Fundstück

Kleingeld retour

Vorder- und Rückansicht der Bronzemünze Foto: Israelmuseum

Haim Gitler traf den Freund eines Freundes auf einen Kaffee. »Würdest du meinen Kollegen treffen, der zu Besuch nach Israel kommt?«, schrieb Carsten Dahmen vom Berliner Münzkabinett vor einigen Monaten an den Chefkurator für Numismatik im Israel-Museum in Jerusalem. »Sicher«, erwiderte Gitler, »ich treffe gern nette Menschen und nahm an, ich soll ihm die Ausstellung zeigen«. Dass das Treffen mit einem fantastischen Geburtstagsgeschenk endete, hätte der Israeli nicht erwartet.

Denn der Besucher, Tonio Sebastian Richter, Professor am Ägyptologischen Seminar der Freien Universität Berlin, hatte an diesem Februartag etwas Besonderes in der Tasche. »Er sprach darüber, wie gern er in Israel sei und dass er einen Artikel über eine außergewöhnliche Münze veröffentlicht hatte.

Dann sagte er, dass er das vorgestellte Exemplar dem Israel-Museum übergeben möchte.« Gitler, der auch Präsident der israelischen Numismatik-Gesellschaft ist, freute sich. Doch dass Richter die Münze direkt aus der Tasche zog und auf den Tisch in der Cafeteria legte, machte ihn für einen Moment sprachlos. »Sebastian übergab sie ganz ohne Konditionen, es ging ihm nicht darum, seinen Namen irgendwo zu sehen. Er wollte sie zurückgeben, weil er spürte, dass das Israel-Museum der rechtmäßige Eigentümer ist. Ich war begeistert.«

Grünspan 27 Jahre zuvor hatte Richter als Student bei einer Reise ins Heilige Land ein Objekt auf dem Boden liegen sehen und mitgenommen. Da aber wusste er nicht, dass es sich überhaupt um eine Münze handelt. Richter erzählt per Telefon aus Berlin: »Ich fand im Sommer 1991 ein gerundetes Stück Metall außerhalb der Stadtmauern von Jerusalem, beide Seiten waren blank und mit Grünspan überzogen.

Als Hobby-Numismatiker kannte ich die für diese Region gängigen Größen, Dicken und Randbeschaffenheiten. Aber dieses Exemplar erinnerte mich nicht an judäische, römische oder byzantinische Arten. Ich behandelte das Metall mit Essig, um den Be- lag zu lösen. Ohne Erfolg. Also nahm ich das seltsame, undefinierbare runde Stück mit nach Hause.«

Zurück in Deutschland wiederholte er das Experiment mit einer anderen Essigsorte, und zum Vorschein kamen Prägungen auf beiden Seiten. »Ich war mir sicher, dass ich eine recht gut erhaltene Stadtmünze von Ascalon in den Händen hielt.« Ein Kollege und Experte für Münzen bestätigte die Vermutung. Jedoch konnten sie kein ähnliches Exemplar in Katalogen finden. »Und da begann sich mein Gewissen zu regen. Eine Münze zu finden, die in der Wissenschaft noch nicht beschrieben ist, war ein Schock.«

Aurelius Tatsächlich handelt es sich bei dem antiken Geldstück um eine Seltenheit. »Es ist ein sogenanntes Medaillon und keine gewöhnliche Münze für alltägliche Transaktionen«, weiß Gitler heute. Medaillons sind größer und wurden in kleinen Auflagen für spezielle Anlässe geprägt. Mittlerweile gehen die Numismatiker davon aus, dass dieses Bronze-Exemplar der Reise des römischen Kaisers Marcus Aurelius durch die Ostgebiete galt.

Das Antlitz auf dem Metall sei aber nicht Marcus Aurelius, sondern dessen Sohn Commodus, der bei dieser Reise als zukünftiger Herrscher eingeführt und dem Volk vorgestellt wurde, erklärt der Spezialist aus Jerusalem. »Zu dessen Ehren wurden diese Münzen wahrscheinlich hergestellt – und eine davon haben wir nun im Museum.« Ausgestellt wird das Fundstück schon bald: Ab 10. Juli zeigt das Israel-Museum im Rockefeller-Museum für Archäologie die Ausstellung »Das Ende der 30-jährigen Ausgrabungen der Leon-Levi-Expedition in Aschkelon«. Gitler freut sich: »Das Timing ist perfekt.«

Gesetz Zwar gibt es seit 1978 ein Gesetz, nach dem alles, was in Israel gefunden wird, automatisch dem Staat gehört, doch der Museumskurator differenziert: »Sebastian hat ja nicht gegraben und nach etwas gesucht, sondern ein Objekt auf dem Boden gefunden, von dem er nicht wusste, was es ist, und es mitgenommen.« Eine Strafe gibt es dafür nicht. Im Gegenteil, alle sind glücklich, dass der deutsche Professor das rare antike Stück an das Museum übergab.

»Als ich älter wurde und meine jugendliche Naivität überwunden hatte, wurde mir immer klarer, dass ich diese Münze von Ascalon nicht besitze, sondern nur verwalte. Ich wollte sie bei meiner nächsten Reise nach Israel zurückgeben«, so der Berliner Ägyptologe. Das tat er dann auch. »Ich bin glücklich, dass ich meine Sammlung von diesem unrechtmäßigen Eigentum bereinigen und es an den besten Aufbewahrungsort geben kann – das Israel-Museum zu seinem 50. Geburtstag«, schrieb er in einem Begleitbrief bei der Übergabe. Noch am selben Tag wurde das Stück im Museum inventarisiert. Ein schöner Moment für ihn: »Das war wunderbar und genau das, was ich wollte.« Und die Ausstellung zeigte ihm der israelische Kollege im Anschluss natürlich auch noch.

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