Jerusalem

Israels Regierung stimmt Gaza-Abkommen mit Hamas zu

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu (r.) mit Finanzminister Bezalel Smotrich (Archiv) Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Nach dem Durchbruch bei den Verhandlungen über eine Beilegung des Gaza-Kriegs hat auch das israelische Kabinett dem Abkommen mit der islamistischen Terrororganisation Hamas nun auch offiziell zugestimmt. Das teilte das Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu nach einer mehrstündigen Sitzung in der Nacht zu Freitag mit.

Trotz des Widerstands einiger rechtsextremer Regierungsmitglieder war mit dem Mehrheitsbeschluss des Kabinetts gerechnet worden. Zuvor hatte sich bereits das israelische Sicherheitskabinett zu Beratungen getroffen.

Israel und die Hamas hatten bei indirekten Gesprächen im ägyptischen Küstenort Scharm el Scheich eine Einigung über die erste Phase des jüngst von US-Präsident Donald Trump vorgestellten Friedensplans erzielt. Neben den Vereinigten Staaten waren auch Katar, Ägypten und die Türkei als Vermittler an den Verhandlungen beteiligt. Die Führung der Hamas erklärte den Gaza-Krieg nach dem Verhandlungsdurchbruch in Ägypten für beendet. 

Fast zeitgleich mit der Erklärung von Netanjahus Büro teilte das Weiße Haus mit, die USA wollten die Einhaltung der angestrebten Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas mit eigenen Truppen unterstützen. Die für die Region zuständige Kommandozentrale des US-Militärs (Centcom) werde 200 Soldaten bereitstellen, die allerdings nicht im Gazastreifen eingesetzt würden, erklärten hochrangige US-Regierungsbeamte in einem Telefonat mit Reportern. 

Es gehe darum, ein gemeinsames Kontrollzentrum zu errichten, an dem auch Streitkräfte aus Ägypten, Katar, der Türkei und wahrscheinlich auch der Vereinigten Arabischen Emirate beteiligt sein sollen, hieß es weiter. Das Zentrum solle die verschiedenen Sicherheitskräfte zusammenführen und Einsätze mit der israelischen Armee abstimmen. Wo genau die Soldaten stationiert sein sollen, werde noch ermittelt und später bekanntgegeben.

Die Abmachung sieht vor, dass alle Geiseln in der Gewalt der Hamas und anderer islamistischer Terrororganisationen ausgehändigt werden sollen. Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sind – darunter auch deutsche Staatsbürger.

Laut israelischen Medien könnten die Geiseln am Samstag, Sonntag oder Montag freigelassen werden. Der Friedensplan sieht eine Frist von 72 Stunden nach Inkrafttreten der Vereinbarung vor.

»Wir haben in diesen zwei Jahren gekämpft, um unsere Kriegsziele zu erreichen«, sagt Israels Ministerpräsident Netanjahu während der Kabinettssitzung an der Seite des US-Sondergesandten Steve Witkoff und des Schwiegersohns des US-Präsidenten, Jared Kushner. »Eines der zentralen Kriegsziele ist die Rückkehr der Geiseln, aller Geiseln, der Lebenden und der Toten. Und wir sind dabei, dieses Ziel zu erreichen.«

Israels Armee soll sich vor der Geisel-Freilassung auf eine vereinbarte Linie zurückziehen. Im Gegenzug für die Aushändigung der Verschleppten muss Israel laut dem Abkommen rund 250 wegen schwerer Straftaten zu lebenslanger Haft verurteilte palästinensische Häftlinge freilassen. Außerdem sollen etwa 1700 weitere Palästinenser freikommen, die nach dem 7. Oktober 2023 inhaftiert wurden. Unklar war zunächst, um welche Häftlinge es sich handelt. Dies war einer der Streitpunkte bei den Gesprächen in Ägypten.

Das Abkommen über die erste Phase der Waffenruhe im Gazastreifen werde zu einem Ende des Krieges, zur Freilassung der Geiseln und palästinensischer Gefangener sowie zur Einfuhr von Hilfsgütern führen, schrieb der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid al-Ansari, auf der Plattform X. »Die Einzelheiten werden später bekanntgegeben.«

Andere strittige Punkte dürften später verhandelt werden. Es gibt noch mehrere offene Fragen. Die Hamas hat sich unter anderem nicht dazu bereit erklärt, ihre Waffen abzugeben, so wie es der Friedensplan vorsieht.

Die USA hatten betont, dass es zwei Phasen der Verhandlungen gebe. Zum einen die über die Geisel-Freilassung, die absolute Priorität habe. Zum anderen eine zweite Phase, in der der langfristige Frieden gesichert werden solle. Zu dieser Phase zählten die USA auch die Entwaffnung. 

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