Sefardische und aschkenasische Juden folgen unterschiedlichen Traditionen. Wenn ein sefardischer Mann eine Frau aus einer aschkenasischen Familie heiratet und beide ihre Tradition aktiv leben, kann es zu Reibungen kommen.
Das anschaulichste Beispiel sind vermutlich die »Kitnijot«: Reis, Sesam, Senf, Sonnenblumenkerne und Mais, aber auch Hülsenfrüchte wie Bohnen und Erbsen. Bei aschkenasischen Juden sind sie an Pessach ebenso verboten wie Chametz, zu dem Produkte aus Weizen, Gerste, Dinkel, Roggen und Hafer gehören.
Konfliktfelder Aber was gilt in einem »gemischten« Haushalt als koscher? Wird der sefardische Mann Reis essen, seine aschkenasische Ehefrau aber nicht? Trennen die beiden ihr Pessachgeschirr? Je tiefer man sich in die Unterschiede zwischen sefardischen und aschkenasischen Juden hineinvertieft, desto mehr Konfliktfelder eröffnen sich. Was also tun, damit der häusliche Frieden in einer gemischt aschkenasisch-sefardischen Familie gewahrt bleibt?
Die Fragestellung ist recht neu. In den alten Schriften findet man nicht viel zu diesem Thema, denn die Kontakte zwischen den verschiedenen jüdischen Gemeinschaften waren damals andere als heute. Früher war es recht unwahrscheinlich, dass ein aschkenasischer Jude aus Lublin eine Jüdin aus Fez heiratete. Doch in unseren Tagen rückt die Welt zusammen. Im Land Israel treffen Juden mit verschiedenen Minhagim (Bräuchen) aufeinander, und auch in den großen Städten der Diaspora begegnen sich Juden mit den verschiedensten Hintergründen.
Responsum Es gibt jedoch lediglich ein altes (und häufig zitiertes) Responsum, das sich mit der Frage beschäftigt, wie in einer sefardisch-aschkenasischen Ehe zu verfahren ist. Der Lösungsansatz hat noch immer Bestand. Er stammt von Rabbi Schimon ben Zemach (1361–1444). Der wurde auf Mallorca geboren und musste später nach Nordafrika fliehen. Möglicherweise wurde in der neuen Umgebung die Frage nach aschkenasisch-sefardischen Ehen aufgeworfen, und so fand sie Eingang in Rabbi Schimon ben Zemachs Responsensammlung Taschbatz (2,300).
Der Rabbiner argumentiert, dass die Frau immer den Brauch ihres Mannes annehmen sollte. Warum? Er verweist auf ein Prinzip mit dem Namen »Ischto k’Gufo«, nach dem Ehemann und Ehefrau als eine Einheit zu betrachten sind. Das wiederum leitet er aus dem Talmud (Sanhedrin 26b) und der Tora (3. Buch Mose 18,14) ab.
Sobald also ein Mann und eine Frau heiraten, werden sie zu einer Person – und die folgt dem Brauch der Familie des Mannes. Spätere Responsen, die den neuen Zeiten Rechnung tragen, bauen vollständig auf dieser Argumentation auf und zitieren Rabbiner ben Zemach.