Gaza-Krise

»Die Lage ist unerträglich«

Auch am siebten Tag in Folge hält die Gewalt an. Der Beschuss aus dem Gazastreifen ging auch am Dienstag weiter. Bis zum Mittag wurden 60 Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert. Zahlreiche Geschosse konnte das Iron-Dome-Abwehrsystem abfangen, jedoch nicht alle: In Beer Sheva und in Netivot wurden Häuser direkt getroffen, auch in Aschdod und anderen Städten richteten Raketen Schäden an. In der Eschkol-Region wurde ein israelischer Soldat durch Granatsplitter getötet.

Am Nachmittag ertönten auch in Jerusalem wieder Sirenen. Zwei Raketen wurden auf die Hauptstadt abgefeuert, sie landeten südlich Jerusalems auf offenem Feld. Am Abend schlug eine Rakete in einem sechsstöckigen Wohngebäude in Rischon Lezion ein. Zwei Menschen wurden leicht verletzt. Es entstand zudem erheblicher Sachschaden. Zuvor wurde ein Mensch bei einem Einschlag in Aschkelon schwer verletzt.

Shaar Hanegev Ein Mitglied der Rettungskräfte in der Gemeinde Shaar Hanegev erlitt am Sonntag mittelschwere Kopfverletzungen. Der Landrat dieser unmittelbar an den Gazastreifen grenzenden Region, Alon Shuster, bezeichnete die Lage gegenüber unserer Zeitung als »unerträglich«. Bei der seit Mittwoch andauernden Militäroperation sei Israel darauf bedacht, dass keine Zivilisten auf der anderen Seite zu Schaden kämen. »Doch wir – Männer, Frauen und Kinder – sind unter dauerndem Beschuss. Die Terroristen im Gazastreifen nehmen überhaupt keine Rücksicht auf die Zivilbevölkerung.«

Man sei in der Region Shaar Hanegev zwar schon seit vielen Jahren an den Beschuss durch Granaten und Raketen gewohnt. »Aber nun konzentrieren wir uns nur noch darauf, am Leben zu bleiben. 24 Stunden lang sind wir in Bunkern. Und wenn wir mal ins Freie gehen, halten wir uns in unmittelbarer Nähe der Schutzräume auf.« Das könne nicht so weitergehen. »Ich hoffe, dass jetzt die militärischen und diplomatischen Bemühungen zu einer Lösung führen, die uns endlich wieder in Frieden leben lässt«, sagte Shuster.

gespräche Unterdessen gehen die Bemühungen um eine Waffenruhe weiter. Unter anderem sind UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und US-Außenministerin Hillary Clinton an Gesprächen beteiligt. Israel erklärte, in den kommenden 24 Stunden keine Bodenoffensive zu starten. »Ich bevorzuge eine diplomatische Lösung«, sagte Premierminister Benjamin Netanjahu am Dienstag bei einer Unterredung mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle. »Ich hoffe, dass wir eine derartige Lösung finden können. Doch wenn nicht, haben wir das Recht, uns mit anderen Mitteln selbst zu verteidigen, und wir werden diese auch nutzen.« Westerwelle versicherte, wie zuvor auch beim Treffen mit Präsident Schimon Peres: »Wir stehen an der Seite unserer Freunde in Israel. Israel hat das Recht, sich selbst und seine Bevölkerung zu verteidigen.«

Zentralrat Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, hat am Freitag das Selbstverteidigungsrecht Israels betont. Der Zentralrat unterstütze ausdrücklich das Recht und die Pflicht des jüdischen Staates, die eigenen Menschen vor den böswilligen, fortgesetzten Angriffen der Terroristen zu schützen. Zugleicht brachte Graumann seine Hoffnung auf ein Ende der aktuellen Gewalt zum Ausdruck.

Weiter erklärte Graumann: »In diesen schweren Tagen sind unsere Gedanken und Gebete bei den Menschen in Israel. Der ständige Raketenhagel durch die Terrororganisation Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung muss jetzt endlich ein Ende haben. Bisher wurde dieser tagtägliche Terror, ausgeführt durch die diktatorische, brutale Terrorfiliale des Irans im Gaza, von der Weltöffentlichkeit viel zu oft ignoriert und stillschweigend hingenommen.« Durch den Raketenangriff auf Tel Aviv habe die Bedrohung nunmehr sogar noch eine neue Dimension angenommen.

Auch Israels Botschafter in Berlin, Yakov Hadas-Handelsman, betonte das Recht des jüdischen Staates auf Selbstverteidigung und warb um Verständnis: »Israels Ziel ist es, das Leben seiner Bürger zu verteidigen, es ihnen zu ermöglichen, wieder ein normales und sicheres Leben zu führen sowie im Süden des Landes wieder Ruhe und Stabilität einkehren zu lassen.«

Spendenaktion Die Spendensammelaktion Keren Hayesod ruft jetzt zur Hilfe der Menschen im Süden Israels auf. »Mit der deutlichen Verschlechterung der Situation im Süden Israels mobilisiert der Keren Hayesod weltweit alle Freunde und Unterstützer, um die Bewohner der Region zu unterstützen und fordert alle um ihre Solidarität mit den Familien und Zivilisten«, heißt es im aktuellen Aufruf.

Gemeinsam mit der Jewish Agency und dem Amt des Ministerpräsidenten helfe Keren Hayesod den Opfern des Raketenterrors direkt, indem unter anderem Kinder und Jugendliche aus dem Krisengebiet für einige Tage in den Norden Israels gesandt oder Schutzräume und Bunker in Schulen und Kindergärten renoviert oder neugebaut werden. »Mit Ihrer Spende beteiligen Sie sich an unserem Versprechen, Israel niemals allein zu lassen.«

Weitere Informationen unter: www.keren-hayesod.de

Washington D.C.

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