Terror

Der traurigste 1. Geburtstag der Welt

Am Ende des Liedes sind einige Sekunden Babygebrabbel zu hören. Es ist die Stimme vom kleinen Kfir, aufgenommen, als er noch zu Hause war. »Kor’im li Dschinschi« (Sie nennen mich Rotschopf) ist ein Lied, das israelische Musiker gemeinsam mit Angehörigen geschrieben haben – für den traurigsten 1. Geburtstag der Welt.

Denn das Baby Kfir Bibas hat keinen Kuchen, keine Geschenke, keine Ballons bekommen. Auch kamen keine Gäste, um ihn hochleben zu lassen. Am Donnerstag wurde der Junge mit den orangefarbenen Haaren ein Jahr alt. Seit mehr als 100 Tagen befindet er sich in der Gefangenschaft der Hamas.

Terroristen entführten den Jungen am 7. Oktober als neun Monate altes Baby zusammen mit seiner Mutter Shiri und seinem 4-jährigen Bruder Ariel aus dem Heimatkibbutz Nir Oz. Auch der Vater Yarden wird in Gaza festgehalten. Vor einigen Wochen erklärte die Hamas, dass Shiri und die Kinder nicht mehr am Leben seien. Dafür gibt es jedoch keine Bestätigung vonseiten Israels.

Orangefarbene Ballons symbolisieren das Haar der Bibas-Jungen

Die Organisatoren vom Forum der Familien von Geiseln und Vermissten hatten für die Angehörigen und alle Israelis, die dabei sein wollten, eine Geburtstagsparty auf dem Platz der Geiseln in Tel Aviv organisiert. Vor einem Meer aus orangefarbenen Ballons – die das Haar der Bibas-Jungen symbolisieren – traten die bekanntesten Stars der Kinder-Unterhaltungsszene des Landes auf: Onkel Chaim, Menni, Michal Ha’Ktana und andere. In die Vorführungen, die von Hoffnung sangen, mischte sich das Flehen für eine baldige Freilassung der Familie.  

»Mazal tow, kleiner Schatz! Wir hoffen, dass du bald gesund nach Hause kommst. Amen!«

Die Israelis hatten Wünsche für das Geburtstagskind auf die Ballons geschrieben und Herzen dazugemalt: »Mazal tov, kleiner Schatz. Wir hoffen, dass du bald gesund nach Hause kommst. Amen!« Onkel Chaim konnte auf der Bühne die Tränen nicht mehr zurückhalten. »Ich habe einen Neffen. Immer, wenn ich ihn treffe, denke ich an Kfir und seinen Bruder Ariel. Es bricht mir das Herz…«

Die Angehörigen trugen T-Shirts mit den stilisierten Gesichtern der vier Bibas-Mitglieder und dem Satz: »Free my family now« (befreit meine Familie jetzt). Sie standen mit versteinerten Minen auf der Bühne, hielten Luftballons und Plakate mit den Gesichtern der Entführten in den Händen.

Michal Ha’Ktana sagte, sie stehe hier als Mutter von sechs Kindern und kann nicht glauben, »dass wir heute hier sein müssen und den ersten Geburtstag für dieses kleine Küken feiern, ohne das es bei uns ist«. Nur eins zähle: »Bringt ihn nach Hause – bringt sie alle nach Hause«, rief sie und fügte den verzweifelten Schrei der Geiselangehörigen nach ihren Liebsten hinzu: »Achschaw!«. Jetzt!

Familie fordert Verteidigungsminister auf, Deal zuzustimmen

Der Cousin von Shiri Bibas, Yossi Shnaider, rieff die Anwesenden auf, noch am selben Abend zu einer Demonstration zu kommen. »Wir fordern Verteidigungsminister Gallant auf, einem Deal zuzustimmen. Es geht so nicht mehr weiter. Sie müssen endlich nach Hause kommen.«

Keines der Bibas-Familienmitglieder kehrte während des Waffenstillstands zurück, als mehr als 100 Geiseln – darunter alle anderen minderjährigen Kinder und Jugendlichen – durch einen Deal zwischen Israel und der Hamas befreit wurden. Damals behauptete die Hamas zunächst, dass Shiri, Ariel und Kfir von einer anderen Terrororganisation festgehalten würden. Später hieß es, sie seien bei einem israelischen Luftangriff getötet worden. Die IDF erklärte, dass die Behauptungen der Hamas bezüglich der Bibas-Familie nicht bestätigt seien, und bezeichnete sie als »grausamen psychologischen Terror«. Bis heute gibt es keine Neuigkeiten.

Die freigelassene Geisel Nili Margalit, die fast 50 Tage in Hamas-Gefangenschaft verbrachte, gab bekannt, dass sie mit Yarden Bibas zusammen war, als Hamas-Terroristen ihm erzählten, seine Frau und zwei kleinen Kinder seien bei Angriffen der israelischen Armee auf den Gazastreifen getötet worden. Sie zwangen ihn dann dazu, ein Video zu drehen, in dem er Premierminister Benjamin Netanjahu die Schuld dafür gibt.

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