Atomstreit

Gefährlicher Deal

Die Außenminister der Länder einigten sich am Sonntag in Genf auf ein Interims-Atomabkommen mit dem Iran. Foto: dpa

Die Kritik an dem in Genf getroffenen Atomabkommen zwischen Iran und dem Westen kam prompt und in gewohnt scharfem Ton: »Es ist ein historischer Fehler«, sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei der Sitzung des Kabinetts am Sonntag.

Israel fühle sich an den Deal nicht gebunden: »Heute ist die Welt viel gefährlicher geworden, weil das gefährlichste Regime der Welt einen bedeutenden Schritt in Richtung der gefährlichsten Waffe der Welt gemacht hat.« Andere, wie Wirtschaftsminister Naftali Bennett, warnten den Westen: Wenn in fünf Jahren eine atomare Kofferbombe in Madrid explodiere, sei der jetzt getroffene Deal daran schuld.

isoliert Mit seiner unnachgiebigen Position Teheran gegenüber steht Israel jedoch international zunehmend isoliert da. Am Sonntag hatten sich in Genf die 5+1-Staaten mit dem Iran geeinigt, dass das Land seine Urananreicherung bei fünf Prozent deckelt. Zudem soll bereits auf 20 Prozent angereichertes Uran neutralisiert werden – etwa durch »Verdünnung«. In Atomwaffen verwendetes Uran wird auf mehr als 80 Prozent angereichert.

Außerdem sagte Teheran zu, den Schwerwasser-Atomreaktor in Arak nicht in Betrieb zu nehmen. Diese Anlage könnte auch Plutonium herstellen, das für Bomben nutzbar wäre. Auch sollen tägliche Inspektionen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Natanz und Fordo eingeräumt werden. Im Gegenzug werden bisher gesperrte Gelder aus Ölverkäufen über 4,2 Milliarden Dollar schrittweise freigegeben. Das Übergangsabkommen ist auf sechs Monate begrenzt.

Bedenken Die Vereinbarung sei ein wichtiger erster Schritt zu einer umfassenden Lösung, sagte US-Präsident Barack Obama. Er stellte allerdings in Aussicht, die Sanktionen würden wieder verschärft und der Druck auf die Regierung in Teheran erhöht, sollte der Iran seine Zusagen nicht einhalten. Noch am Sonntag telefonierte der US-Präsident mit Netanjahu, wie das Weiße Haus bekannt gab. Obama bemühte sich, die »berechtigten Bedenken« des israelischen Verbündeten zu zerstreuen. Ziel aller Verhandlungen sei, dass der Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen gelange.

Nicht jeder in Israel beurteilt das Interimsabkommen so negativ wie die politische Führung. Moderate Töne schlug etwa Israels Präsident Schimon Peres an: »Ich möchte dem iranischen Volk sagen: Ihr seid nicht unsere Feinde und wir nicht eure.« Es sei möglich, den Atomstreit mit diplomatischen Mitteln zu lösen.

komplex Joel Guzansky vom Institut für Sicherheitsstudien in Tel Aviv sagte gegenüber der Zeitung Yedioth Ahronoth, das Abkommen sei weitaus komplexer, als dass man es gut oder schlecht nennen könne: »Es hat zwei Seiten.« Er teile die Einschätzung der israelischen Regierung nicht, so Guzansky. Der Experte meinte weiter, dass Israel trotz seiner harschen Kritik sehr bald anfangen werde, die Beziehungen zu den USA zu reparieren. Das sei allein schon deshalb notwendig, damit Jerusalem dann das endgültige Abkommen mit dem Iran in seinem Sinne beeinflussen könne.

Ähnlich argumentierte auch Justizministerin Zipi Livni. Im Armeeradio sagte sie, Israel müsse nach vorne schauen, die strategische Allianz mit dem Verbündeten USA solle gestärkt werden. Relativierend beurteilten Vertreter der israelischen Sicherheitskräfte das Interimsabkommen: Efraim Halevy, ehemaliger Direktor des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, sagte, die Iraner könnten durchaus bereit sein, ihren Teil des Deals einzuhalten. Schließlich werde täglich kontrolliert. »Wenn die Iraner Einrichtungen verborgen halten und das herauskommt, wird die gesamte Abmachung nichtig.«

Und auch viele Israelis sind anderer Meinung als ihr Premier. Eine nicht repräsentative Umfrage ergab, dass den Menschen die täglichen Alltagssorgen näher sind: »Vielleicht denkt Netanjahu, wenn er uns genug Angst vor dem Iran gemacht hat, vergessen wir, dass unser Geld kaum zum Leben reicht«, sagte ein Taxifahrer.

Israelische Armee tötet zwei Beteiligte der Hamas-Massaker

 11.12.2024

Westjordanland

Schüsse auf Israelis am Josefsgrab in Nablus - drei Leichtverletzte

Die Männer wollten ohne Absprache mit den Behörden an der heiligen Stätte beten

 11.12.2024

Geiseln

»Sie haben mein Becken gebrochen, mein Bein verbrannt, meinen Kiefer ausgerenkt«

Präsident Herzog hält Notfalldiskussion ab, um auf die große Gefahr für die nach Gaza verschleppten Menschen hinzuweisen

von Sabine Brandes  11.12.2024

Israel

Netanjahu: Wir zerlegen Irans »Achse des Bösen«

Seit dem 7. Oktober schlage Israel hart gegen seine Feinde zurück, so der Ministerpräsident

 11.12.2024

Israel

Raketenangriff aus Gaza

Vier einfliegende Raketen werden registriert und zum Teil abgefangen

 11.12.2024

Gazastreifen

Terror-Vorwürfe: World Central Kitchen entlässt 62 Mitarbeiter

Die NGO kümmert sich um die Lebensmittelversorgung in Gaza. Der israelischen Regierung zufolge sollen einige Beschäftigte Verbindungen zu Terrororganisationen haben

 11.12.2024

Meinung

Syrien und die verfrühte Freude des Westens über den Sieg der Islamisten

Ein Gastkommentar von Ingo Way

von Ingo Way  11.12.2024

Nahost

Israel warnt die neuen Machthaber in Syrien

Nach dem Sturz des syrischen Präsidenten Assad zerstört Israel militärische Fähigkeiten des Nachbarlandes. Regierungschef Netanjahu warnt die Rebellen. Wie geht es mit Syrien weiter?

von Lars Nicolaysen  11.12.2024

Sicherheit

Israel: Haben syrische Kriegsmarine versenkt

Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Assad durch Rebellen will Premier Netanjahu kein Risiko eingehen. Vorsorglich zerstört Israel deshalb die militärischen Fähigkeiten des Nachbarlandes

von Jan-Uwe Ronneburger  10.12.2024