Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will offenbar nicht bis nach den Wahlen mit der Umsetzung des US-Friedensplans warten. Noch in den USA sagte er, der erste Schritt sei, israelische Souveränität in den jüdischen Siedlungen im palästinensischen Westjordanland und im Jordantal nördlich des Toten Meeres herzustellen. Er wolle dies bereits Anfang nächster Woche vor das Parlament bringen.
Washington Mit Netanjahu an seiner Seite stellte US-Präsident Donald Trump am Dienstag in Washington Details des lange erwarteten Nahost-Friedensplans vor, den er als »Deal des Jahrhunderts« bezeichnete. Drei Jahre hatte die Ausarbeitung gedauert, es sei ein langwieriger und schwieriger Prozess gewesen. Doch die 80 Seiten umfassende Ausarbeitung sei eine Win-win-Situation.
Trump nannte den Plan eine »realistische Zweistaatenlösung für Israel und die Palästinenser«. Dies sei ein »großer Schritt in Richtung Frieden«. Kernpunkte seien, dass Israel sämtliche Siedlungen im palästinensischen Westjordanland erhalte und die Palästinenser ihren eigenen Staat bekämen. »Kein Israeli, kein Palästinenser wird sein Heim verlieren«, machte Trump klar.
Hauptstadt »Jerusalem wird die ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben«, mit einigen Vierteln in Ost-Jerusalem als palästinensische Hauptstadt. »Dort werden die USA stolz eine Botschaft eröffnen«, kündigte der amerikanische Präsident an. Der Status quo des Tempelberges bliebe davon unangetastet. Israel erkläre sich zu territorialen Kompromissen bereit. Weiterer Siedlungsbau würde für die Dauer von vier Jahren eingefroren. Der Gazastreifen wurde von Trump kaum erwähnt, außer, dass er entmilitarisiert werden und es ein Ende der Hamas geben müsse.
Bei einer Zustimmung zum neuen Nahost-Plan würden die Palästinenser nach Aussage des US-Präsidenten massive Hilfe und Investitionen erhalten. Die Wirtschaft der Palästinenser könnte sich bei einer Annahme des Plans »verdoppeln oder verdreifachen, eine Million Jobs geschaffen werden«.
Terrorismus Die USA und andere Staaten stünden an der Seite der Palästinenser. Allerdings nur dann, wenn diese bereit seien, Frieden zu schließen und der Gewalt sowie dem Terrorismus abzuschwören. Die Palästinenser hätten vier Jahre Zeit, »um aufzustehen und sich auf die Herausforderungen eines Staates vorzubereiten«.
UN-Resolution Die Palästinenserführung jedoch hatte den Plan bereits vorab als Verstoß gegen UN-Resolutionen und geltendes Völkerrecht zurückgewiesen. Sie wirft Trump vor, in dem Konflikt vollständig auf der Seite Israels zu stehen und die Zusammenarbeit zu boykottieren. Die Palästinenser riefen zu einem »Tag des Zorns« auf. Am Dienstag demonstrierten Hunderte Palästinensern in Gaza und dem Westjordanland gegen die Vorhaben.
»Meine Vision ist eine Win-win-Situation für beide Seiten.« US-Präsident Donald Trump
Israel könne sich dem Plan zufolge gegen »jegliche Bedrohung« seiner Sicherheit zur Wehr setzen. Der Deal sieht einen entmilitarisierten palästinensischen Staat vor, »der friedlich mit Israel zusammenlebt, während Israel die Verantwortung für die Sicherheit westlich des Jordan-Flusses behält«, hieß es. Israels Armee verstärkte unterdessen die Truppen im Jordantal.
Position Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte, »Trump und Netanjahu erklärten den Schlag des Jahrhunderts, nicht den Deal. Und wir werden mit Schlägen antworten«. Er betonte, dass sich die Position der palästinensischen Führung nicht geändert habe. »Wir haben es schon 1000-mal zuvor gesagt: ›Nein, nein, nein.‹« Man werde auf die Ankündigungen reagieren, eventuell sogar mit Änderungen der Autonomiebehörde. Näheres führte Abbas aber nicht aus.
Das Außenministerium von Katar erklärte, es erkenne die Bemühungen der USA an, eine Lösung für den israelisch-palästinensischen Konflikt zu finden, solange sie sich innerhalb des internationalen Rahmenwerkes der Legitimität bewege. Die Vereinigten Arabischen Emirate äußerten sich ähnlich. Viele westliche Nationen erklärten, sie bräuchten Zeit, um den Plan zu bewerten, und betonten gleichzeitig, dass sie zu einer Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967 raten. Das erklärte auch Israels Nachbar Jordanien.
Jordanien Das haschemitische Königreich machte klar, es lehne jegliche unilateralen Schritte Israels ab. Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs unter anderem das Westjordanland, Ost-Jerusalem und die Golanhöhen erobert. Die Vereinten Nationen sehen sie als besetzte Gebiete an. Die Palästinenser wollen im Westjordanland und im Gazastreifen einen unabhängigen Staat ausrufen, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
Eine Mehrheit in der Knesset ist für Netanjahus Vorhaben jedoch derzeit unwahrscheinlich.
Siedlungen Netanjahu dankte Trump, dass er der »großen Lüge«, es handele sich bei den Siedlungen um illegal von Israel besetzte Gebiete, ein Ende bereite. So könne mit den Palästinensern Frieden geschlossen werden, fügte er hinzu.
Plan Bei einer Pressekonferenz im Anschluss sagte er, dass die Umsetzung des Plans in zwei Phasen geschehen solle: Nach der nächsten Kabinettssitzung würde Israel seine Souveränität im Jordantal und in sämtlichen israelischen Siedlungen im Westjordanland festigen. Anschließend, so der Premier weiter, wolle er das israelische Gesetz, in Abstimmung mit den USA, auch in weiteren, die Siedlungen umgebenden Gebieten anwenden.
Eine Mehrheit in der Knesset ist für Netanjahus Vorhaben jedoch derzeit unwahrscheinlich oder sogar unmöglich, da er lediglich einer Interimsregierung vorsteht, die derartige Gesetzesänderungen momentan wahrscheinlich gar nicht zur Abstimmung bringen kann.
Korruption Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit sagte, dass dieses Thema »entsprechend der existierenden Gesetze untersucht werden muss«. Die Regierung müsse in jedem Fall erklären, warum es so dringend ist und vor den Wahlen geschehen muss. Netanjahu steht derzeit unter Anklage wegen Korruption in drei Fällen.
Sein Herausforderer Benny Gantz von der Zentrumsunion Blau-Weiß, der sich ebenfalls mit Trump in den USA traf, nannte den Plan »einen Meilenstein auf dem Weg zu einer regionalen Vereinbarung«. Er betonte jedoch, dass jegliche Schritte erst nach den Wahlen am 2. März vorgenommen werden sollten.