Jerusalem

Die Knesset wird aufgelöst

Premier Bennett und Außenminister Lapid bei der Pressekonferenz Foto: Flash90

Nach Wochen des Wackelns ist klar: Die Acht-Parteien-Koalition ist gescheitert. Am Montagabend gaben Premierminister Naftali Bennett und Außenminister Yair Lapid bekannt, dass sie vereinbart haben, in der nächsten Woche über die Auflösung der Knesset abzustimmen. Damit steuert Israel auf die fünften Parlamentswahlen in drei Jahren zu.

STABILISIERUNG In einer emotionalen öffentlichen Ansprache sagte der Premierminister, es sei kein einfacher Moment. »Aber wir haben die richtige Entscheidung für den Staat Israel getroffen.« Man habe jeden Stein umgedreht, um die Koalition zu retten, beteuerten Bennett und Lapid gemeinsam. Ein Jahr nach der Gründung seien die Optionen zur Stabilisierung der Koalition jedoch ausgeschöpft.

»Vor einem Jahr haben wir eine Regierung geschaffen, die unmöglich schien, doch die die schwere Lähmung in der Politik beendete«, so der Premier in einer im Fernsehen übertragenen Erklärung. »Wir haben eine gute Regierung gebildet, und gemeinsam haben wir das Land aus der Krise herausgeholt. Israel wurde wieder regiert.«

»In den vergangenen Wochen haben wir alles getan, um diese Regierung zu retten.«

Premierminister naftali bennett

Wenn die Abstimmung in der Knesset angenommen wird, geht das Amt des Premierministers automatisch auf den jetzigen Außenminister Yair Lapid von Jesch Atid über. So war es im Koalitionsvertrag verhandelt worden. Das Datum für die Wahlen könnte der 25. Oktober 2022 sein.

PARTNERSCHAFT Bennett von der Rechtspartei Jamina würde stellvertretender Premierminister werden. Allerdings ziehe er nach Angaben in israelischen Medienberichten in Erwägung, die Politik ganz zu verlassen. Vor seiner Rolle als Politiker war er erfolgreicher Geschäftsmann, der mit Start-ups Millionär wurde. Bennett drückte seine Dankbarkeit für die Partnerschaft mit Lapid aus, der seinerseits für die Freundschaft dankte.

Die Regierung hatte in den vergangenen Wochen nur noch aus 60 Parlamentariern bestanden, nachdem sich ein Mitglied von Jamina aus der Koalition zurückgezogen hatte. Und damit nicht genug des Drucks: Immer wieder hatten anschließend Abgeordnete gedroht, die Regierung zu sprengen.

Auch die Abstimmung über die Ausweitung des israelischen Zivilrechts in den jüdischen Siedlungen des palästinensischen Westjordanlandes drohte zur Zerreißprobe zu werden, weil die Opposition – um die Regierung zu stürzen – gegen die Verlängerung des Gesetzes stimmte. Sobald Neuwahlen anberaumt sind, verlängert es sich jedoch automatisch.

»Es ist eine Schande, dass das Land wieder in Wahlen gezerrt wird.«

Verteidigungsminister BEnny Gantz

Unter einigen Koalitionsmitgliedern habe nach der Ansprache Verwirrung geherrscht. Angeblich hätten Bennett und Lapid sie vorher nicht informiert, darunter auch nicht die Nummer zwei in Jamina, Innenministerin Ayelet Shaked. Verteidigungsminister Benny Gantz (Blau-Weiß) äußerte sich als erster: »Es ist eine Schande, dass das Land wieder in Wahlen gezerrt werden muss«. Er sei jedoch der Meinung, dass die Koalition gute Arbeit geleistet habe.

Die islamistische Partei Raam unter der Leitung von Mansour Abbas, die als erste arabische Partei einer israelischen Regierung angehörte, meldete sich ebenfalls zu Wort. »Wir haben gerade erst angefangen«, so Abbas. »Die arabische Öffentlichkeit will Einfluss.«

OPPOSITION Währenddessen frohlockt die Opposition. Ex-Premier und Likud-Chef Benjamin Netanjahu veröffentlichte ein Video in den sozialen Medien, in dem er die »großartigen Neuigkeiten« begrüßte und versprach, den Nationalstolz zurückzubringen. Ihm wird gerade der Prozess in Jerusalem wegen Korruption in drei Fällen gemacht.

Netanjahus einstiger Rivale im Likud, der jetzige Justizminister Gideon Sa’ar, äußerte sich ebenfalls: »Wie ich gewarnt habe, die Verantwortungslosigkeit bestimmter Koalitionsmitglieder hat das Unvermeidliche herbeigeführt«. Das Ziel bei den kommenden Wahlen sei es, meint Sa’ar: »Netanjahus Rückkehr an die Macht zu verhindern, der den Staat nur für seine Interessen versklaven will«.

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