Umwelt

Essen für die Tonne

Helfer von Leket sammeln auf dem Mahane-Yehuda-Markt in Jerusalem weggeworfenes Essen. Foto: Flash 90

Die Vereinten Nationen haben sich zum Ziel gesetzt, den weltweiten Müll bis zum Jahr 2030 um die Hälfte zu reduzieren – und Israel macht mit. Haushalte und Firmen sollen bewusster mit Abfall umgehen, um die negativen Auswirkungen auf Natur und Wirtschaft zu reduzieren. Doch der jüdische Staat muss seine Hausaufgaben noch machen, denn bei der Müllvermeidung hinkt er anderen westlichen Staaten hinterher. 35 Prozent der gesamten heimischen Lebensmittelproduktion wandern auf die Müllkippen. Verschiedene Organisationen wollen das ändern.

Weltweit sind es durchschnittlich 33 Prozent, die in den Mülleimer geworfen werden, obwohl ein großer Teil davon noch genießbar wäre. Ein Bericht der Organisation Leket aus diesem Jahr zeigt, dass jährlich in israelischen Haushalten 2,5 Tonnen Lebensmittel verschwendet werden, 75 Prozent davon sind Obst und Gemüse. Andererseits gehen viele Menschen hungrig zu Bett. Leket sammelt Reste von Feldern, aus Obstplantagen und fertige Speisen von Firmen sowie aus Hotels und Restaurants und verteilt sie an Bedürftige.

Armut 18,3 Prozent der Bevölkerung im jüdischen Staat leben in sogenannter Lebensmittelunsicherheit, was bedeutet, dass nicht sicher ist, ob sie über den laufenden Monat ausreichend mit Speisen und Getränken versorgt sind, gibt der diesjährige Bericht des Staatlichen Kontrolleurs an. Nach dem jüngsten »Alternativen Armutsbericht« der NGO Latet, der seit zehn Jahren herausgegeben wird und in diesem Monat neu veröffentlicht wurde, leben in Israel 2,436 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Das sind 29,05 Prozent der gesamten Bevölkerung.

»Es gibt viel, was man mit sehr geringem Aufwand tun kann, um Essen zu retten. Allerdings bedarf es dafür einer Politik, die das dirigiert, und die muss von der Regierungsebene kommen«, erläutert Gidi Kroch, Vorsitzender von Leket. Mindestens die Hälfte des weggeworfenen Essens gilt als sicher für den Genuss. Eines der Haupthindernisse für die Verringerung des Abfalls sei das Fehlen von Gesetzen, durch die Personen oder Unternehmen, die Lebensmittel spenden, gesetzlich von jeglicher Verantwortlichkeit freigestellt werden, etwa wenn jemand nach dem Verzehr krank werden sollte. Leket versucht seit mehreren Jahren, ein solches Gesetz einzuführen. Bislang ohne Erfolg.

Eine andere Nonprofit-Organisation, Natural Step, die weltweit tätig ist, veröffentlichte aktuelle Zahlen auf der ersten Konferenz zur Unternehmerischen Sozialverantwortung (CSR), die jüngst in Tel Aviv stattfand. Demzufolge kommen 43 Prozent des gesamten Lebensmittelmülls von Privathaushalten, auch hier sei mindestens die Hälfe noch völlig in Ordnung. Die durchschnittliche Familie wirft demnach essbare Lebensmittel im Wert von rund 1000 Euro in den Müll. Natural Step, die 2012 eine Zweigstelle in Israel errichtete, setzt auf die Zusammenarbeit mit Ministerien, Industrie und Behörden, um diese Zahlen zu verringern.

Nachhaltigkeit Maja Milrad-Givon von Natural Step sagt, Nachhaltigkeit sei ein Prozess, der von vielen entwickelt und umgesetzt werden sollte. »Es ist eine Kette, in der alle zusammenarbeiten müssen, damit systematische Lösungen gefunden werden. Allerdings hat die Regierung in Israel keine Verantwortung für den Lebensmittelbereich übernommen. Es gibt keine Institution, die für den kompletten Bereich der Nahrung zuständig ist, von der Gesundheit über Lebensmittelsicherheit bis zur Nachhaltigkeit«, so Milrad-Givon. Die wichtigsten Partner von Natural Step sind die Speiseabteilung der Armee, das Umweltministerium, die Firma Unilever Israel, der Lebensmittelhersteller Tnuva und das Dizengoff-Einkaufszentrum in Tel Aviv.

