Strategie

Auf alles vorbereitet

Für den Ernstfall trainiert: Israelische Soldatinnen als Araberinnen verkleidet üben mit Kollegen Konfliktszenarien auf einem Truppenübungsgelände der Zahal. Foto: Flash 90

Viel wird gemunkelt. Wird es Massendemonstrationen geben? Werden sie friedlich sein? Gibt es wieder Terror? Der 20. September, der Tag, an dem die Palästinenser vor den Vereinten Nationen die Anerkennung ihres eigenen Staates durchsetzen wollen, steht vor der Tür.

Derweil bemühen sich alle Seiten angestrengt, ein äußerst entspanntes Bild abzugeben und der Bevölkerung auf allen Seiten »business as usual« zu präsentieren. Die israelische Armee will sich nicht konkret äußern, inwieweit sie die jüdischen Siedlungen im Westjordanland vorbereitet. Das einzige offizielle Statement lautet: »Wir treffen immer irgendwelche Vorbereitungen.« Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas fährt die friedliche Tour: Eine dritte Intifada gegen Israel schließt er kategorisch aus.

Armee Die Tageszeitung Haaretz jedoch berichtete vor einigen Tagen, dass ihr ein Papier vorliege, welches die IDF-Aktion – genannt »Samen des Sommers« – detailliert beschreibt. Monatelang seien die für die Sicherheit innerhalb der Siedlerbewegung Verantwortlichen von der Armee trainiert worden, um mit allen Eventualitäten vertraut gemacht zu werden.

Entsprechend des Dokuments, schreibt Haaretz, werden nach einer Erklärung der Unabhängigkeit »hauptsächlich Massenunruhen« erwartet. Das könnten Märsche auf wichtige Straßenkreuzungen, jüdische Gemeinden und Bildungseinrichtungen sein, auch könnte versucht werden, Symbole des israelischen Staates zu beschädigen. Eine weitere Möglichkeit seien gewalttätige Szenen, etwa Schüsse innerhalb palästinensischer Massendemonstrationen.

rote linie Angeblich seien in Zusammenarbeit mit der Armee präventiv »zwei Linien für jede Siedlung« bestimmt worden. Werde die Erste von palästinensischen Protestanten überquert, seien die Soldaten und Sicherheitsleute angehalten, Tränengas einzusetzen. Würde die Zweite, die sogenannte Rote durchbrochen, solle auf die Füße der Demonstranten gezielt werden.

In den vergangenen Wochen seien die Siedlungen auf »Schwachstellen in der Verteidigung« untersucht worden. Nach Auskunft von Roni Arzi, Pressesprecher des Jescha-Rates, der die jüdischen Siedlungen im Jordanvorland vertritt, seien die Vorbereitungen in der Tat hauptsächlich militärischer Natur. »Seit zwei Monaten gibt es eine sehr intensive Kooperation zwischen uns und der israelischen Armee, um jegliche Szenarien durchzuspielen«, sagte er im Interview. Es gäbe tatsächlich »so etwas wie zwei Linien für jede einzelne Siedlung«, Details dazu dürfe er jedoch nicht preisgeben. Sicherheitsmaßnahmen ziviler Einrichtungen bestünden nicht, insistierte er.

Arzi betont, dass die Botschaft der palästinensischen Führung bislang eine friedliche war. »Sie sagen, sie wollen ausschließlich Paraden ohne Gewalt veranstalten. Wenn es tatsächlich so ablaufen wird, werden wir Bonbons an die Palästinenser verteilen. Wir wollen keine Gewalt. Dennoch müssen wir vorbereitet sein.«

