Die Bundesregierung könnte für eine Verbesserung der Lage im Gazastreifen nach eigenen Angaben den Druck auf die israelische Regierung erhöhen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) habe am Sonntag bei einem Telefonat mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sehr klar die deutschen Erwartungen geäußert, sagte Vize-Regierungssprecher Sebastian Hille am Montag in Berlin. Dabei habe der Kanzler die Lage in Gaza als »absolut inakzeptabel« bezeichnet und »auch zum Ausdruck gebracht, dass die Bundesregierung bereit ist, den Druck zu erhöhen, wenn Fortschritte ausbleiben«.
Bundeskanzler Merz forderte Netanjahu nach Regierungsangaben bei dem Telefonat auf, alles in seiner Macht Stehende für einen umgehenden Waffenstillstand zu unternehmen. Israels Regierungschef müsse der hungernden Zivilbevölkerung in Gaza die dringend notwendige humanitäre Hilfe zukommen lassen. Am Montagnachmittag sollte das deutsche Sicherheitskabinett zur Lage im Nahen Osten tagen.
Hille betonte, auch die Hamas sei aufgefordert, die Waffen niederzulegen und die verbliebenen Geiseln nach mehr als 600 Tagen freizulassen. Die erstmals wieder in einem größeren Umfang zugelassenen Hilfslieferungen in den Gazastreifen als »erste Entwicklungen in eine richtige Richtung«.
Militär wirft Hilfsgüter ab
Das israelische Militär hatte als Reaktion auf internationale Kritik an der humanitären Lage im Gazastreifen Hilfsgüter aus der Luft abgeworfen und sogenannte »humanitäre Pausen« angekündigt. Seit vergangenem Sonntag soll demnach täglich von 10 bis 20 Uhr Ortszeit eine »taktische Pause der militärischen Aktivitäten für humanitäre Zwecke« stattfinden, um UN-Konvois die sichere Lieferung von Hilfsgütern zu ermöglichen. Die Pause gelte in den Gebieten Al-Mawasi im Südwesten, Deir al-Balah im Zentrum sowie in der Stadt Gaza im Norden - Regionen, in denen die Armee nach eigenen Angaben nicht operiere.
Laut Angaben von COGAT haben im Juli 1684 Lkw die Grenze von Israel nach Gaza überquert und rund 34.000 Tonnen Hilfsgüter in den Küstenstreifen gebracht. COGAT ist die für die Versorgung der Zivilisten im Gazastreifen verantwortliche Abteilung im Verteidigungsministerium.
Lieferung von Hilfsgütern erschwert
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes bestätigte, dass am Sonntagabend 100 Lastwagen mit Hilfslieferungen den Gazastreifen erreichten. Dies sei jedoch immer nur eine Momentaufnahme, sagte der Sprecher. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes ist die Lieferung humanitärer Hilfe in den Gazastreifen durch die extrem gefährliche Sicherheitslage und nicht ausreichende israelische Sicherheitszusagen erschwert. »Wir sehen, dass Helferinnen und Helfer der Vereinten Nationen während laufender Kampfhandlungen bei ihrer Arbeit jeden Tag ihr Leben aufs Spiel setzen«, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Die deutsche humanitäre Hilfe für die palästinensischen Gebiete belaufe sich nach Angaben des Auswärtigen Amtes seit Kriegsbeginn auf mehr als 330 Millionen Euro.
Am Montag tagt zudem eine Konferenz bei den Vereinten Nationen in New York zur Zwei-Staaten-Lösung unter Federführung von Frankreich und Saudi-Arabien. Dem Sprecher des Auswärtigen Amtes zufolge will Deutschland die Konferenz nutzen, um dem Prozess hin zur Zwei-Staaten-Lösung neues Momentum zu verleihen. kna/epd