Israel

»Netanjahu trägt die Verantwortung für den 7. Oktober«

General Gadi Eizenkot und seine Familie auf der Beerdigung seines Sohnes. Foto: Flash 90

Kriegskabinettsminister Gadi Eizenkot hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu offen attackiert. Die Verantwortung für das Versagen Israels, seine Bürger am 7. Oktober zu schützen, liege »klar und deutlich« beim Ministerpräsidenten, sagte der General in einem Interview mit der Investigativ-Sendung »Uvda« des israelischen Channel 12, aus dem mehrere israelische Medien zitieren.

Wenn es um Informationen gehe, stehe »der Ministerpräsident an erster Stelle. Er wird sowohl von den IDF als auch vom Shin Bet in Kenntnis gesetzt. Ich weiß, dass er am Bau des Zauns und an anderen Dingen beteiligt war. Er trägt eine klare und deutliche Verantwortung. Die Verantwortung muss nicht übernommen werden, sie liegt vor«.

Netanjahu und andere Spitzenbeamte haben es bisher vermieden, Verantwortung zu übernehmen und dafür andere beschuldigt, immer mit dem Hinweis, dass die Ursachen für das Versagen nach dem Krieg untersucht werden sollten.

Eizenkots Sohn ist in Gaza gefallen

Eizenkot ist pensionierter Generalstabschef und ein nicht stimmberechtigtes Mitglied des fünfköpfigen israelischen Kriegskabinetts. Nach dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober wurde er von einer Oppositionsfraktion in die israelische Notstandsregierung unter Premier Netanjahu berufen.

Eizenkots Worte haben für die israelische Bevölkerung zusätzliches Gewicht, da sein 25-jähriger Sohn, Gal Meir Eizenkot, und ein Neffe im Dezember beim Einsatz im Gazastreifen getötet wurden. Dass Netanjahus Sohn Yair nach Ausbruch des Krieges vorerst in Florida geblieben ist, hat bei Reservisten für Unmut gesorgt. Eingezogen wurde er nicht.

»Die Mission besteht darin, Zivilisten zu retten, und nicht darin, einen Feind zu töten«

Gadi Eizenkot

Eizenkot sagte in dem Interview auch, dass das Kriegskabinett ein Präventivschlag auf Libanon habe verhindern können, den er für einen »strategischen Fehler« gehalten habe, denn genau das sei Hamas-Anführer Sinwars Plan gewesen.

Gleichzeitig sagte er für israelische Verhältnisse ungewöhnlich offen, dass Israel seine militärischen Ziele im Gazastreifen noch nicht vollständig erreicht habe. Es fehle der israelischen Führung eine Vision für die Beendigung des Krieges in Gaza und das Danach.

»Die Mission besteht darin, Zivilisten zu retten, und nicht darin, einen Feind zu töten«, griff er Netanjahu und dessen Regierung weiter an. Der Ministerpräsident hat gerade verkündet, dass der Krieg noch vier Monate dauern werde. Nur ein Abkommen mit der Hamas könne die Freilassung weiterer Geiseln sicherstellen, so Eizenkot.

Nicht wie Entebbe

Schließlich zog er auch noch einen Vergleich zur Rettungsaktion 1976 in Entebbe, als ein israelisches Sonderkommando Menschen an Bord einer von deutschen und palästinensischen Terroristen entführten Air-France-Maschine mit mehr als hundert überwiegend israelischen Passagieren in Uganda befreite. Etwas Vergleichbares werde »nicht stattfinden«, da die Geiseln in Gaza verstreut und größtenteils im Untergrund festgehalten würden, so Eizenkot.

Auch die Erwähnung Entebbes richtet sich gegen Netanjahu, dessen Bruder damals die Befreiungsaktion leitete und dabei ums Leben kam. Auf diese existenzielle Erfahrung hat Benjamin Netanjahu immer wieder verwiesen, während er sich der israelischen Bevölkerung als Garant für Sicherheit darstellt.

Eizenkot drängte in dem einstündigen Interview auf Neuwahlen »innerhalb weniger Monate«, da das Vertrauen der Öffentlichkeit in die israelische Regierung zutiefst erschüttert sei. So sehr, dass er sogar Wahlen mitten im Krieg für richtig hält. sal

Vermisst

Sanitäter aus Passion

Lior Rudaeff liebte es, anderen zu helfen

von Sabine Brandes  13.07.2025

Porträt

Verehrt und verachtet

Kein anderer Premier hat Israel so stark polarisiert – und so lange regiert wie Benjamin Netanjahu. Eine Annäherung

von Sabine Brandes  13.07.2025

Debatte

Jüdischer Weltkongress verurteilt israelfeindlichen Weltkirchenrat

Es gibt reichlich Kritik an einer Erklärung des Weltkirchenrats, in der Israel »Apartheid« vorgeworfen wird. Nun reagiert der Jüdische Weltkongress - und hat Fragen an die Kirchen

 11.07.2025

"Newsmax"-Interview

Netanjahu zu Hamas: Werden diese »Monster« besiegen

Die Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen dauern an. Israels Ministerpräsident Netanjahu hofft, dass es dazu bald kommt. Vorerst aber geht der Kampf gegen den palästinensischen Terror weiter

 11.07.2025

Tel Aviv/Ramallah

Israeli stirbt bei Anschlag im Westjordanland

Seit Beginn des Krieges ist die Lage auch im Westjordanland extrem angespannt. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen und auch tödlichen Anschlägen auf Israelis

 11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Westjordanland

Israeli stirbt bei Terroranschlag

Der 22-jährige Sicherheitsmann wurde in der Nähe des Einkaufszentrums von Gusch Etzion von zwei Männern angegriffen

 10.07.2025

Brüssel

EU-Chefdiplomatin lobt »konstruktiven Dialog« mit Israel

Die Außenbeauftragte Kaja Kallas hat in einer Erklärung Schritte zur Verbesserung der humanitären Lage im Gazastreifen angekündigt

 10.07.2025