Geiseln

»Ich war 15 Monate angekettet in einem Tunnel«

Eli Sharabi mit seiner Mutter und seiner Schwester. Seine Frau und die zwei Kinder wurden am 7. Oktober 2023 ermordet. Foto: IDF Spokesperson

Es war bei ihrer Freilassung bereits am Samstag bereits unübersehbar: die drei israelischen Geiseln Ohad Ben-Ami, Or Levy und Eli Sharabi sind 16 Monate lang unter unmenschlichen Bedingungen in Gaza festgehalten worden. Wie grausam die Misshandlungen durch die Hamas tatsächlich waren, berichtete der israelische öffentlich-rechtliche Sender Kan 11 am Sonntag.

Die Angehörigen hatten mit dem Sender gesprochen, nachdem die freigelassenen Männer ihnen Details aus ihrer Gefangenschaft erzählt hatten. Die Berichte sind anonymisiert, um die Menschenwürde und Privatsphäre der Betroffenen zu schützen.

Dem ausgestrahlten Bericht zufolge verhörten Terroristen die Männer einzeln und folterten sie dabei. Sie seien gewürgt, gefesselt, mit Stoff bis kurz vor der Erstickung geknebelt und kopfüber aufgehängt worden. Außerdem hätte man sie mit heißen Gegenständen verbrannt. Videos von ähnlichen Foltermethoden der Hamas, die sie bei Palästinensern anwenden, kursieren in den sozialen Netzwerken.

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Alle paar Tage ein verschimmeltes Stück Pitabrot

Zudem kam dauerhaftes absichtliches Aushungern der Menschen. Nur alle paar Tage erhielten sie ein verschimmeltes Stück Pitabrot, das sie teilen mussten. Zeitweise mussten sie tagelang ohne Wasser auskommen. Zu anderen Zeiten hätten die Terroristen vor den Männern gegessen, es ihnen jedoch nicht erlaubt. Sie wandten auch psychologische Folter an und ergötzten sich an grausamen »Spielen«, bei denen die Geiseln entscheiden mussten, wer von ihnen essen darf und wer nicht.

Einer der drei Freigelassenen gab an, er sei 15 volle Monate lang angekettet gewesen. »Ich war in einem dunklen Tunnel gefesselt, ohne Luft oder Licht. Ich konnte weder gehen noch stehen. Erst vor meiner Freilassung entfernten meine Entführer die Ketten und zwangen mich, wieder laufen zu lernen«, erzählte er seiner Familie. Erst rund zehn Tage zuvor habe man ihn von seiner anstehenden Entlassung informiert und dann etwas mehr Essen gegeben.

Ein anderer, nicht namentlich genannter gekidnappter Mann, soll in der Gefangenschaft zusammengebrochen sein, und seine Mitgeiseln befürchteten, er sei gestorben. Die Geiseln seien zudem die ganze Zeit barfuß gewesen und haben nie zwischen Tag und Nacht unterscheiden können. Nur alle paar Monate hätten sie duschen dürfen.

»Nichts hat mich darauf vorbereitet, meinen Vater so zu sehen, mit diesem abgemagerten Gesicht, diesem Körper...«

Zu den unmenschlichen Bedingungen sei dauerhafter Psychoterror gekommen. Die Entführer hätten den Geiseln Aussagen israelischer Politiker und Berichte über mutmaßliche Versuche gezeigt, das Abkommen zu sabotieren. »Sie verspotteten uns mit Sätzen wie: ›Sie wollen dich nicht freibekommen‹ oder ›Sieh, so behandeln sie dich‹«.

Tal Levy, der Bruder von Or Levy, gab in Channel 12 ein Interview, in dem er die grauenvollen Bedingungen schilderte. Die Hamas-Terroristen hätten ihn als Soldaten betrachtet und Verhören mit Folterungen unterworfen. Or war jedoch kein Soldat, er ging mit seiner Frau Eynav zum Tanzen auf das Nova-Festival. Er wurde gekidnappt, seine Frau von Terroristen ermordet. Von seinem eigenen grauenvollen Schicksal erfuhr der 34-Jährige erst nach seiner Freilassung.

Dazu hätten sie ihn ständig emotional gequält, ihm vorgegaukelt, dass er bald freigelassen werden würde, so sein Bruder. Anderen Geiseln hätte man immer wieder gesagt, dass die anderen freikommen und sie in Gaza bleiben müssen. Letztendlich verbrachten die drei Männer 16 volle Monate in der Geiselhaft der Hamas.

Sharon Sharabi wandte sich direkt an den Premierminister

Ella Ben Ami, deren Vater Ohad Ben Ami am Samstag nach Hause kam, gab zu: »Nichts hat mich darauf vorbereitet, meinen Vater so zu sehen, mit diesem abgemagerten Gesicht, diesem Körper...« Bei diesem schrecklichen Anblick habe sie sich auf den »Boden geworfen, um zu schreien und zu weinen«. Doch gleichsam machte sie klar: »Mein Vater hat als Held überlebt und ist mit erhobenem Haupt zurückgekehrt.« Ella betonte, dass sie einer der »Glücklichen« sei, ihren Vater heimkehren zu sehen, aber dass sich immer noch 76 Geiseln »tief in den Tunneln der Hamas, in der Dunkelheit, in der Hölle« befänden.

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Auch Sharon Sharabi, der Bruder von Eli Sharabi, betonte dies in einer Pressekonferenz im Krankenhaus. Er wandte sich direkt an den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu: »Ich möchte mich direkt an Sie wenden. Treffen Sie in dieser Zeit mutige Entscheidungen. Dies sind kritische Momente, in denen Leben gerettet werden müssen. Jeder Augenblick, jede Sekunde könnte Leben vor den Tunneln der Hamas retten, vor diesem grausamen Feind, der uns seit dem 7. Oktober massakriert hat.«

Denn sein Bruder Eli, »wie Sie ihn gesehen haben, ist der dringendste Beweis dafür, dass Leben in Israel gerettet und alle sofort nach Hause gebracht werden müssen«.

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