Ukraine-Krieg

»Israel muss zwischen Gut und Böse entscheiden«

Gegen den Krieg: Ukrainer und Israelis stehen Seite an Seite. Foto: Sabine Brandes

Blau und gelb – blau und weiß. Die ukrainischen Fahnen wehen an diesem Abend im kalten Wind gemeinsam mit den israelischen. Hier, auf dem Platz vor dem Habima-Theater im Zentrum von Tel Aviv, warten Tausende von Menschen auf die Rede des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj.

»Stoppt Putin« und »No war« steht auf vielen Schildern. Ein Vater mit seinem Sohn hat sich eine überdimensionale Pappbox übergestülpt, in die sie Gitterfenster geschnitten haben. Dahinter lugt das Konterfei des russischen Präsidenten Wladimir Putin hervor. »PUT IN Jail« steht daneben.

SPRECHCHÖRE Immer wieder brechen die Menschen auf dem großen Platz in Sprechchöre auf Ukrainisch aus. Doch es sind nicht nur Ukrainer hier, sondern auch viele Israelis, die wie Maayan Levi »nicht einfach wegschauen wollen, wenn Menschen in einem Krieg ohne jeglichen Grund getötet werden«. Sie wünscht sich, dass ihr Land mehr tun würde. »Israel muss zwischen Gut und Böse entscheiden und kann nicht völlig neutral sein. Es ist doch eindeutig, wer hier der Böse ist.«

Dann wird gejubelt, als Selenskyj auf die Wand des Habima-Theaters projiziert wird. »Glory for Ukraine«, schallt es durch den Abend. Wie schon bei den vergangenen Reden trägt der ukrainische Präsident ein T-Shirt in Tarnfarben. Keinen Schlips, kein Sakko. Die Ukraine ist im Krieg. Und er ist mittendrin.

»In Israel weiß man, dass Iron Dome das beste Abwehrsystem ist.«

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine

Selenskyj zitiert Golda Meir, und die Menschen hören gebannt zu. »Wir wollen leben, dafür gibt es keinen Kompromiss«, sagt er. Ein Mann hält seine Frau fest im Arm, beide sind in ukrainische Flaggen gehüllt. Auf ihr Gesicht hat sich die Frau die blau-gelben Farben gemalt, die ihr jetzt die Wangen herunterrinnen. Sie weint. Alle ihre Angehörigen sind in der Ukraine, und sie weiß manchmal tagelang nicht, ob sie noch leben. »Denn sie haben kaum Strom.«

TRÄNEN »Gerade wegen unserer Geschichte als Juden müssen wir jetzt zeigen, dass es uns nicht egal ist«, macht ihr israelischer Ehemann klar. Dann wischt er seiner Frau sanft die Tränen vom Gesicht. Selenskyj spricht von den Geflüchteten seines Landes und vergleicht die jüdische Geschichte mit der ukrainischen. »Moskau spricht von der Endlösung. Doch dieses Mal sind wir gemeint.«

Dann wird der Präsident praktisch: »In Israel weiß man, dass ›Iron Dome‹ das beste Raketenabwehrsystem ist«, sagt er. Die Menge jubelt. »Iron Dome – Iron Dome«, skandieren viele. Damit könne man die eigenen Interessen verteidigen und der Ukraine helfen – auch den Juden in der Ukraine. »Ja, Verteidigungswaffen müssen endlich geliefert werden«, meint Sergey, der aus Kiew stammt und am liebsten mit seinen Freunden kämpfen würde, die alle an der Front sind. »Aber meine Mutter lebt hier und ist schwer krank, ich kann sie nicht alleinlassen. Das würde sie umbringen.«  

AUSWEG Nach dem Ende der Rede kommen auf dem Bildschirm Ukrainer zu Wort. Frauen und Kinder, die geflüchtet sind. Jene, die unter dauerhaften Bombardierungen leben und keinen Ausweg haben. Menschen, die ihre Liebsten verloren haben – für immer. Eine Frau kann ihrem Kind nicht erklären, warum sie jetzt in einem fremden Land sind, der Vater nicht da ist und sie nicht nach Hause können.

Ein Mann, der die Kapuze seines Wintermantels tief ins Gesicht gezogen hat, erzählt, dass er seit Wochen im Keller lebt, ohne Heizung, Strom und Wasser. Er weiß nicht, wie lange es noch so gehen kann. Leise erklingt in Tel Aviv die ukrainische Nationalhymne. Verzweifelt schaut der junge Mann in die Kamera: »Herr Putin, was haben Sie nur getan?«

Terror

Hersh ist am Leben!

Die Hamas hat erneut ein Propagandavideo einer aus Israel entführten Geisel veröffentlicht

von Sabine Brandes  24.04.2024

USA/Israel/Iran

Bericht: Israel plante größeren Angriff gegen Iran

Mehr Ziele, auch in der Nähe von Teheran, sollten ursprünglich bombardiert werden

 22.04.2024

Westjordanland

Verdächtiger im Mordfall Benjamin Achimeir (14) verhaftet

Der Junge wurde beim Schafe hüten von Terroristen ermordet

 22.04.2024

Israel

Chef des Militärgeheimdienstes tritt zurück

Aharon Haliva begründet den Schritt mit dem Versagen des Geheimdienstes am 7. Oktober

 22.04.2024 Aktualisiert

Israel

Jerusalem: Sechs Verletzte bei zwei Terroranschlägen

Die Polizei fasste in einem der Fälle zwei Täter

 22.04.2024 Aktualisiert

Nahost

Israel kündigt »weitere schmerzhafte Schläge« gegen den Hamas-Terror an

Die Lage am Montagmorgen – und ein Ausblick auf den Tag

 22.04.2024

Pessach in Israel

Den wenigsten ist nach Feiern zumute

Von Freiheit kann keine Rede sein – und der Riss innerhalb der israelischen Gesellschaft ist deutlich spürbar

von Sabine Brandes  21.04.2024

Israel

Empörung über mögliche US-Sanktionen gegen Armee-Bataillon

Benjamin Netanjahu: Maßnahme wäre »der Gipfel der Absurdität und ein moralischer Tiefpunkt«

 21.04.2024

Nahost

Israel soll unentdeckt Irans Luftabwehr beschädigt haben

Ziel sei es gewesen, der islamischen Republik eine konkrete Nachricht zu senden

von Nicole Dreyfus  21.04.2024