Staatspräsident

»Ein moralisches Land«

Schimon Peres Foto: Flash 90

Am Donnerstagnachmittag hat Schimon Peres vor der Knesset seine Abschiedsrede als Staatspräsident gehalten. Nach sieben Jahren ist der fast 91-Jährige aus dem Amt geschieden. Peres’ Nachfolger Reuven Rivlin trat sein Amt am gleichen Tag offiziell an.

Der Schwerpunkt von Peres’ Rede war die derzeitige politische Situation: »Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ich in den letzten Tagen meiner Präsidentschaft noch einmal trauernden Familien Trost zusprechen muss.« Mit deutlichen Worten machte er die Hamas für Raketen auf Israel und den Missbrauch palästinensischer Kinder als menschliche Schutzschilde verantwortlich.

»Die Terroristen haben das 3000 Jahre alte Gaza in eine menschliche Tragödie verwandelt.« Dabei machte Peres deutlich, dass Israel sich vor einigen Jahren freiwillig aus dem Gazastreifen zurückgezogen hat. »Israel wird den Terrorismus besiegen, weil wir den Frieden anstreben und lediglich unser Zuhause verteidigen«, so der scheidende Präsident.

Zukunft Peres schloss mit einer optimistischen Note: »Ich werde weiterhin dabei mithelfen, Israel aufzubauen, weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass es eines Tages Frieden findet. Dass es soziale Gerechtigkeit bewahrt … Dass sein Erbe jüdisch und seine Praxis demokratisch bleibt. Dass es die Freiheit der Rede und der Forschung aufrechterhält. … Dass es ein moralisches Land bleibt, dessen Bürger gleichberechtigt sind: Juden, Muslime, Christen, Drusen, Beduinen und Tscherkessen.«

Eine Wahl hat Peres nie gewonnen, dennoch war er gleich dreimal Ministerpräsident. Einmal, 1977, nach dem Rücktritt Yitzhak Rabins bis zu den nächsten Knessetwahlen, dann von 1984 bis 1986 im Rahmen der Rotationsabsprache mit dem Likudnik Yitzhak Schamir, und zuletzt zwischen 1995 und 1996 nach Rabins Ermordung. Doch obwohl Schimon Peres nie eine Mehrheit der Wähler für sich gewinnen konnte, prägte er die israelische Politik seit der Staatsgründung maßgeblich mit.

Als Hagana-Mitglied war der im polnischen Wischnewo geborene Peres während des Unabhängigkeitskrieges im Auftrag von David Ben Gurion für die Waffenbeschaffung zuständig. Später, als Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, fädelte er zahlreiche Waffendeals ein und leitete das – bis heute offiziell geheim gehaltene – Atomprogramm in die Wege. 48 Jahre lang war er Mitglied der Knesset und bekleidete zahlreiche Ministerposten. 1994 wurde ihm, zusammen mit Arafat und Rabin, für seine Verdienste im Oslo-Prozess der Friedensnobelpreis verliehen.

Fortschritt Seit 2007 war Peres Staatspräsident und damit endlich an der politischen Spitze angekommen. Entsprechend ließ er seinen 90. Geburtstag am 2. August bereits vorzeitig im Juni 2013 mit einem internationalen Staraufgebot feiern – auf einer Gala, die vielen Israelis zu pompös schien.

Auch seine Kommentare zur israelischen Politik und zum Umgang mit den Palästinensern oder dem Iran, mit denen der überzeugte Anhänger einer Zweistaatenlösung nicht geizt, gehen manchen Kritikern zu weit. Es sei leicht, Ratschläge zu erteilen, wenn man keine politische Verantwortung tragen muss, heißt es oft. Zumal Peres in früheren Jahrzehnten durchaus nicht als naive Friedenstaube bekannt war.

Doch die Politik war nie das einzige Betätigungsfeld von Schimon Peres. Er war Förderer der Wissenschaft und der Hightech-Industrie, glaubte an den ökonomischen und wissenschaftlichen Fortschritt durch Hirnforschung und Nanotechnik und gründete 1996 das Peres Center for Peace in Jaffa, das die Völkerverständigung durch wirtschaftliche Zusammenarbeit voranbringen will. All diesen Interessen will Peres auch nach seinem Ausscheiden aus dem höchsten Staatsamt weiter nachgehen.

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Geiseln

Quälendes neues Geiselvideo

Veröffentlichte Clips zeigen sechs Geiseln, die acht Monate später in Gaza von der Hamas hingerichtet wurden

von Sophie Albers Ben Chamo  20.12.2025

Knesset

Umfrage: Netanjahu-Regierung ohne Mehrheit

Im Herbst 2026 wählen die Israelis ein neues Parlament. Laut einer Meinungsumfrage liegen die Parteien der amtierenden Koalition weit hinter der Opposition

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Israel

Zahl der Verkehrstoten steigt

Die Statistik verzeichnet mehr Verkehrsunfälle mit tödlichem Ausgang denn je

 19.12.2025

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Zahl der Woche

1437

Funfacts & Wissenswertes

 18.12.2025

Tschechien

Prag plant Botschaftsverlegung nach Jerusalem

Der neue Prager Außenminister Petr Macinka sagt, der Schritt sei überfällig

 18.12.2025

Jerusalem

Israel schließt 30-Milliarden-Deal mit Ägypten

Das Geschäft mit Ägypten soll die Position des jüdischen Staates als Energielieferant stärken. Was steckt hinter dem Abkommen?

 18.12.2025