Knesset

Ein Kabinett wie kein anderes

Die 26 Minister und fünf Ministerinnen der neuen israelischen Regierung Foto: Flash90

Die 37. Regierung ist eine, die Israel so noch nie gesehen hat – die rechteste und religiöseste aller Zeiten. Sie besteht aus fünf Parteien: dem rechtsgerichteten Likud von Premierminister Benjamin Netanjahu, den ultrarechten religiösen Parteien Religiöser Zionismus, Otzma Yehudit und Noam sowie den ultraorthodoxen Parteien Schas und Vereinigtes Tora-Judentum. In der vergangenen Woche wurde das Netanjahu-Kabinett in Jerusalem vereidigt.

Der rechts-religiöse Block, der bei den Wahlen vom 1. November 2022 64 der 120 Sitze der Knesset gewann, löste die größte Regierung aller Zeiten ab, die aus acht Parteien bestand. Das Kabinett bilden jetzt 31 Minister, zwei Minister haben Doppelposten, wofür es einer Gesetzesänderung bedurfte. Außerdem sind einige Ministerien neu geschaffen worden. In den drei Ressorts Verteidigung, Bildung und Soziales werden zwei Minister gleichzeitig tätig sein. Frauen sind mit lediglich fünf Ministerposten in der Minderheit. Die vorherige Koalition bestand aus 27 Ministern, davon neun Ministerinnen.

Zuvor hatte es wochenlange Diskussionen gegeben, bis die Regierung gebildet wurde. Die wichtigsten Positionen, einschließlich die des Außenministers, blieben lange unklar. Nachdem Netanjahu zuerst die Posten unter seinen Koalitionspartnern verteilt hatte, traf er sich mit den Mitgliedern seines Likud und ernannte die übrigen Minister.

Likud
Benjamin Netanjahu, Premierminister: Es ist das sechste Mal, dass der 73-jährige Likud-Vorsitzende ein israelisches Kabinett anführt. Nach eineinhalb Jahren in der Opposition gelang dem erfahrenen Politiker die Rückkehr auf den Chefsessel. Mit seiner kumulierten Amtszeit ist er der am längsten amtierende Premierminister des Landes. Allerdings war diese nicht immer unumstritten. Derzeit muss Netanjahu sich wegen drei Fällen der Korruption vor Gericht verantworten.

Yoav Gallant, Verteidigungsminister: Der einstige General und Stabschef ist ein anerkannter Militärstratege.

Eli Cohen, Außenminister: Der wenig bekannte Cohen war Wirtschafts- und Geheimdienstminister. Dass die Wahl des Außenministers auf ihn fiel, war eine Überraschung. Erwartet wurde Israel Katz. Der wird in einem Rotationsdeal zwei Jahre später als oberster Diplomat dienen.

Israel Katz, Energieminister: stimmte nach Berichten über seinen Unmut schließlich der Rotation zu. Katz war zuvor Außen- und Finanzminister.

Tourismusminister Haim Katz wurde 2022 in einem Bestechungsfall zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Yariv Levin, Justizminister: einstiger Minister für öffentliche Sicherheit, Tourismus und Alija. Der Anwalt wird als Chef des Ressorts einige der umstrittensten Regierungspläne überwachen. Die Justizreform sieht unter anderem vor, dass die Knesset die Befugnis des Obersten Gerichtshofs reduziert und die Ernennung von Richtern ausweitet.

Yoav Kisch, Bildungsminister: wird ein eingeschränktes Ministerium leiten. Mehrere Abteilungen wurden in andere Ministerien überführt, darunter die externen Programme an die Anti-LGBTQ-Partei Noam.

Shlomo Karhi, Kommunikationsminister: Es ist sein erstes Ministeramt. Karhi spricht sich für eine Schließung der Nachrichtensparten des öffentlich-rechtlichen Senders Kan und des Armeeradios aus.

Miki Zohar, Kultur- und Sportminister: Auch er dient zum ersten Mal als Minister.

Nir Barkat, Wirtschafts- und Industrieminister: Der einstige Bürgermeister von Jerusalem ist zudem wohlhabender Hightech-Unternehmer.

Miri Regev, Verkehrsministerin: Die Likud-Politikerin kehrt in das Ministerium zurück. Sie diente zudem als Kultur- und Sportministerin.

Haim Katz, Tourismusminister: ehemaliger Minister für Arbeit und Wohlfahrt. Anfang 2022 wurde er in einem Bestechungsfall zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Ofir Akunis, Minister für Innovation, Wissenschaft und Technologie: Auch er kehrt in ein für ihn bekanntes Ressort zurück. Zuletzt war er Minister für regionale Zusammenarbeit.

Avi Dichter, Landwirtschaftsminister: ist mit 75 ältestes Kabinettsmitglied. Dichter ist ehemaliger Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet.

Amichai Chikli, Minister für Diaspora und soziale Gleichstellung: Das Ex-Jamina-Mitglied sorgte für einen Eklat in der vorherigen Regierung, als er sich gegen eine Koalition mit Meretz und Raam aussprach. Trat später dem Likud bei.

Idit Silman, Umweltschutzministerin: vormals Jamina. Auch sie zog den Zorn der alten Regierung auf sich, als sie im April 2022 aus der Koalition austrat. Netanjahu dankte es ihr mit einem hohen Platz auf seiner Parteiliste.

Gila Gamliel, Geheimdienstministerin: einstige Ministerin für soziale Gleichheit und Umweltschutz.

Innen- und Gesundheitsminister Arie Deri (Schas) ist eine der umstrittensten Besetzungen der Koalition.

Galit Distel Atbaryan, Ministerin im Premierbüro: Es ist noch nicht klar, welche Verantwortlichkeiten die Schriftstellerin und Journalistin haben wird.

