Jerusalem

»Beunruhigend und gefährlich«

Künftig Minister: Bezalel Smotrich (l.) und Aryeh Deri Foto: copyright (c) Flash90 2022

Die Knesset hat Änderungen des Grundgesetzes gebilligt. Ein neues Gesetz ebnet den Weg für den Vorsitzenden der nationalistischen Partei Religiöser Zionismus, Bezalel Smotrich, einen Minister im Verteidigungsressort zu ernennen, der das Westjordanland beaufsichtigen wird. Das wurde im Koalitionsvertrag zwischen ihm und dem designierten Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) vereinbart.

AUTORITÄTEN Demzufolge wird Smotrich die Verantwortung für die Zivilverwaltung und die Koordinierung der Regierungsoperationen im palästinensischen Westjordanland übergeben. Der rechtsextreme Chef von Otzma Jehudit, Itamar Ben-Gvir, erhält als Minister für Innere Sicherheit zudem weitreichende Autoritäten, die über die eigentlichen hinausgehen.  

Stabschef Aviv Kochavi äußerte seine Sorge über die Machtübergabe, die traditionell in den Zuständigkeitsbereich der Sicherheitskräfte fällt. Berichten in israelischen Medien zufolge habe Kochavi Netanjahu gesagt, dass die Vereinbarungen, die der mit seinen Koalitionspartnern getroffen habe, das Gesicht der IDF dramatisch verändern würden, und bat ihn, die Vorschläge mit dem Sicherheitsapparat zu diskutieren, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werde.

»Der Stabschef ist kein Praktikant, der lediglich Befehlen gehorcht.«

scheidender verteidigungsminister benny gantz

Smotrich beschuldigte Kochavi daraufhin, »eine eklatante Politisierung in die IDF eingeführt zu haben«. Der scheidende Verteidigungsminister Benny Gantz von der Zentrumspartei Blau-Weiß verteidigte seinen Stabschef und machte deutlich, dass der kein Praktikant sei, der lediglich Befehlen gehorche. Sondern sei es seine Aufgabe, seine professionelle Meinung zu äußern, gegen Handlungen, die die Sicherheit und Effizienz der IDF gefährden.

»Die Bemühungen, den derzeitigen Stabschef und seinen Nachfolger einzuschüchtern und den kritischen und offenen Diskurs zum Schweigen zu bringen, sind beunruhigend und gefährlich«, fügte Gantz hinzu.

ESKALATIONEN Er ging noch weiter und sagte, dass es »durch die Gesetzesänderungen schwierig werden wird, die Befehlskette abzubauen und das Funktionieren unseres Sicherheitssystems zu sichern«. Er habe die Armee bereits angewiesen, sich auf mögliche Eskalationen vorzubereiten, so Gantz.

»Ich denke, dass eine solche Eskalation eine völlig vorhersehbare Sache ist, die passieren wird. Blut könnte vergossen werden. Es ist eine Schande, dass wir diesen Preis zahlen werden.«

Darüber hinaus verabschiedete die Knesset das sogenannte »Deri-Gesetz«, das es Arie Deri ermöglicht, trotz seiner strafrechtlichen Verurteilung wegen Steuervergehen zum Minister ernannt zu werden. Derzeit läuft noch eine Bewährungsstrafe gegen den einstigen Innenminister und Vorsitzenden der ultraorthodoxen Schas-Partei.

Die Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara warnte vor einer Politisierung des Strafverfolgungssystems.

Die Änderungen definieren gesetzlich, dass nur ein Knessetabgeordneter, der tatsächlich zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, nicht zum Minister ernannt werden kann. Bei einer Bewährungsstrafe – wie bei Deri – könne man allerdings ein Ressort übernehmen.

MESSLATTE Der scheidende Justizminister Gideon Sa’ar meint, es sei ein Fehler, diese Gesetzesänderungen zu genehmigen. »Ist es richtig, ein Gesetz zu erlassen und seine weitreichenden Auswirkungen zu ignorieren? Ist es richtig, dass die Knesset Gesetze zu skandalösen Themen erlässt und aus eigener Initiative die Messlatte für die Mitgliedschaft in der Regierung senkt?«, fragte er und resümierte: »Das ist nicht gut – und es ist falsch«.

Auch die Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara hatte den Gesetzentwurf bereits vor Wochen kritisiert. Sie warnte vor einer »Politisierung des Strafverfolgungssystems«.

Nachrichten

Schokolade, Seife, Fauda

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  09.07.2025

Israel

Ehemalige Geiseln Sapir Cohen und Sasha Troufanov verloben sich

Das Paar wurde am 7. Oktober 2023 aus dem Kibbuz Nir Oz entführt und überlebte die Strapazen der Geiselhaft

 09.07.2025

Vermisst

Er war ein Familienmensch

Ilan Weiss gehörte zum Sicherheitsteam in Be’eri. Er wurde am 7. Oktober ermordet und seine Leiche nach Gaza verschleppt

von Sabine Brandes  09.07.2025

Israel

Yair Lapid: Netanjahu will Waffenruhe verhindern

Der Ministerpräsident stelle Hindernisse für eine Einigung in den Weg, sagt der Oppositionsführer

 09.07.2025

Washington D.C.

Kommt nun eine Waffenruhe für Gaza?

US-Präsident Trump will einen Deal. Erneut trifft er Israels Regierungschef Netanjahu. Dieser bekräftigt: Am Ende werde es keine Hamas geben

 09.07.2025

Krieg

Bericht: Hamas nutzte sexualisierte Gewalt als »taktische Kriegswaffe«

Eine Untersuchung des israelischen Dinah-Projekts enthält verstörende Details über sexualisierte Gewalt am und nach dem 7. Oktober 2023. Die Initiative fordert die Strafverfolgung der Täter

von Robert Messer  08.07.2025

Nahost

Netanjahu: Wir werden alle Kriegsziele erreichen

Es seien Schritte erforderlich, von denen einige für Israel und einige für die Hamas sehr schmerzhaft würden, betont Israels Premier

 08.07.2025

Nahost

Trump und Netanjahu hoffen auf Deal mit Syrien

Während die Vorgespräche über eine Waffenruhe mit der Hamas weitergehen, arbeiten die beiden Regierungschefs an normaleren Beziehungen zu Israels Nachbarland

 08.07.2025

Andrea Kiewel

»Sollen die Israelis sich abschlachten lassen?«

Die »Fernsehgarten«-Moderatorin äußert sich im »Zeit«-Magazin erneut deutlich politisch zu ihrer Wahlheimat

 08.07.2025