»Edaaaaan, se ata?« Nach 19 Monaten hört die Mutter von Edan Alexander zum ersten Mal wieder die Stimme ihres Sohnes und fragt, ob er es wirklich ist. Sie kann es kaum glauben und muss sich bremsen, nicht ins Telefon zu schreien. Schon wenige Minuten nach der Übergabe der Geisel durch das Rote Kreuz an die israelische Armee telefoniert der junge IDF-Soldat. »Du bist stark«, sagt seine Mutter, »Du bist in Sicherheit, Du bist zu Hause.«
Kurz zuvor war ein Foto des 21-Jährigen veröffentlicht worden, auf dem er eigenständig neben Hamas-Terroristen und einer Vertreterin des Roten Kreuzes steht. Er sieht auf den ersten Blick unversehrt aus. »Du siehst so schön aus«, spricht seine Mutter ins Telefon. »Und ich liebe dich so sehr.«
Seiner ersten Aussage zufolge sei er von den Terroristen, die ihn »den Amerikaner« nannten, schwer gefoltert und für längere Zeit mit Handschellen in einem Käfig festgehalten worden, berichtete der öffentlich-rechtliche Sender Kan. Die meiste Zeit seiner Geiselhaft war er unter der Erde in einem Tunnel ohne Tageslicht im Süden des Gazastreifens. Dennoch habe er seinen Eltern unmittelbar nach seiner Befreiung gesagt: »Ich bin okay.«
Hamas: Freilassung Geste des »guten Willens«
Alexander wurde am frühen Montagabend dem Roten Kreuz im südlichen Gazastreifen in Khan Yunis übergeben und anschließend über die Grenze gefahren und zur israelischen Armee IDF in die Basis Re’im gebracht. Nach einer ersten medizinischen Untersuchung soll er mit seiner Familie wiedervereint und per Flugzeug in ein Krankenhaus in Tel Aviv geflogen werden.
Auch der US-Sondergesandter Steve Witkoff, der am selben Tag in Israel angekommen war, reiste extra nach Re’im, um bei der Freilassung der amerikanischen Geisel anwesend zu sein.
Die Hamas hatte zuvor erklärt, Alexanders Freilassung sei eine Geste des »guten Willens«, die die Wiederaufnahme von Verhandlungen über einen Waffenstillstand, den Austausch von Gefangenen und die Lieferung humanitärer Hilfe nach Gaza erleichtern soll. Die Terrororganisation hat ihre Bereitschaft zu intensiven Gesprächen bekundet, um eine angeblich umfassende Einigung zu erzielen, die auch die Einrichtung einer unabhängigen Regierung in Gaza beinhaltet, berichteten israelische Medien.
US-Präsident Trump: »Herzlichen Glückwunsch an seine wunderbaren Eltern, seine Familie und seine Freunde!«
Der junge IDF-Soldat, der in der Golani-Einheit diente, soll nach Aussagen von freigelassenen Geiseln, die mit seinen Eltern sprachen, während seiner Gefangenschaft von der Hamas fast ausgehungert, verhört und gefoltert worden seien. Er habe auch versucht, auf Englisch zwischen thailändischen Arbeitern und ihren Entführern zu vermitteln und die Terroristen mit dem Argument, sie seien nicht am Konflikt beteiligt, zur Freilassung der thailändischen Staatsangehörigen zu bewegen.
Premierminister Benjamin Netanjahu sagte am Montagabend, Alexanders Freilassung sei »durch unseren militärischen Druck und den diplomatischen Druck von Präsident Trump möglich geworden. Das ist eine gewinnbringende Kombination.«
Der US-Präsident gratulierte persönlich: »Edan Alexander, die letzte lebende amerikanische Geisel, ist freigelassen worden. Herzlichen Glückwunsch an seine wunderbaren Eltern, seine Familie und seine Freunde!« Trumps Nahostreise, bei der er unter anderem Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar besucht, soll am Dienstag beginnen. Der US-Präsident wird nicht in Israel Halt machen.
Freilassung könnte Anfang vom Ende des Krieges sein
Trumps Botschafter in Israel, Mike Huckabee, sagte: »Edan Alexanders Freilassung ist ein Zeichen für den Anfang vom Ende dieses schrecklichen Krieges«.
Das Forum für Geiseln und vermisste Familien erklärte, Alexanders Freilassung sei ein Lichtblick und ein Zeichen der Hoffnung. »Aber es ist auch eine eindringliche Erinnerung daran, dass 58 Geiseln noch immer in Gaza gefangen gehalten werden. Keine Geisel darf zurückgelassen werden.« Ohne die Rückkehr aller Geiseln werde es keinen israelischen Sieg, keine nationale Erholung und keine wahre Wiedergeburt geben.
Auch Edans Großmutter, Varda Ben-Baruch, fordert die Freilassung von allen entführten Menschen, die noch in der Gewalt der Hamas sind. Dann sagte sie, nachdem ihr Enkelsohn die Grenze zu Israel überquert hatte: »Hasafta smecha« – »Die Großmutter ist glücklich.« »Edanile, jetzt bist zu wieder zu Hause und in Sicherheit.« Sie könne es nicht erwarten, ihn endlich wieder zu sehen und zu umarmen. »Und dann, Edanile, werden wir dich nie wieder loslassen.«