Gebot

Wenn im Zelt das Licht angeht

von Alfred Bodenheimer

Am Beginn der Sidra steht der göttliche Befehl, ein »immerwährendes Licht« im Heiligtum zu installieren. Das betrifft, wie vielleicht Nachmanides (Rabbiner Moses ben Nachman, Ramban, 1195-1270) am klarsten nachweist, alle sieben Lichter der Menora. Und der Begriff »immerwährend« (hebr.: tamid) bedeutet nicht ›ohne Ende’, sondern ›regelmäßig wiederkehrend’,
nämlich jeweils »vom Abend bis zum Morgen« (2. Buch Moses 27,21). Von diesen Lichtern brannte nur eines, »das westliche«, durchgehend, und von ihm wurden die restlichen abends entzündet. Dies wird auf die zweite Erwähnung des »immer- währenden Lichts« im 3. Buch Moses am Anfang des 24. Kapitels zurückgeführt.
Erscheint dieses zweimalige Erwähnen des »immerwährenden Lichts« an zwei ganz unterschiedlichen Stellen disparat genug, so stellt sich die Frage, weshalb überhaupt das Anzünden der Menora hier schon im 2. Buch erwähnt wird. Gehört es denn, mit Bezug auf die Aufgaben der Ko-
hanim, nicht eigentlich zum Anfang der Sidra »Behaalotcha« am Anfang des 8. Ka-
pitels des 4. Buches, wo auch ausdrücklich das Anzünden der »sieben Lichter« befohlen wird? (Nachmanides meint dazu in einer hochinteressanten Erklärung, hier sei bereits das Verdienst des priesterlichen Hasmonäergeschlechts vorausgesagt.)
Diese Frage hat sich auch einer der mit-
telalterlichen Torakommentatoren, Chis-
kuni, gestellt – und er kommt zu einer Antwort. Und die demonstriert, vielleicht gerade weil sie bei genauerem Hinsehen so nahe liegend erscheint, die Dynamik und Schönheit rabbinischer Toralektüre: »Nachdem Er ans Ende Seiner Anordnung der Verrichtungen des Heiligtums gekommen war, erklärte Er ihm (Moses), wie man Ihm das Licht bereite (hebr.: itkenu). Und das Entsprechende finden wir in der Schöpfungsgeschichte: Nachdem alle Dinge der Erde geschaffen waren, richtete Er ihr das Licht ein (hebr.: tikken).« Chiskuni bezieht sich hier auf den vierten Tag der Weltschöpfung, an dem (nach der Erschaffung des Lichts im Allgemeinen, der Trennung von »unterem« und »oberem« Wasser, der Herausbildung von Land und Wasser sowie der Schaffung einer Vegetation) ein großes und ein kleines Himmelslicht geschaffen werden. Dass der Bau des Heiligtums in der rabbinischen Exegese generell als Analogie der Weltschöpfung verstanden wird, ist bekannt. Besonders instruktiv ist es aber, auf die hebräische Bezeichnung der Lichtkörper beziehungsweise des Lichts zu achten, die bei der Weltschöpfung und in der Sidra Tezawe identisch ist: »Maor«.
Damit aber wird das Heiligtum mit seinem bei Nacht verstärkten künstlichen Licht nicht lediglich zu einer Analogie der Weltschöpfung, sondern zu dessen regelrechtem Gegenstück. Das abendliche An-
zünden der sieben Lichter der Menora (gegenüber dem einen bei Tag) wird, weit über die simple Bedeutung des Lichtspendens hinaus, zum (gottbefohlenen) menschlichen Akt einer Gegenleistung, des Erhellens der (von Gott nur mit kleinem Licht ausgestatteten) Nacht. Chiskunis Verwendung des hebräischen Verbs »takken« (ei-
gentlich: reparieren, verbessern) wird hier noch klarer nachvollziehbar: Das Heiligtum ist die Nachbildung der Weltschöpfung und zugleich deren »tikkun olam« (Weltkomplettierung), die dem Menschen gegenüber den noch zu vervollständigenden Elementen der göttlichen Weltschöpfung aufgetragen ist.
Am Beispiel des starken Nachtlichts im Heiligtum verstehen wir, und zwar erst beim Textvergleich mit dem ersten Kapitel der Tora, dass die Beziehung zwischen Mensch und Gott im Judentum als eine dialogische, komplettierende dargestellt wird.
Das Erkennen der Tatsache, dass dem vollumfänglichen Akzeptieren der göttlichen Souveränität in sich schon diese dauernde, durchaus auch auf Korrektur des göttlichen Handelns ausgerichtete Komponente innewohnt, ist eine Eigenheit des jüdischen religiösen Denkens ge-
worden. Sie wird, wie bei Chiskuni, getragen von einer hermeneutischen Dynamik, die von der unkorrumpierbaren Integrität des Textes ausgeht.

Tezawe: 2. Buch Moses 27,20 bis 30,10

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Genf

Türk verurteilt US-Sanktionen gegen Albanese

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von »Angriffen« und »Drohungen« gegen die umstrittene Italienerin

 10.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025

Wien

Vor Treffen mit Sa’ar: Wadephul ermahnt Israel

Der Bundesaußenminister will sich weiter für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln einsetzen, verlangt aber bessere humanitäre Hilfe in Gaza

 10.07.2025

Gaza

Das Dilemma des Deals

Premier Benjamin Netanjahu hat das Weiße Haus ohne ein Freilassungsabkommen für die israelischen Geiseln verlassen. Die Verhandlungen gehen weiter

von Sabine Brandes  09.07.2025

Berlin

Bundestagspräsidentin will Angehörige israelischer Geiseln treffen

In dieser Woche sind Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln in Berlin. Am Dienstag kommt Bundestagspräsidentin Klöckner mit ihnen zusammen. Sie formuliert im Vorfeld klare Erwartungen

 07.07.2025

Magdeburg

Batiashvili und Levit mit Kaiser-Otto-Preis ausgezeichnet

Der Kaiser-Otto-Preis ist die höchste Auszeichnung der Stadt Magdeburg. Er wurde im Jahr 2005 anlässlich des 1.200-jährigen Stadtjubiläums zum ersten Mal verliehen. In diesem Jahr ging er an zwei Künstler, die sich gesellschaftlich engagieren

von Oliver Gierens  03.07.2025

Israel

Gideon Saar: Mehrheit der Regierung will Gaza-Deal

Israels rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich möchten einen neuen Gaza-Deal verhindern. Laut Außenminister Saar sind die meisten Regierungsmitglieder aber anderer Ansicht

 02.07.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025