Mit den Jüdischen Kulturwochen beginnt heute in Darmstadt ein vielseitiger Veranstaltungsmarathon, der bis Chanukka andauert.
Die Eröffnungsveranstaltung ist nach Angaben der Gemeinde vollständig ausgebucht. Im Mittelpunkt steht hier der Extremismusforscher Ahmad Mansour. Er hält einen Impulsvortrag und diskutiert anschließend mit dem Journalisten und Buchautor Philipp Peyman Engel, der auch Chefredakteur dieser Zeitung ist. Thema der Diskussion sind das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober 2023 sowie Antisemitismus in muslimischen Gemeinschaften.
»Mitte des Lebens«
Daniel Neumann, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, erklärte im Vorfeld der Kulturwochen: »Am 7. Oktober 2023 endete eine Ruhe, die nie ganz ruhig war. Und es wurde für uns Juden zunehmend unruhiger. Ungemütlicher. Unsicherer. Wieder einmal. Oder schon wieder. Die Antwort darauf kann aber nicht der Rückzug sein. Jedenfalls noch nicht.«
Die Antwort sei die Flucht nach vorne, so Neumann. »Mitten hinein in die Mitte der Gesellschaft. In die Mitte der Kulturen. In die Mitte der Kultur. In die Mitte des Lebens.«
Für den Oberbürgermeister von Darmstadt, Hanno Benz (SPD), sind die Jüdischen Kulturwochen »nicht nur eine Feier der jüdischen Kultur, sondern auch ein Bekenntnis zur gemeinsamen Geschichte: jüdisches Leben, jüdische Religion und jüdische Kultur prägen unser Land und das seit Jahrtausenden.«
»Starkes Zeichen«
»Die Jüdische Kultur, die hier im Mittelpunkt steht, ist ein integraler Bestandteil der gemeinsamen deutsch-jüdischen Identität«, so der Oberbürgermeister. »Jüdinnen und Juden haben Literatur, Kunst, Musik und Wissenschaft in Deutschland auf der einen Seite maßgeblich beeinflusst und bereichert, waren aber doch immer auch Vorurteilen ausgesetzt und mit Ausgrenzung und Repressionen konfrontiert.«
Nach den Massakern der Hamas vom 7. Oktober 2023 nehmen Hanno Benz zufolge antisemitische Vorurteile und Diskriminierungen auch in Deutschland immer stärker zu. »Umso wichtiger, dass wir gemeinsam ein starkes Zeichen setzen im Alltag aber auch mit Veranstaltungen wie den Jüdischen Kulturwochen«, sagt Benz.
Das Programm ist divers: Geboten werden in den nächsten drei Monaten jüdische Standup-Comedy mit dem Puppentheater Bubales und »Shalom und Swing«. »Berührende jiddische Lieder, virtuose Klezmer-Melodien und israelische Klassiker« werden in diesem Setting angekündigt.
Hip-Hop und Brahms
Auch gibt es einen interaktiven Hip-Hop- und Graffiti-Workshop mit dem ukrainischen Street-Art-Künstler Slavik, ein Weintasting, Challah-Backen mit Rebbetzin Rivkah Gurevitch, ein Konzert des Nodelman-Quartetts unter dem Titel »Zwischen Brahms und Klezmer« sowie einen Tag der offenen Tür in der Synagoge.
Kurz vor Chanukka stehen weitere Highlights in der Programmbroschüre. Dazu gehört eine Vorstellung des Shani Oshri Trios. Die Mizrahi-Opernsängerin kehrt darin zu ihren jüdischen Wurzeln zurück. Diese musikalische Reise geht von deutschen Opern- und Liedwerken über barocke Meisterwerke bis hin zu ladinischen Psalmen und jemenitischen Frauenliedern.
Der Gemeindevorsitzende Neumann selbst hält im Dezember einen Vortrag mit dem Titel »Judentum für Anfänger«, der gerade auch Nicht-Juden ansprechen dürfte: Was ist koscher? Warum tragen manche Männer Kippa? Und warum feiern Juden so viele Feste? Antworten gibt es an diesem Abend.
Das gesamte Programm der Jüdischen Kulturwochen Darmstadt ist hier einsehbar.