Geisel-Deal

Israel hält den Atem an

Alle Augen sind auf die Freilassung der Geiseln gerichtet. Foto: Sabine Brandes

Die Rufe »Nur alle zusammen« sind verstummt. In den vergangenen Tagen war es die Forderung vieler Angehörigen der Geiseln gewesen, die verzweifelt auf ihre Liebsten warten. Doch nach der Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas mussten viele zu der schmerzlichen Erkenntnis kommen, dass ihre Familienmitglieder sicher nicht unter den ersten sein werden, die der Hölle des Gazastreifens entkommen. Denn zuerst sollen Kinder und Mütter freigelassen werden.

Die erste Gruppe von wahrscheinlich 13 Frauen und Kindern soll am Freitag um 16 Uhr Ortszeit am Grenzübergang zwischen Gaza und Ägypten eintreffen. Nicht nur die Angehörigen - ganz Israel hält in diesen Stunden den Atem an. Ab den Mittagsstunden flogen mehrere Helikopter von nördlichen Militärbasen in Richtung Süden.

Doch auch für die Angehörigen der Söhne, Töchter, Väter, Mütter und Großeltern, die noch in der Geiselhaft der Hamas bleiben müssen, gab es einen kleinen Lichtblick. Denn der Deal sollte einen Besuch des Internationalen Roten Kreuzes bei ihnen beinhalten, inklusive der Übergabe von Medikamenten. Mindestens ein Drittel der geschätzten 240 Geiseln leiden unter chronischen Krankheiten, darunter Diabetes, Krebs und schweres Asthma. Doch über den Besuch gibt es mittlerweile widersprüchliche Nachrichten.

Als »bemerkenswerte Verbesserung des Abkommens« war am Donnerstag von der Regierung in Jerusalem bestätigt worden, dass dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Zugang zu den Geiseln gewährt werde, die nicht in dieser ersten Phase freigelassen werden. Mittlerweile kündigte die Terrororganisation Hamas, die im Gazastreifen regiert, allerdings an, dass sie dies nicht zulassen werde.

Rotes Kreuz nicht über Besuche informiert

Während Katar, der Golfstaat, der das Abkommen gemeinsam mit den USA vermittelt hatte, keinen Kommentar abgab, erklärte das IKRK, es sei nicht über derartige Pläne informiert, die direkt seine Mitarbeiter beträfen. »Bisher wurde dem IKRK keine Einigung beider Parteien über Besuche des IKRK bei den Geiseln mitgeteilt. Sollten diese vereinbart werden, stehen wir bereit. Das IKRK beteiligt sich nicht an den Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien«, hieß es weiter.

»Mörder sind von dem Deal ausgeschlossen.«

premier benjamin netanJahu

Gemäß den Bedingungen sollen insgesamt 50 Geiseln im Rahmen einer viertägigen Feuerpause zwischen Israel und Gaza, die am Freitagmorgen um 7 Uhr begann, schrittweise freigelassen werden. Es handle sich dabei hauptsächlich um Kinder und Mütter sowie einzelne Frauen. Im Gegenzug verpflichtet sich Jerusalem, 150 Palästinenser zu entlassen, die derzeit in israelischen Gefängnissen sitzen, ausschließlich Teenager und Frauen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stellte klar, dass Mörder dabei ausgeschlossen seien.

Am Donnerstag gab das Büro des Premierministers darüber hinaus im Namen des Regierungsbeauftragten für Geiseln und Vermisste, Gal Hirsch, eine Erklärung ab, in der es heißt, dass alle Familien benachrichtigt worden seien, deren Angehörige voraussichtlich am Freitag ab 16 Uhr Ortszeit aus der Geiselhaft in Gaza entlassen werden.

Alle Familien sind benachrichtigt worden

Beamte hätten auch allen anderen Familien mitgeteilt, dass ihre Angehörigen nicht auf der Liste stehen, die Israel erhalten hat. Die Medien wurden »dringend aufgefordert«, die Namensliste erst zu veröffentlichen, wenn die Geiseln wieder in Israel sind. Zunächst hatte es seitens der Regierung geheißen, die Familien würden nicht vorher in Kenntnis gesetzt, »um keine falschen Hoffnungen zu wecken«. Doch nachdem inoffizielle Listen vor allem in den sozialen Medien auftauchten, änderte Jerusalem seine Strategie.

Die 13 Geiseln sollen der Vereinbarung zufolge von der Hamas dort abgeholt werden, wo sie sie versteckt hat und an das Rote Kreuz übergeben werden. Deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen sie bis zur ägyptischen Grenze begleiten.

Die israelische Armee wird die freigelassenen Geiseln von dort per Hubschrauber in Krankenhäuser bringen, wo sie einer ersten medizinischen Untersuchung unterzogen werden. Hier wird es auch ein erstes Telefongespräch zwischen ihnen und ihren Familien geben. Freigelassene Geiseln, die dringend medizinische Behandlung benötigen, werden in das Soroka-Krankenhaus in Beer Sheva geflogen, der Rest wird auf die fünf medizinischen Zentren verteilt, in denen spezielle Bereiche für ihre Aufnahme vorbereitet wurden.

Medienbericht

Donald Trump will Benjamin Netanjahu Ende Dezember treffen

Israelischen Medien zufolge soll es bei dem Treffen am 29. Dezember um die zweite Phase des Friedensplans gehen

 08.12.2025

Eurovision Song Contest

»Ihr wollt nicht mehr, dass wir mit Euch singen?«

Dana International, die Siegerin von 1998, über den angekündigten Boykott mehrerer Länder wegen der Teilnahme Israels

 08.12.2025

Nahost

Netanjahu: Israel bleibt in Pufferzone im Süden Syriens

Syriens Übergangspräsident al-Scharaa wirft Israel vor, »Geister zu bekämpfen«. Eine Lösung im Streit um ein Gebiet an der Grenze scheitert noch an unterschiedlichen Vorstellungen

 08.12.2025

Nahost

Katar und Türkei wollen keine vollständige Entwaffnung der Hamas

Israel vor neuen diplomatischen Manövern: Katar und die Türkei versuchen, die im ursprünglichen Gaza-Plan vorgesehene vollständige Entwaffnung der palästinensischen Terrororganisation Hamas zu verwässern

 08.12.2025

Nahost-Krieg

Israels Armeechef: Gelbe Linie bildet operative Grenze zum Gazastreifen

Laut Eyal Zamir gibt es nun einen Schutzriegel für die israelischen Gemeinden am Rand Gazas

 08.12.2025

Jerusalem

Netanjahu sieht »historischen Wandel« in Rüstungskooperation

»Nicht nur Deutschland arbeitet für die Verteidigung Israels, sondern Israel, der jüdische Staat, arbeitet 80 Jahre nach dem Holocaust für die Verteidigung Deutschlands«, sagt der Ministerpräsident

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Israel

Drei Brüder werden an einem Tag Väter - von vier Kindern

Zwillinge inklusive: Drei Brüder und ihre Partnerinnen schenken den Großeltern an einem Tag vier Enkel. Wie es zu diesem seltenen Familienglück kam

von Sara Lemel  08.12.2025

Meinung

Eurovision: Mobbing statt Musik

Eigentlich versteht jeder, dass Musiker nicht mit ihren Regierungen identisch sind. Wenn es um den jüdischen Staat geht, scheint diese Logik jedoch nicht zu gelten

von Sabine Brandes  07.12.2025