Ganz so friedfertig soll es aber doch nicht zugehen – zumindest in Sachen Propaganda: »Wir werden versuchen, die palästinensische Beeinflussung der Welt zu unseren Gunsten zu wenden.« Die arabischen Nachbarn, meint Arzi, wollten zeigen, wie schrecklich Israel sei, und mit Bildern wie »palästinensische Schulkinder gegen Soldaten« Stimmung gegen den jüdischen Staat machen. Hier will die Organisation »MyIsrael« als Gegenmaßnahme friedliche Paraden von Zivilisten veranstalten, die den Palästinensern »mit Ölzweigen in der Hand« gegenübertreten. Auch sollten alle »jüdischen Häuser in der Westbank in ein blau-weißes Flaggenmeer« verwandelt werden.

terror Der Beauftragte der israelischen Polizei, Yochanan Danino, sprach am Montag auf einer Konferenz zu Maßnahmen gegen Terrorismus über die Vorbereitungen. »Das Wichtigste ist, dass wir auf alles vorbereitet sind. Der September birgt eine neue Herausforderung für die israelischen Sicherheitskräfte, derartige Events haben immer explosives Potenzial.« Am Tag zuvor hatten Armee und Polizei gemeinsame Übungen abgehalten, die sämtliche Szenarios durchspielten, von harmlosen bis zu extrem bedrohlichen.

»Wir erwarten Demonstrationen, und ich werde meine Leute anweisen, auf dieselbe Art umzugehen wie mit den Zeltprotesten – geduldig und sensibel.« Der Sicherheitsexperte sagte, die Polizei habe ihre Vorräte an nicht-scharfen Mitteln zur Auflösung von Massendemonstrationen um 50 Prozent aufgestockt, um die Verluste so gering wie möglich zu halten. »Sollte es dennoch Gewalt geben, wird unmittelbar und kompromisslos dagegen vorgegangen.«

Teheran

Israel greift iranischen Staatssender an

Einen halben Tag lang herrschte Ruhe in der iranischen Hauptstadt. Dann flog Israels Luftwaffe neue Angriffe. Der Angriff auf IRIB wird live ausgestrahlt

 16.06.2025

Schmuggel

Ein Löwenbaby per Drohne

Israelische Behörden sind in der Negevwüste einem offenbar groß angelegten illegalen Handel mit exotischen Tieren auf der Spur. Sogar Giraffen sollen dabei sein

von Sabine Brandes  16.06.2025

Kommentar

Der Öl-Preis muss fallen, damit die Mullahs stürzen

Wenn der Preis für Rohöl auf unter 10 US-Dollar fällt, gehen die Saudis nicht pleite, aber der Revolutionsführer Khamenei sehr wohl. Putin übrigens auch.

 16.06.2025

Krieg gegen Iran

In Israel zählt man die Minuten

Jeden Moment kann der Alarm losheulen, dann bleiben nur wenige Minuten, um zum Bunker zu eilen. Während die Straßen wie ausgestorben sind, spielt sich das öffentliche Leben in den Schutzräumen ab

von Sabine Brandes  16.06.2025

Luftfahrtmesse

Frankreich schließt israelische Stände

Die Betreiber sollen entgegen der Auflagen Angriffswaffen ausgestellt haben

 16.06.2025

Jerusalem/New York

Netanjahu: Iranisches Regime will Trump töten

In einem Interview mit »Fox News« spricht der Ministerpräsident auch über den Krieg gegen das iranische Regime und dessen Atomprogramm

 16.06.2025

Israel im Krieg

Gestrandeten Israelis drohen lange Wartezeiten auf Rückreise

Israelis, die im Ausland von den Angriffen zwischen Iran und Israel überrascht wurden, müssen mit langem Warten bei der Rückkehr rechnen. Der Luftraum bleibt geschlossen, die Landwege gelten als gefährlich

 16.06.2025

Interview

»Israel macht den Job, den alle sich erhoffen«

Der Militärexperte Carlo Masala über Raketeneinschläge in Israel, Erwartungen in der Region und die Zukunft des Iran

von Sophie Albers Ben Chamo  16.06.2025

Todesstrafe

Iran richtet angeblichen Mossad-Spion hin

Der Hingerichtete war zuvor wegen der angeblichen Weitergabe sensibler Informationen an den Mossad zum Tode verurteilt worden

 16.06.2025