Mehr Abwanderung, mehr westlicher Antisemitismus und zunehmende Polarisierung: Das sind die Trends, die das »Jewish People Policy Institute« (JPPI) in seinem Jahresbericht zur Lage des jüdischen Volkes in Israel und weltweit ausmacht. Am Donnerstag legte es den Bericht zum vergangenen jüdischen Jahr 5785 (2024-25) dem israelischen Präsidenten Isaac Herzog und der israelischen Regierung vor. Herzog zeigte sich laut Präsidialamt beunruhigt und alarmiert.
Die Bewertung konzentriert sich auf sechs zentrale Faktoren für die Zukunft Israels und der Juden, darunter Demografie, Zusammenhalt, Widerstandsfähigkeit und Identität.
Demnach blieb die jüdische Bevölkerungsentwicklung im vergangenen jüdischen Jahr stabil positiv. Die Abwanderung junger säkularer Israelis habe zugenommen. Der seit zwei Jahren anhaltende Krieg, die Frage der israelischen Geiseln sowie der Streit um die Wehrpflichtbefreiung für strengreligiöse Juden habe die Einheit des jüdischen Volkes im Vergleich zum Vorjahr geschwächt. Die Identität werde durch eine große Solidarität der im Ausland lebenden Juden gestärkt. Gleichzeitig sei eine zunehmende Entfremdung progressiver und jüngerer Juden zu verzeichnen.
Zunehmende Isolation
Auf geopolitischer Ebene sieht das JPPI Israel zunehmend international isoliert und wachsender Kritik ausgesetzt. Auch die Beziehungen Israels zu den USA seien angesichts der politischen Polarisierungen brüchig, wenn auch durch gemeinsame Operationen und strategische Abstimmungen gestärkt.
Als Herausforderung für die jüdische Widerstandsfähigkeit bewertet das Institut einen im gesamten Westen gestiegenen Antisemitismus, aber auch internationale Rechtsstreitigkeiten wie etwa vom internationalen Strafgerichtshof ausgestellte Haftbefehle gegen israelische Spitzenpolitiker.
Gegen extremistische Rhetorik
Das Institut empfiehlt den politischen Entscheidungsträgern in Israel unter anderem, ein klares politisches Ziel für die Zeit nach Ende des Gazakriegs zu formulieren, um die internationale Legitimität zu stärken. Ferner müssten die »extremistische Rhetorik in der Regierung« gezügelt und Äußerungen über »Vertreibung oder »Zerstörung« unterlassen werden. Israel, so die Empfehlung, solle diplomatisch proaktiv werden sowie die jüdische Diaspora in institutionalisierter Form in seine Entscheidungsfindung einbinden. kna