Blasphemiker

Wenn Mohammed Moses wäre

von Michael Wuliger

Botschaften brennen; Europäer werden mit dem Tod bedroht; islamische Regierungen drohen mit diplomatischen Konsequenzen; Iran diskutiert einen Wirtschaftsboykott; der UNO-Generalsekretär schaltet sich ein. Und das alles wegen zwölf Zeichnungen, die im September 2005 in der dänischen Provinzzeitung Jyllands-Posten erschienen waren. Das Blatt hatte zwölf heimische Karikaturisten beauftragt, etwas zum Thema Mohammed zu zeichnen. Heraus kamen teils witzige, teils platte Cartoons: Mohammed mit einer Bombe im Turban zum Beispiel. Jetzt, viereinhalb Monate später bricht der organisierte Volkszorn der muslimischen Massen los. Beleidigung des Islam lautet die Anklage. Das muß man ernst nehmen, todernst: Den niederländischen Filmemmacher Theo van Gogh, um nur das bekannteste, aber nicht das einzige Beispiel zu nennen, hat dieser Vorwurf vergangenes Jahr das Leben gekostet. Er wurde auf offener Straße von einem fanatischen Moslem regelrecht abgeschlachtet.
So etwas wirkt. Schon äußern Politiker, Publizisten und Geistliche – darunter Rabbiner – Verständnis für die empörten Muslime. Auch Angehörige anderer Religionen, wird gesagt, reagierten empfindlich, wenn ihr Glaube verhöhnt werde. Was würden Juden wohl sagen, wenn ihre Propheten als Witzfiguren dargestellt würden?
Die Frage läßt sich beantworten. In dieser Zeitung erschien im August 1998 ein Cartoon, auf dem ein verwirrter Moses am Sinai Gott ungläubig fragt: »Wo sollen wir unseren Söhnen ein Stück abschneiden?« Strenggenommen eine Verulkung nicht nur einer der wichtigsten Figuren des Judentums, sondern auch eines seiner zentralen Gebote. Trotzdem hat niemand uns mit Boykott oder dem Tod bedroht; es gab nicht einmal Beschwerden.
Das soll nicht heißen, daß Juden von Natur aus Bannerträger der Toleranz wären. Der aufklärerische Philosoph Spinoza wurde von seinen Amsterdamer Glaubensbrüdern geächtet. Und heute noch empfiehlt es sich für Frauen nicht, »unzüchtig« gekleidet durch Mea Shearim zu gehen, das ultraorthodoxe Wohnviertel von Jerusalem. Aber selbst die verbohrtesten Haredim bringen keine militanten Laizisten um, auch wenn das Dritte Buch Moses, Kapitel 24,16 fordert: »Wer den Namen des Ewigen lästert, soll getötet werden. Steinigen soll ihn die ganze Gemeinde.«
In den vierziger Jahren pflegten in der New Yorker Lower East Side linke jüdische Jugendgruppen sich an Jom Kippur schinkenbrötchenessend vor orthodoxen Synagogen zu versammeln. Die Beter reagierten darauf weder mit Gewalt noch bösen Worten. Würdevoll nahmen sie die pubertären Provokateure einfach nicht zur Kenntnis. Das ist wahre Glaubensstärke.

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