Gazastreifen

Israelische Armee greift Hamas-Ziele in Rafah an

Rafah grenzt an Ägypten. Doch das Nachbarland will keine Palästinenser aufnehmen Foto: copyright (c) Flash90 2024

Israels Armee hat Augenzeugen zufolge trotz internationaler Warnungen Ziele in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens angegriffen. Bei Angriffen aus der Luft auf zwei Häuser sollen am Samstag mehr als 20 Menschen getötet worden sein, hieß es aus medizinischen Kreisen. Auch der Bürgermeister der Stadt im Süden des Küstengebiets, Ahmed al-Sufi, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die Opferzahl. 

Israelische Soldaten bombardierten außerdem ein Fahrzeug der Hamas und töteten dabei drei Personen, darunter den Chef des Polizeigeheimdienstes der islamistischen Terrororganisation sowie dessen Stellvertreter, wie es am Samstag aus Polizeikreisen und von Augenzeugen hieß. Die Angaben ließen sich allesamt zunächst nicht unabhängig überprüfen. Israels Militär äußerte sich zunächst nicht konkret. Die Armee halte sich bei ihren Einsätzen an das Völkerrecht und treffe Vorkehrungen, um den Schaden für die Zivilbevölkerung gering zu halten, teilte sie auf Anfrage lediglich mit.

Es waren nicht die ersten Berichte über Angriffe auf Ziele in der Stadt nahe der Grenze zu Ägypten. In der vergangenen Wochen hatte das israelische Militär dort Augenzeugen zufolge häufiger Stellungen von Hamas-Mitgliedern attackiert. Den Angaben nach waren die Angriffe am Samstag aber die bislang intensivsten. Rafah ist der einzige Ort im gesamten Küstenstreifen, in dem die Hamas noch die Kontrolle ausübt. 

Derzeit sind in der Stadt noch keine israelischen Bodentruppen im Einsatz. Rafahs Bürgermeister Al-Sufi warnte vor einem Vorstoß der Armee in den Ort. »Jeder Militäreinsatz in der Stadt, in der mehr als 1,4 Millionen Palästinenser leben, wird zu einem Massaker und einem Blutbad führen.«

IDF soll Offensive auf Rafah vorbereiten

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte zuvor der Armee den Befehl erteilt, eine Offensive auf Rafah vorzubereiten. In der Stadt gebe es noch immer vier verbleibende Hamas-Bataillone. Demnach soll die Militärführung die Evakuierung der Zivilisten in dem Ort planen. 

Eine Militäroffensive in Rafah würde unter besonders erschwerten Bedingungen stattfinden. In dem Ort, der vor dem Krieg rund 300.000 Einwohner hatte, sollen sich inzwischen weit mehr als eine Million Palästinenser aufhalten. Die meisten von ihnen flohen vor dem Krieg aus anderen Teilen des Gazastreifens dorthin, zum Teil auf Anordnung des israelischen Militärs. Die Stadt grenzt an Ägypten, doch das Land will keine palästinensischen Flüchtlinge aufnehmen. Gleichzeitig gehört es zur Strategie der Hamas, sich unter Zivilisten zu verstecken und und sie als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

UN-Generalsekretär António Guterres hatte bereits zuvor vor einer humanitären Katastrophe und Folgen für die gesamte Region gewarnt. Die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens sei in Rafah zusammengepfercht und könne nirgendwo anders hin. Auch die US-Regierung und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatten sich in den vergangenen Tagen deutlich gegen ein militärisches Vorgehen in Rafah ausgesprochen. 

Netanjahu geht einem Bericht des TV-Senders »Keshet 12« zufolge davon aus, dass Israel aufgrund des internationalen Drucks nur rund einen Monat Zeit für eine Offensive in Rafah hätte. Der Einsatz muss demnach bis zum 10. März abgeschlossen sein. An dem Tag beginnt für Muslime weltweit der Fastenmonat Ramadan.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels verübt hatten. Mehr als 1200 Menschen wurden ermordet, rund 250 als Geiseln genommen. Mehr als 100 davon harren noch immer im Gazastreifen aus. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. dpa/ja

Meinung

Warum die Netanjahu-Hasser die ganze Zeit falsch lagen

Wir sollten jenen danken, die eine Rückkehr der restlichen Hamas-Geiseln ermöglicht haben – egal wie unpopulär dies im Fall des israelischen Ministerpräsidenten sein mag

von Imanuel Marcus  10.10.2025

Waffenruhe

Weiß die Hamas, wo alle toten Geiseln sind?

Die israelische Regierung geht nicht davon aus. Doch Schätzungen darüber, wie viele sterbliche Überreste nicht auffindbar sind, schwanken

von Sabine Brandes  10.10.2025

Waffenstillstandsabkommen

Welche palästinensischen Terroristen kommen frei?

Raad Sheikh ist für eine Lynchmord-Attacke in Ramallah verantwortlich. Dabei wurden im Jahr 2000 zwei israelische Reservisten zu Tode geprügelt. Jetzt wird er im Rahmen des Abkommens aus der Haft entlassen

 10.10.2025

Nahost

Waffenstillstand in Kraft getreten

Der Beschluss der Regierung von Benjamin Netanjahu, den Friedensplan umzusetzen, erfolgte nach Diskussionen und Streit

 10.10.2025

Nahost

Gaza-Deal gebilligt: So sieht der Fahrplan Nahost jetzt aus

Zuerst werden die Kämpfe eingestellt. Dann kommt ein stückweiser Rückzug der israelischen Armee

 10.10.2025

Jerusalem

Israels Regierung stimmt Gaza-Abkommen mit Hamas zu

Bei Verhandlungen in Ägypten haben sich Israel und die Hamas auf erste Punkte eines Plans zur Beendigung des Gaza-Kriegs geeinigt. Nun stimmt auch das israelische Kabinett offiziell zu

von Cindy Riechau  10.10.2025

Verhandlungen

Hamas erklärt Gaza-Krieg für beendet

Terror-Chef Chalil al-Haja wendet sich in einer Fernsehansprache an alle Palästinenser

von Eva Krafczyk  09.10.2025

Washington

Trump: Die Geiseln werden am Montag oder Dienstag zurückkommen

Israel und die Hamas haben der ersten Phase des Friedensplans von Trump zugestimmt. Die Geiseln aus dem Gazastreifen sollen dann freikommen. Und der US-Präsident will selbst in die Region reisen

 09.10.2025

Jerusalem

Kritik am Geisel-Deal: »Freilassung Tausender Terroristen, darunter 250 Mörder«

Polizeiminister Ben-Gvir lehnt den Plan ab, der die Freilassung palästinensischer Häftlinge vorsieht

 09.10.2025