommen Lebensstils, unter anderem weil Frauen und Männer gemeinsam dienen.
Die Armee hatte aber angesichts des langen Kriegs gegen die Hamas im Gazastreifen eindringlich vor einem drastischen Mangel an kampffähigen Soldaten gewarnt. Zudem empfinden es viele Israelis als ungerecht, dass ultraorthodoxe Juden vom Dienst an der Waffe und gefährlichen Kampfeinsätzen ausgenommen sind. dpa/ja