Russland hat die Ukraine angegriffen – und Jerusalem bereitet sich darauf vor, Tausende von jüdischen Flüchtlingen aufzunehmen. Am Donnerstagmorgen berief Außenminister Yair Lapid eine Notfallbesprechung ein. Auch Regierungschef Naftali Bennett berät sich derzeit mit seinen Ministern, darunter Verteidigungsminister Benny Gantz.
DIPLOMATEN Nach Auskunft des Ministeriums steht Jerusalem in direktem Kontakt mit den diplomatischen Mitarbeitern, die sich jetzt in der Stadt Lviv (Lemberg) im Westen der Ukraine befinden, nachdem die israelischen Diplomaten vor wenigen Tagen aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew abgezogen wurden.
Bis vor kurzem hatte sich die israelische Regierung mit Kommentaren zur Ukraine-Krise zurückgehalten und versucht, neutral zu bleiben. In den vergangenen Tagen jedoch äußerten sich zusehends Koalitionsmitglieder, darunter die Verkehrsministerin und Mitglied des Sicherheitskabinetts, Merav Michaeli, die bestätigten, »an der Seite des Westens zu stehen«.
Israel geht davon aus, dass sich derzeit noch etwa 8000 seiner Staatsbürger in der Ukraine befinden.
Am Mittwoch veröffentlichte das Außenministerium eine Erklärung: »Israel schließt sich der Besorgnis der internationalen Gemeinschaft über die sich verschlechternde Lage in der Ostukraine an und ist bereit, im Interesse einer diplomatischen Lösung zu handeln, um die Region wieder zu beruhigen, wenn es darum gebeten wird. Israel unterstützt die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine.« Die Erklärung brachte auch Israels Sorge um die Sicherheit seiner Bürger in der Region und der jüdischen Gemeinde in der Ukraine zum Ausdruck.
HIMMEL Für eine diplomatische Lösung ist es nun zu spät, und Israel geht davon aus, dass sich derzeit noch etwa 8000 Staatsangehörige in dem osteuropäischen Land befinden. Diese werden vom Außenministerium aufgefordert, sich unmittelbar auf den Weg zu Grenzübergängen an den Westgrenzen des Landes zu machen, da die Himmel über der Ukraine für die zivile Luftfahrt geschlossen sind.
Israelisches Botschafts- und Konsulatspersonal wurde an den Grenzübergängen nach Polen, Ungarn, Rumänien und in die Slowakei stationiert. Morgen soll auch an der Grenze zu Moldawien ein Mitarbeiter anwesend sein.
Das Außenministerium ruft israelische Bürgerinnen und Bürger in der Ukraine außerdem dazu auf, Berichten in den Medien zu folgen und auf Anweisungen der örtlichen Sicherheitskräfte zu hören. Alle sollen sich unter folgendem Link registrieren: https://survey.gov.il/ru/israelinuk. Darüber hinaus sind Telefonhotlines für Menschen eingerichtet worden, die Hilfe benötigen, um sich in Sicherheit zu bringen, eine in Jerusalem (+972 2 530 3155) sowie zwei in der Ukraine (+380 67 770 3536 und +380 67 770 4216).
»Jerusalem ist bereit, sofortige humanitäre Hilfe zu leisten.«
Einwanderungsministerin pnina tamano-shata
Die israelische Ministerin für Einwanderung und Eingliederung, Pnina Tamano-Shata, sagte, dass Jerusalem bereit sei, der Ukraine sofortige humanitäre Hilfe zu leisten. »Und Israel bereitet sich darauf vor, Tausende jüdische Einwanderer aus der Ukraine aufzunehmen.«
ANSCHULDIGUNGEN Als russische Truppen am Donnerstag ihren erwarteten Angriff auf die Ukraine begonnen hatten, erklärte der russische Präsident Wladimir Putin, die »militärische Spezialoperation« werde die »Entnazifizierung« seines souveränen Nachbarn anstreben. Es war nicht klar, worauf er sich in seinen Behauptungen über den Nationalsozialismus genau bezog. Putin lieferte keinerlei Beweise für derartige Anschuldigungen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Zelenskyj – demokratisch gewählt – ist Jude. Der offizielle Twitter-Account der Ukraine teilte daraufhin eine Karikatur von Putin als Zögling von Adolf Hitler.