Ron Dermer, Minister für strategische Angelegenheiten, wurde ohne Parteizugehörigkeit ernannt: Er gilt als einer der engsten Vertrauten des Premiers und war israelischer Botschafter in den USA.

Schas
Arie Deri, Innenminister, Gesundheitsminister: eine der umstrittensten Besetzungen der Koalition. Für Deri, der Anfang des vergangenen Jahres zu einer Bewährungsstrafe wegen Steuerdelikten verurteilt wurde, muss das Gesetz geändert werden, damit er dienen kann. Es ist bereits seine zweite Verurteilung wegen Korruption. 2000 saß er wegen Bestechlichkeit hinter Gittern. In zwei Jahren wird er trotzdem in einer Rotation mit Bezalel Smotrich das Amt des Finanzministers übernehmen. Der enge Netanjahu-Verbündete ist zudem stellvertretender Ministerpräsident.

Ya’akov Margi, Wohlfahrtsminister: Auch hier gibt es eine Rotation. In zwei Jahren soll Margi den Dienst an den Parteikollegen Yoav Ben-Tzur übergeben.

Yoav Ben-Tzur, Minister im Wohlfahrtsministerium, Michael Malchieli, Minister für religiöse Angelegenheiten und Haim Biton, Minister im Bildungsministerium: Alle dienen zum ersten Mal als Ressortchefs.

Otzma Yehudit
Itamar Ben-Gvir, Minister für nationale Sicherheit: Das neue Ressort ist ein erweitertes Ministerium für öffentliche Sicherheit. In einer Gesetzesänderung wurde ermöglicht, dass Ben-Gvir beispiellose Befugnisse über die israelische Polizei übertragen wurden. Der Politiker, der wegen Gewalt und Aufwiegelung zur Gewalt vorbestraft ist, dient zum ersten Mal als Minister.

Die extreme Anti-LGBTQ-Fraktion von Noam hat nur ein Mandat.

Yitzhak Wasserlauf, Minister für die Entwicklung von Negev und Galiläa: gilt als Vertrauter Ben Gvirs, ist Neuling in der Politik und mit 30 Jahren jüngstes Kabinettsmitglied.

Amichai Eliyahu, Kulturerbeminister: Auch er ist ein politischer Newcomer sowie Enkel eines ehemaligen sefardischen Oberrabbiners.

Religiöser Zionismus
Bezalel Smotrich, Finanzminister, Minister im Verteidigungsministerium: Der religiös-nationalistische Ideologe und Vorsitzender der Rechtsaußenpartei Religiöser Zionismus gilt als überzeugter Befürworter von jüdischen Siedlungen. Er hat die Autorität über zivile Angelegenheiten im palästinensischen Westjor­danland inne.

Orit Strock, Ministerin für nationale Missionen: Um welche Aufgaben sich der neu geschaffene Bereich kümmern soll, ist noch nicht klar, es wird aber angenommen, dass sich die Smotrich-Verbündete ebenfalls um Siedlungen kümmern soll.

Ofir Sofer, Einwanderungs- und Absorptionsminister: erster Amtsantritt als Minister.

Vereinigtes Tora-Judentum
Yitzhak Goldknopf, Wohnungs- und Bauminister: Der charedische Politiker folgte dem wegen Verletzung des öffentlichen Vertrauens verurteilten Yaakov Litzman als Vorsitzender der streng religiösen Partei.

Meir Porush, Minister für Jerusalem, Tradition und den Berg Meron: Das Ministerium soll sich auf die Stärkung der jüdischen Tradition, Vertiefung des Wissens und der Verbindung aller Gesellschaftsgruppen zur Tradition konzentrieren.

Noam
Avi Maoz, stellvertretender Minister im Büro des Premiers: Die extreme Anti-LGBTQ-Fraktion hat nur ein Mandat. Maoz’ Kontrolle über externe Programme an Schulen sorgte für scharfe Kritik und die Ankündigung von Widerstand im israelischen Bildungssystem.

Meinung

Kein Symbol für den Frieden

Warum man bestimmte Israel-Ketten besser nicht tragen sollte

von Joshua Schultheis  26.07.2024

Sexuelle Gewalt der Hamas

»Als wäre dein Blut billig ...«

Zum ersten Mal spricht ein männliches Vergewaltigungsopfer des Nova-Festivals öffentlich darüber, was ihm angetan wurde

von Sabine Brandes  26.07.2024

Washington D.C./Palm Beach

USA dringen auf Geisel-Deal - mahnende Worte an Netanjahu

Israels Regierungschef will nach Biden und Harris heute auch Trump treffen

 26.07.2024

USA

So war das Treffen zwischen Joe Biden und Benjamin Netanjahu

Auch die Bewerber für die Biden-Nachfolge trifft der Gast aus Israel

von Magdalena Tröndle  25.07.2024

Kommentar

Eine Schande für die Vereinten Nationen

Berlin muss endlich die Abberufung der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese fordern

von Frank Müller-Rosentritt  26.07.2024 Aktualisiert

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Olympische Spiele

Israels Außenminister Katz warnt vor iranischem Anschlagsplan

Der Minister schrieb einen Brief an seinen französischen Amtskollegen

 25.07.2024

Gaza/Israel

Kämpfe vor Bergung von Leichen der Geiseln aus Tunnel in Chan Junis

Jetzt wird mehr zu den Umständen des Einsatzes bekannt

 25.07.2024

Meinung

Eine eindrucksvolle Abrechnung mit allen Hamas-Verstehern im Westen

Die Rede von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress war eine Lehrstunde für die überwiegend israelfeindlich eingestellte Weltöffentlichkeit

von Philipp Peyman Engel  25.07.2024 Aktualisiert