Franz Kafka

»Weder Porno noch Sammlung«

Herr Stach, Sie sind der Verfasser einer bei S. Fischer erschienenen zweibändigen Kafkabiografie. Jetzt will der britische Autor James Hawes die Pornosammlung des Prager Schriftstellers entdeckt haben. Was hat es damit auf sich?
stach: Es handelt sich nicht um eine Sammlung, sondern um einige Exemplare von Zeitschriften. Die eine hieß »Opale«, die andere »Der Amethyst«, beide herausgegeben von Franz Blei, einem Bekannten Kafkas und Max Brods. Der Inhalt waren erotische Texte etwa von Arthur Rimbaud, Paul Verlaine und Oscar Wilde, und Grafiken von Aubrey Beardsley, Félicien Rops und Alfred Kubin.

Also eher Erotika statt Pornografie?
stach: Es waren künstlerische Grafiken oder Karikaturen, viele mit sexuellem Bezug. Man sieht zum Beispiel eine gezeichnete Erektion, übertrieben groß. Aber gemessen an heutigen Standards ist das keine Pornografie: Es ist nichts dabei, das ausschließlich der sexuellen Erregung dient. Wer sich aus diesem Grund das Buch von Herrn Hawes kaufen sollte, würde sehr enttäuscht sein.

Ist die Geschichte wenigstens so neu, wie sie dargestellt wurde?
stach: Sie ist 50 Jahre alt. Klaus Wagenbach hat in seiner Jugendbiografie Kafkas als Erster darüber geschrieben. Und Max Brod erwähnt in seinen Erinnerungen, dass er und Kafka diese Zeitschriften besaßen.

Dass Kafka ein Mensch mit sexuellen Bedürfnissen war, ist auch nicht neu.
stach: Dass Kafka eine Art körperloses Wesen war, hat man sich vielleicht in den 30er- und 40er-Jahren vorgestellt, als man noch nicht viel über ihn wusste und zudem die religiöse Deutung seines Werks im Schwange war. Aber spätestens in den 50er- und 60er- Jahren wurde dieses Bild bereits revidiert. Dass der junge Kafka auch Nachtlokale und Bordelle aufsuchte, ist schon seit Jahrzehnten bekannt.

Warum dann die ganze Aufregung?
stach: Das Ganze ist eine so uralte Geschichte, dass ich es mir nur als MarketingMaßnahme von Hawes und seinem Verlag erklären kann. Vielleicht wegen des Sommerlochs sind leider viele Medien darauf angesprungen und haben den Begriff »Pornosammlung« wiederholt, der »Spiegel« vor allem. Doch es ist weder Porno, noch eine Sammlung. Es tut mir leid, aber ich kann es nicht anders sagen: Es ist Nonsens!

Das Gespräch führte Michael Wuliger.

Terror

Polizei: 9 Tote bei Angriff in Sydney

Was bislang bekannt ist - und was nicht

 14.12.2025

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025