Gegen den Chefermittler beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag, Karim Khan, werden nun Vorwürfe erhoben, seine Anträge auf Haftbefehle gegen israelische Politiker seien politisch motiviert gewesen.
Er habe versucht, den Druck aus westlichen Ländern und von pro-palästinensischen Organisationen auf Israel zu erhöhen, zitierte die Tageszeitung »Jerusalem Post« am Dienstag einen namentlich nicht genannten »hochrangigen westlichen Diplomaten«, der mit den IStGH-Ermittlungen gegen Netanjahu und Gallant vertraut sein soll.
Khan habe ihm Anfang letzten Jahres in einem Gespräch gesagt: »Warten Sie nur ab. Wenn ich Haftbefehle gegen Netanjahu beantrage, würde dies Ländern wie Deutschland und Kanada den Vorwand liefern, sich gegen die israelische Regierung zu wenden.«
Der Einschätzung des Diplomaten zufolge sei Khans Entscheidung, die Haftbefehle gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und den damaligen israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant zu beantragen, habe auf dem Wunsch beruht, weltweit Stimmung gegen Israel zu machen wegen des Kriegs in Gaza.
Der Diplomat wurde von der israelischen Zeitung mit den Worten zitiert: »Ich erinnere mich, dass ich mir zunächst dachte: Wie naiv kann man sein? Aber dann dachte ich: Das ist nicht deine Aufgabe. Man sollte sich von Gesetzen, Fakten und Beweisen leiten lassen und nicht von dem Gedanken, dass Deutschland sich gegen einen gewählten Politiker wenden könnte.«
Missbrauchsvorwürfe gegen Khan
Der britische Jurist Khan, der seit 2021 als Chefankläger beim IStGH amtiert, wird zudem von einer ehemaligen Mitarbeiterin beschuldigt, sie bei Dienstreisen zum Sex gezwungen zu haben. Am Wochenende hatte das »Wall Street Journal« (WSJ) ausführlich über den Fall berichtet.
Khan bestreitet auch diesen Vorwurf energisch. Weder habe es sexuellen Missbrauch gegeben noch habe seine Entscheidung vom Mai 2024, Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant zu beantragen, mit dem Aufkommen der Anschuldigungen gegen ihn zu tun, ließ der Chefankläger dem WSJ über seine Anwälte mitteilen.
Vor den von ihm angestrengten Verfahren gegen Netanjahu und Gallant galt Karim Khan nicht unbedingt als Verfechter propalästinensischer Positionen. Noch 2023 wurde er von Organisationen dafür kritisiert, mit Israel zu lasch umzugehen.
Die israelische Regierung bestreitet die Zuständigkeit des IStGH und hat nun beantragt, die im November von einer Gerichtskammer verhängten Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant wieder aufzuheben. mth