Damit der Haushaltsmüll verringert werden könne, müsse das Problem den Leuten allerdings erst einmal bewusst gemacht werden, weiß Milrad-Givon. Bei einem Workshop auf der Konferenz wurden Lösungen erarbeitet zu Fragen wie: »Was macht man mit Gemüse, das unappetitlich aussieht, aber durchaus essbar ist?« oder »Was bedeutet ein Haltbarkeitsdatum genau?« Die Teilnehmer sollten angeregt werden, sich über Müll und dessen Vermeidung Gedanken zu machen.

Hotels Doron Zilberstein, Leiter von Unilever Food Solutions in Israel, setzt auf Offenheit: »Wir müssen uns die problematische Seite des sogenannten ›reichen israelischen Frühstücks‹ kritisch anschauen und daraus Schlüsse ziehen. Es wird schlicht viel zu viel Essen weggeworfen.« 115.000 Tonnen Speisen werden jedes Jahr in Israels nahezu 10.000 Lokalen und Hotels ausgemustert, mit einem Gesamtwert von rund 350 Millionen Euro. Unilever, einer der weltweit größten Produzenten von Verbrauchsgütern, bietet im Land eine kostenlose Beratung für Hotels und Restaurants an, um Abfall zu vermeiden. Dazu gehören praktische Maßnahmen, etwa wie man Gemüsereste vom Frühstücksbuffet wiederverwenden kann oder weniger Abfall bei Fleischprodukten erzeugt.

Der Erfolg zeigt sich ohne Verzögerung, weiß Zilberstein aus Erfahrung. »Sofort nachdem unsere Schritte eingeführt wurden, sind die Müllberge um 15 bis 30 Prozent geschrumpft. Das Einzige, was wir leider noch nicht beeinflussen können, sind die Berge auf den Tellern der Gäste, die nicht gegessen werden und dann in den Eimer wandern. Hier müssen Erziehung und Aufklärung ran. Genau wie wir unseren Kindern beibringen, keine Wildblumen zu pflücken, so müssen wir ihnen beibringen, weniger Müll zu produzieren.«

Jerusalem

Trumps Botschafter in Israel: Druck an der richtigen Stelle ausüben

Mike Huckabee sagt, humanitäre Hilfe könne wieder nach Gaza geliefert werden, wenn die Geiseln freigelassen würden

 22.04.2025

Nahost-Diplomatie

Gaza: Vermittler streben mehrjährige Waffenruhe an

Laut BBC wollen Ägypten und Katar mit einem neuen Vorschlag Bewegung in die festgefahrene Situation bringen

 22.04.2025

Tel Aviv

Schin Bet-Chef erhebt Vorwürfe gegen Netanjahu

Der Streit zwischen dem Regierungschef und dem Leiter des Schin Bet geht in die nächste Runde

 22.04.2025

Gaza

Hamas ruft weiteren »Tag des Zorns« aus

Der Nationale Sicherheitsrat ruft Israelis im Ausland zur Vorsicht auf

 22.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  21.04.2025

Hadera

Mann nach Bericht über Haiangriff vor Israels Küste vermisst

Hai-Attacken sind in Israel höchst selten

 21.04.2025

Gaza

Geisel Elkana Bohbot muss Telefonat mit seiner Familie vortäuschen

Ein neues Propagandavideo des israelischen Familienvaters wurde nach 561 Tagen in der Gewalt der Hamas veröffentlicht

von Sabine Brandes  21.04.2025

Jerusalem

Shin-Bet-Chef holt gegen Premierminister aus

Ronen Bar behauptet, der Regierungschef habe verlangt, den Obersten Gerichtshof bei einer Verfassungskrise zu ignorieren

von Sabine Brandes  21.04.2025